Hendrikje, vorübergehend erschossen
Ehemann
Über alle Maßen entsetzt und über alle erdenklichen Maßen beschämt lässt Hendrikje mit offenem Mund die Zeitung sinken. Endlich,
endlich merkt sie, wen sie geheiratet hat.
»Eins noch«, sagt Bruno zu seiner Ehefrau, »das Geld, das der Vatikan Michelangelo für die Sixtinische Kapelle versprochen
hatte, hat er nie gekriegt.«
Und er lugt mit seiner Lesebrille über seinen Zeitungsrand und lacht Hendrikje stolz und verwegen an.
|219| Nachwort
Hier irrt Bruno! Michelangelo hat das Geld, das ihm der damalige Papst Julius II. versprochen hatte, sehr wohl gekriegt, aber
eben nicht so ohne weiteres. Er bekam 3000 Dukaten, von denen er circa 2000 für Gehilfen und Material ausgegeben hat. Und
er bekam sie in ewig kleinen Raten und musste ziemlich hinter seinem Geld herrennen. Zwischendurch hat Julius’ Kriege geführt,
weswegen er seine Künstler nicht bezahlen konnte, und Michelangelo saß in Rom und musste die Arbeit ruhen lassen, einmal ein
ganzes Jahr lang. Weil alle bei der Enthüllung der Sixtina dann aber doch maßgeblich begeistert waren, kriegte er sogar noch
mal eine Prämie von 2000 Dukaten, die sich dann aber als Vorschuss für Julius’ Grabmal entpuppten, zu dem Michelangelo ja
den Marmor bezahlen musste. Und immer so weiter.
So hatte Michelangelo immer reichlich guten Grund sich zu beklagen, aber: Seine Fresken sind richtig schön geworden, und man
kann immer noch nach Rom fahren und sie angucken.
Vielleicht ist das mehr, als er je ahnte.
Quelle: Ross King,
Michelangelo und die Fresken des Papstes
, München 2002
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