Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
ziemlich interessant, aber wenn man so viel unterwegs ist, kann man die Städte kaum noch auseinanderhalten. Wenn ich andere Jugendliche treffe, sagen die immer: »Mensch, hast du ein Glück.« Aber Dad und ich verbringen unsere Zeit ja nicht mit Stadtrundfahrten und wir haben auch nicht genug Geld, um stilvoll zu reisen. Wir waren schon an ein paar ziemlich ungemütlichen Orten und wir bleiben selten länger als ein paar Tage. Die meiste Zeit kommen wir uns eher wie Flüchtlinge vor, nicht wie Touristen.
Man sollte ja denken, die Arbeit meines Vaters wäre nicht gefährlich. Er hält Vorträge über Themen wie »Ist ägyptische Magie wirklich tödlich?« und »Bestrafung in der ägyptischen Unterwelt« und anderen Kram, für den sich kaum jemand interessiert. Aber wie ich schon sagte: Er hat auch noch diese andere Seite. Er ist ständig auf der Hut und durchsucht jedes Hotelzimmer, bevor er mich hineinlässt. Er stürzt in ein Museum, um sich irgendwelche alten Artefakte anzusehen und ein paar Notizen zu machen, dann rennt er wieder hinaus, als könnte er so den Überwachungskameras entgehen.
Einmal, als ich noch kleiner war und wir durch den Flughafen Charles de Gaulle rannten, um auf den letzten Drücker noch einen Flug zu erwischen, und Dad sich erst entspannte, als der Flieger abhob, habe ich ihn einfach unumwunden gefragt, wovor er davonlief, und er starrte mich an, als hätte ich den Stift aus einer Handgranate rausgezogen. Einen Moment lang befürchtete ich, er würde mir tatsächlich die Wahrheit sagen. Doch dann antwortete er: »Carter, es ist nichts.« Als wäre »nichts« das Schrecklichste auf der Welt.
Danach beschloss ich, dass es vielleicht besser war, keine Fragen zu stellen.
Meine Großeltern, die Fausts, wohnen in einer Siedlung in der Nähe von Canary Wharf, direkt am Ufer der Themse. Das Taxi hielt an und mein Vater bat den Fahrer zu warten.
Auf halbem Weg zum Haus blieb Dad plötzlich wie angewurzelt stehen. Er warf einen Blick zurück.
»Was ist?«, fragte ich.
Dann sah ich den Mann im Trenchcoat. Er stand auf der gegenüberliegenden Straßenseite und lehnte an einem großen dürren Baum. Er war klein und korpulent, seine Haut hatte die Farbe von geröstetem Kaffee. Sein Mantel und der schwarze Nadelstreifenanzug sahen teuer aus. Seine langen Haare waren zu Zöpfchen geflochten und den schwarzen Filzhut hatte er bis zum Rand seiner dunklen, runden Brille ins Gesicht gezogen. Er erinnerte mich an einen der Jazzmusiker, in deren Konzerte mich Dad immer schleppte. Obwohl ich seine Augen nicht erkennen konnte, hatte ich das Gefühl, dass er uns beobachtete. Vielleicht war er ein alter Freund oder Kollege von Dad. Ganz egal, wo wir waren, Dad traf ständig Leute, die er kannte. Aber irgendwie war es komisch, dass der Typ hier vor dem Haus meiner Großeltern wartete. Und er wirkte nicht gerade gut gelaunt.
»Carter«, sagte mein Dad, »geh schon mal rein.«
»Aber –«
»Hol deine Schwester. Wir treffen uns am Taxi.«
Er ging über die Straße zu dem Mann im Trenchcoat, was mir zwei Wahlmöglichkeiten ließ: ihm zu folgen und zu schauen, was passierte, oder zu tun, was man mir aufgetragen hatte.
Ich entschied mich für die etwas ungefährlichere Alternative. Ich ging meine Schwester holen.
Bevor ich auch nur klopfen konnte, öffnete Sadie die Tür.
»Wie immer zu spät«, stellte sie fest.
Auf dem Arm hielt sie ihre Katze Muffin, die Dad ihr vor sechs Jahren als »Abschiedsgeschenk« überreicht hatte. Muffin schien weder älter noch größer zu werden. Sie hatte wuscheliges gelb-schwarzes Fell wie ein Zwergleopard, wachsame gelbe Augen und spitze Ohren, die zu groß für ihren Kopf waren. Um ihren Hals hing ein silberner ägyptischer Anhänger. Sie sah absolut nicht wie ein Muffin aus, wahrscheinlich muss man Sadie zugutehalten, dass sie noch klein war, als sie ihr den Namen gab.
Auch Sadie hatte sich seit letztem Sommer nicht großartig verändert.
[Während ich das aufnehme, steht sie neben mir und wirft mir dauernd böse Blicke zu, ich bin wohl besser vorsichtig mit dem, was ich sage.]
Kein Mensch würde sie für meine Schwester halten. Erstens lebt sie schon so lange in England, dass sie einen britischen Akzent hat. Zweitens schlägt Sadie nach unserer Mutter, die weiß war, deshalb ist ihre Haut viel heller als meine. Sie hat glattes karamellfarbenes Haar, nicht richtig blond, aber auch nicht braun, meistens färbt sie ein paar Strähnchen leuchtend bunt. An diesem Tag waren
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