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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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fragen können, ob ich eines der Bilder haben möchte – auch wenn ich während unseres letzten Telefonats einfach aufgelegt habe. Sofort fühle ich, wie mir das Blut in den Kopf schießt. Ich bin wütend, auf ihn, auf mich, auf gestern Abend und die verschissene Filmfirma. Aber das Leben ist kein Ponyhof, und ich kann eh nicht reiten. Nun werde ich mir einen Job suchen und meinem Vater brav sein Geld zurückzahlen. Mit der Schauspielerei hat es nicht geklappt, der Traum ist geplatzt. Es ist mir egal, was ich jetzt mache – und wenn ich den ganzen Tag Kräuter für Grüne Soße in einem Frankfurter Traditionslokal häckseln muss.
    Mein Vater steht in einer nun offenen amerikanischen Küche am Mixer, der rasselnd einen roten Brei umherwirbelt. Er trägt eine dunkelblaue Jogginghose, darüber das Fredman-Shirt. Es ist voller roter Fruchtsaftspritzer.
    »Ich hatte keine Schürze«, sagt er. »Lust auf einen Smoothie?«
    Ich fahre mir durch die Haare. »Lieber Kaffee.«
    »Gibt es bei mir nicht. Ist schlecht für die Haut. Koffein, Tabak und Alkohol habe ich von meinem Ernährungsplan gestrichen. Macht dich doch alles nur überdreht, alt und kaputt. Gesundheit ist unser wertvollstes Kapital.«
    Ich würde meine Gesundheit sofort gegen 250 000 Euro eintauschen.
    Er schwenkt den Mixer, gießt den zähflüssigen Inhalt in zwei große Becher und stellt einen direkt neben meinen Teller. Auf dem Tisch stehen duftende Brötchen, Eier und Marmelade. »Selbstgemacht«, betont er und zeigt auf die Gläser. »Auf einem Führungskräfteseminar zum Thema Soft Skills.« Er nimmt seinen Smoothie, setzt sich mir gegenüber und sieht mir eine Weile beim Essen zu. Ich kriege kaum einen Bissen hinunter. Nach einem Brötchen und einem Ei lege ich meine Serviette neben den Teller und starre feindselig das Smoothie-Glas an.
    »Schönes T-Shirt«, flüstere ich.
    »Na ja«, entgegnet mein Vater. »Soweit ich weiß, ist Fredman abgestürzt, oder?«
    Mein voller Magen zieht sich zusammen. Ich schlucke, obwohl ich nichts mehr im Mund habe.
    »Das Kinderzimmer sieht besser aus als vorher«, stelle ich fest.
    Mein Vater nickt und nimmt einen Schluck Smoothie. Ich atme tief ein und aus. Sicherheitshalber lege ich mir noch ein Brötchen auf den Teller. Wahrscheinlich schmeißt er mich gleich raus. Wer weiß, wann ich das nächste Mal etwas zu essen kriege.
    »Der Techniker hat die Uhr geklaut, die du mir geschenkt hast«, sagt er.
    Ich muss mich zusammenreißen. »Der Techniker?«, frage ich.
    Mein Vater zuckt mit den Achseln. »Er stand am nächsten am Geschenketisch. Und er braucht dringend Geld. Außerdem hat er sich geweigert, die Uhr wieder herauszurücken. Ich habe ihn rausgeschmissen.«
    »Und wenn er es gar nicht war?«
    »Spielt keine Rolle. Wir haben sowieso nur einen Grund gebraucht, ihm zu kündigen. Er fiel ständig aus, weil seine Tochter krank war. Nicht sehr professionell. Der ganze Technikaspekt im BBBC soll ohnehin outgesourced werden. Als ich zur Toilette ging, hat er mich abgepasst und gefragt, ob er in der Agentur arbeiten kann. Das muss man sich mal vorstellen!«
    »Ich habe die Uhr geklaut«, höre ich mich sagen.
    Mein Vater winkt ab. »Jetzt tu nicht immer so sozial. Der Typ ist draußen, und daran wirst du nichts ändern. Problem solved, next one please!«
    Er deutet auf mich. »Wann bekomme ich mein Geld wieder?«
    »Welches Geld?«, frage ich arglos.
    »Tu nicht so. Tell it like it is.«
    »Das ist ein Song von Don Johnson. Ziemliche Schnulze.«
    Aber es bringt ja nichts, das Ende hinauszuzögern. Mit gesenktem Kopf erzähle ich von der zu optimistischen Kalkulation des Budgets, von meiner Hauptdarstellerin, die fett wurde, obwohl das nicht im Drehbuch stand, dem Regisseur, der nicht mit seinem Kameramann reden wollte, von dem bekifften Drehbuchautor, der plötzlich noch dringend den Verlust all seiner Tanten dritten Grades in dem Buch verarbeiten musste, und dem Co-Produzenten, der im Herzen immer ein Autoverkäufer geblieben ist. Zuletzt beichte ich stockend, dass ich selbst den Absprung bei diesem Kamikaze-Projekt verpasst habe, weil ich so vernarrt in meine Superheldenidee war, dass ich die Finanzierung aus den Augen verloren habe. »Ich bin nicht mehr jung, aber ich brauche das Geld«, versuche ich es. »Eine Viertelmillion Euro.«
    »War das alles?«, fragt mein Vater.
    »Ich wollte dich fragen, ob du mir was leihen kannst.«
    Jetzt ist es raus. Er starrt mich feindselig an. Ich wage es nicht, ihm in die

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