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Herbstbringer (German Edition)

Herbstbringer (German Edition)

Titel: Herbstbringer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Björn Springorum
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eine Idee. Nein, an diesem weinerlichen Menschen würde er sich nicht die Finger schmutzig machen. Zumal ihn diesmal nicht der magische Ruf des Blutes lockte.
    Er wischte mit einem Finger über seine noch immer blutigen Zähne und strich anschließend über das Treppengeländer, das zur Aussichtsplattform führte. Dann ließ er den zitternden Fremden mit zusammengekniffenen Augen am Boden liegen und verschwand durch eine verborgene Seitentür ins Untergeschoss des Denkmals.
    Noch während er die Tür hinter sich schloss, hörte er ein kratzendes Geräusch aus einem der oberen Stockwerke. Seine Mundwinkel zuckten nach oben: Es war der Klang von krallenbewehrten Füßen, die über Steintreppen strichen.
    »Sie muss sehr hungrig sein«, murmelte er versonnen und stieg eine lange Wendeltreppe in die Dunkelheit hinab. »Es ist lange her …«

    Schon am Samstagmorgen wusste Emily, dass sie es in diesem Haus nicht allein mit Sophie aushalten würde. Wenn Sophie ihr Zimmer mal verließ, begegnete sie ihrer verzweifelten Schwester mit offener Feindseligkeit. Jedes Mal, wenn Emily versuchte, Gründe für dieses Verhalten zu erfahren, wurde sie angegiftet.
    »Das weißt du wohl besser als ich, oder?«, zischte Sophie als Antwort auf Emilys immer gleiche Frage. Ihre Hoffnung, dass sich diese rätselhafte Ablehnung über Nacht gelegt hatte, musste sie noch vor dem Frühstück begraben.
    »Sophie, ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst!« Ihr Tonfall hatte etwas Flehendes, was ihr überhaupt nicht gefiel. Sie hatte noch nie gefleht.
    »Ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst«, äffte Sophie sie nach. »Habt ihr Anne das auch erzählt? Tja, Pech gehabt! Genieß dein letztes Wochenende in diesem Haus!«
    Wie vom Donner gerührt blieb Emily allein in der Küche zurück. Zu gerne hätte sie Jake angerufen, seine Stimme gehört und sich von ihm trösten lassen. Doch sie wusste, dass man Telefongespräche von jedem Apparat im Haus mithören konnte, und war nicht gerade wild darauf, Sophie in der Leitung zu haben.
    Noch weniger Interesse hatte sie an einem weiteren Tag allein mit ihrer Schwester, weshalb sie nach Stunden des Zweifelns beschloss, zu Jake zu flüchten.
    Es dämmerte bereits, als sie endlich vor seiner Haustür stand. Ihre Hände waren schweißnass.
    Was, wenn sein Großvater da war?
    Ihr Finger verharrte zögernd vor der Klingel.
    Was, wenn sie das ganze Wochenende allein mit Sophie verbringen musste? Der Schock über ihre völlig haltlosen Anschuldigungen saß noch immer tief. Auch jetzt lief ihr eine Träne über die Wange, als sie sich an die verhärteten Züge ihrer Schwester erinnerte.
    Entschlossen drückte sie auf die Klingel.
    Nach kurzer Zeit näherte sich eine Gestalt, die Emily durch das trübe Milchglas nur verschwommen erkennen konnte. Als sie die Tür erreicht hatte, zuckte Emily zurück. Sie schien einen Hut zu tragen! Sie hatte Jake noch nie mit einem Hut gesehen und war kurz davor, abzuhauen, bevor sie dem alten Bibliothekar gegenüberstehen würde.
    Doch es war Jake, der die Tür öffnete. Besser gesagt eine Version von Jake in einem reichlich mitgenommenen dunkelbraunen Stoffmantel und einem mitleiderregend verbeulten Hut, der sich an seine besten Tage vermutlich gar nicht mehr erinnern konnte.
    So niedergeschlagen sie auch war: Dieser Anblick war einfach zu komisch. Für einen Moment vergaß sie ihren Kummer und kicherte.
    Jake verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich lässig gegen den Türrahmen. »Und wieso sollte ich jemanden reinlassen, der sich über mein schickes Outfit totlacht?«, fragte er gespielt eingeschnappt.
    Der Mantel war ihm deutlich zu groß und auf den zweiten Blick wohl ebenso alt wie der armselige Hut, den er sich jetzt tiefer ins Gesicht zog. In diesem breiten Mantel bemerkte Emily das erste Mal, wie schmal Jake in Wirklichkeit war.
    »Vielleicht, damit ich verhindern kann, dass du in diesem albernen Aufzug auf die Straße gehst.« Emily lachte. »Ist dieser Plunder von deinem Opa?«
    »Ich glaube nicht«, entgegnete er, als er sie mit einer überzogen höflichen Geste hereinbat. »Wohl so was wie ein Familienerbstück. Ich probiere gerne diese alten Mäntel und Hüte an, auch wenn ich lieber welche in meiner Größe hätte. Meine Verwandtschaft war größtenteils dicker und größer als ich.«
    Gerne hätte Emily ihm gesagt, dass sie das überhaupt nicht störte, wollte aber nicht schon auf der Türschwelle in eine peinliche Situation geraten. Außerdem war

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