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Herbstvergessene

Titel: Herbstvergessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Entkommen. Sie ragte wie eine Klippe über die Landschaft hinaus, was einerseits ihren besonderen Reiz ausmachte, sie andererseits aber zu einer Falle werden ließ. Ich entschied mich, linksherum in Richtung Einfahrt zu schleichen und mich dann, sobald es möglich war, in die Büsche zu schlagen. Und dann fiel mir die Sache mit dem Gas ein und die Erinnerung daran war wie ein Schlag in die Magengrube. Die Person, die dort herumschlich, war kein gewöhnlicher Einbrecher, nein. Sie war gekommen, um mich zu töten. Und da niemand außer Roman wusste, wo ich war   …
    So behutsam ich konnte, schlich ich über den Kies, der dennoch knirschte, als ich auftrat. Am Rande des Vorplatzes, im Schatten der Büsche und Bäume, blieb ich kurz stehen, spitzte die Ohren und überlegte. Sollte ich mich hier ins Gebüsch und quer durchs Unterholz schlagen? Es würde mir Deckung verschaffen, mich andererseits aber auch langsamer vorankommen lassen. Oder sollte ich lieber ein Stück die Zufahrt entlangrennen, um erst einmal etwas Abstand zwischen mich und das Haus zu bringen? Allerdings setzte bereits die Dämmerung ein und das Rot meines Jogginganzugs wäre weithin sichtbar.
    Ein Geräusch aus dem Haus ließ mich zusammenfahren. Kurzerhand schlüpfte ich ins Gebüsch. Ich würde versuchen, mich parallel zum Fahrweg, aber im Sichtschutz des Waldes in Richtung San Sebastiano zu bewegen. Mit ein wenig Glück würde ich dort ein Haus finden, von dem aus ich telefonierenkonnte. Das Gelände hier war steiler, als ich es in Erinnerung hatte, und zudem dicht bewachsen, ich kam nur langsam voran. Äste peitschten mir ins Gesicht und zerkratzten mir die Stirn, doch ich lief weiter, so schnell ich konnte. Als ich eine Weile gegangen war, näherte ich mich wieder dem Weg, denn sollte nicht bald die Abzweigung nach San Sebastiano kommen? Die durfte ich auf keinen Fall verpassen, die Richtung, in der ich unterwegs war, führte nämlich ins bewaldete Nichts. Ich machte einen Bogen nach links und die Helligkeit hinter den Bäumen zeigte mir, dass ich mich tatsächlich auf den Weg zubewegte. Ich musste näher heran, um zu erkennen, wo die Abzweigung einmündete. Von dort aus wäre es noch ungefähr eine Viertelstunde zu Fuß bis zum ersten Haus von San Sebastiano, wenn ich rannte vielleicht etwas weniger. Ich kletterte den Abhang nach oben und näherte mich dem Straßenrand. Auf einmal sah ich etwas Helles durch die Zweige schimmern. Ein Wagen, dort stand ein Wagen. Hier hatte er also geparkt, deswegen hatte ich auch kein Motorengeräusch vor dem Haus gehört. Am Rand der Büsche machte ich halt und spähte nach rechts und links. Als ich niemanden erblickte, huschte ich über die Schotterstraße und schlüpfte auf der anderen Seite erneut ins Unterholz. Eine Weile lang kauerte ich dort, den Blick auf das Auto geheftet. Als ich sicher war, dass sich dort nichts regte, näherte ich mich zögernd. Ich musste unmittelbar dort vorbei, wenn ich auf den Weg nach San Sebastiano gelangen wollte, denn hier oberhalb war ein Felsvorsprung, den ich unmöglich überwinden konnte. Wieder kämpfte ich gegen Zweige, die mir ins Gesicht schlugen. Ich kniff die Augen zusammen, blinzelte nur leicht, um die Orientierung nicht zu verlieren. Erst als ich ganz nah bei dem Wagen angelangt war, erkannte ich, dass er ein Wiener Kennzeichen hatte.
    Und dann ging alles ganz schnell. Ich schlich an der einen Seite vorbei, und als ich am Heck des Wagens ankam, schoss eine Gestalt hervor und fast zeitgleich spürte ich einen spitzen Schmerz im Hals. Und alles um mich herum wurde schwarz.Schwärze umfing mich auch, als ich erwachte. Doch anders als zuvor war ich jetzt in einem engen Raum. Mein Kopf tat weh, mein ganzer Körper schmerzte und es dauerte eine Weile, bis ich verstand, dass etwas mit mir geschehen war. Wie damals mit zwölf nach der Blinddarmoperation fand ich schlecht in die Welt zurück, nur dass die Welt damals in ein gleißendes Licht getaucht gewesen war, während es in meiner Welt überhaupt kein Licht gab. Und dann merkte ich, dass ich gefesselt war und deshalb schlecht Luft bekam, weil etwas auf meinem Mund klebte. Ich blinzelte, ich versuchte, mich zu bewegen, doch die Fesseln waren straff, Hände und Füße mussten miteinander verknotet sein. Der Kopf dröhnte mir wie nach einer durchzechten Nacht, ich konnte kaum klar denken und mein Verstand kämpfte gegen den Drang an, einfach wieder die Augen zu schließen und einzudösen. Ich durfte nicht schlafen. Ich

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