Herbst - Läuterung
werden mussten, mitzuwirken. Anstatt die Arbeit zu umgehen, wie es gewiss ein paar vor der Katastrophe getan haben mochten, taten nahezu alle Überlebenden aus freien Stücken so viel, wie sie konnten. Es war fraglich, wie viel davon tatsächlich aus dem Grund, den anderen zu helfen, ausgeführt wurde. Die meisten strebten nach der Verantwortung, und das half ihnen, die Eintönigkeit und Langeweile jedes langen, dunklen Tages zu vermindern. Wie jeder von ihnen bei unzähligen Gelegenheiten bereits zu seinem Leidwesen herausgefunden hatte, führte untätiges Dasitzen und gegen die Wand des Bunkers zu starren unweigerlich dazu, ständig an alles Verlorene zu denken.
Emma und Michael holten ihre Mahlzeit von Sheri Newton, einer ruhigen und zierlichen Frau mittleren Alters, die ständig Mahlzeiten auszuteilen schien, und setzten sich zum Essen hin. Die Gesichter der Menschen rings um sie herum waren beruhigend vertraut. Donna Yorke befand sich an einem nahen Tisch und sprach mit Clare Smith, Jack Baxter und Phil Croft.
Als das Paar zu essen begann, blickte Phil Croft auf, sah sich um und nickte ihnen zu.
»Morgen«, sagte Michael, als er am ersten Bissen der trockenen und geschmacklosen Essensration kaute. »Wie geht es Ihnen heute, Phil?«
»Gut.« Croft keuchte, nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und hustete.
»Sie sollten daran denken, mit diesen Dingern aufzuhören«, brummte Michael sarkastisch, »würde Ihrer Gesundheit nicht schaden. Die sind noch mal Ihr Tod!«
Phil verzog hustend das Gesicht und brachte dann ein flüchtiges Lächeln zustande. Es war ein Zeichen für die ausweglose Hoffnungslosigkeit ihrer Lage, dass sie über den Tod lachen konnten. Als einziger Arzt der Gruppe hatte er bei einem heftigen Unfall schwerwiegende Verletzungen davongetragen, als sie sich dem Militärstützpunkt genähert hatten. Die dunklen, feuchten Bedingungen unter der Erde waren nicht ideal und seiner Erholung in keiner Weise förderlich. Die einzigen sichtbar zurückgebliebenen Zeichen der Verletzungen waren eine Narbe über seinem Brustkorb und ein starkes Hinken. Soweit es den Rest der Gruppe betraf, wirkte er mit jedem Tag kräftiger und gesünder. Als erfahrener Mediziner wusste er allerdings, dass sein Körper großen Schaden erlitten hatte und nie wieder vollständig intakt sein würde. Mit seinen Beschwerden und den Schmerzen, die sich Tag für Tag verstärkten, sowie dem Militär auf der einen und einem riesigen Haufen verfaulender Leichen auf der anderen Seite, stellten für ihn die schädlichen Auswirkungen des Rauchens die kleinsten Sorgen dar.
Cooper marschierte ärgerlich in den Raum, brachte durch sein plötzliches stürmisches Erscheinen jede Unterhaltung zum Schweigen und alle dazu, sich nach ihm umzusehen. Er holte sich etwas zu trinken, zerrte einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte sich neben Jack Baxter.
»Was zum Teufel ist los mit Ihnen?«, fragte Jack Baxter.
»Dieser verdammte Laden ist voll von Idioten«, schnappte der ehemalige Soldat. Seit er zur Basis zurückgekehrt war, hatte er sich kontinuierlich von seinen Kollegen beim Militär distanziert, bis er nun fast nichts mehr mit ihnen zu tun hatte. Aus möglicherweise symbolischen Gründen trug er noch die untere Hälfte seiner Uniform und behielt Stiefel und Hose nur an, weil sie die praktischsten Kleidungsstücke waren, die er besaß – eigentlich die einzige Garderobe, die er noch hatte.
»Also, worüber redet er jetzt?«, unterbrach der Arzt. »Über wen labern Sie da?«
Cooper nahm einen Schluck Kaffee, bevor er antwortete: »Hier haben verdammte Scherzbolde das Sagen.«
»Was haben sie getan?«
»Nichts, und genau das ist das Problem.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Donna besorgt. Sie kannte Cooper gut genug, um zu wissen, dass es einen Grund für seinen überraschenden Ausbruch geben musste. Er war üblicherweise ruhiger und hatte sich besser unter Kontrolle.
»Die Truppen weigern sich, mir noch irgendwas mitzuteilen«, erklärte er. »Meiner Einschätzung nach hat man ihnen das befohlen. Ich kann ihre Denkweise einfach nicht verstehen. Was versprechen sie sich davon, uns im Ungewissen zu lassen? Wir haben viel mehr als sie von dem gesehen, was da draußen geschehen ist. Man sollte doch meinen, sie würden versuchen, uns auf ihrer Seite zu behalten, oder?«
»Klingt typisch für das, was ich bisher vom Militär mitbekommen habe«, meinte Baxter leise. »Ist das alles, was Sie ärgert?«
Cooper schüttelte den
Weitere Kostenlose Bücher