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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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und eine könnte einen Teil zu ihm abgeleitet haben, wenn sie glaubten, er wollte ihr vielleicht Schaden zufügen. Sie wollte nicht riskieren, daß er verletzt würde.
    Die Stränge hielten ihn auf den Knien fest, aber er schien sie nicht zu beachten. »Ihr wollt wissen, was ich von al'Thors Straferlaß halte? Ich wünschte, ich wäre jetzt bei ihm! Verdammt seid Ihr alle! Ich habe alles getan, was Ihr verlangt habt! Das Licht verbrenne Euch alle!«
    »Beruhigt Euch, Meister Logain.« Egwene war überrascht, daß ihre Stimme so ruhig klang. Ihr Herz raste, wenn auch sicherlich nicht aus Angst vor ihm. »Ich schwöre Euch, ich werde Euch niemals Schaden zufügen oder zulassen, daß Euch von irgend jemandem aus meinem Gefolge ein Leid geschieht, wenn ich es verhindern kann, es sei denn, Ihr wendet Euch gegen uns.« Der Zorn war aus seinem Gesicht gewichen und wurde durch Ausdruckslosigkeit ersetzt. Hörte er noch zu? »Aber der Saal wird seinen Beschlüssen folgen. Habt Ihr Euch jetzt wieder beruhigt?« Er nickte erschöpft, und sie ließ die Stränge fahren. Er sank wieder zu Boden, ohne sie anzusehen. »Ich werde erneut mit Euch über den Straferlaß sprechen, wenn Ihr wieder gefaßter seid. Vielleicht in ein oder zwei Tagen.« Er nickte noch einmal kurz, sah sie aber noch immer nicht an.
    Als sie in die Abenddämmerung hinaustrat, verbeugten sich die beiden Behüter, die draußen wachten, vor ihr. Zumindest kümmerte es die Gaidin nicht, daß sie erst achtzehn Jahre alt und als Aufgenommene nur dadurch eine Aes Sedai geworden war, daß man sie zur Amyrlin erhoben hatte. Für die Behüter war eine Aes Sedai eine Aes Sedai, und die Amyrlin war die Amyrlin. Dennoch wagte sie erst auszuatmen, als sie weit genug fort war, so daß die beiden es nicht mehr hören konnten.
    Das Lager war ziemlich groß, Zelte für Hunderte von Aes Sedai und für Aufgenommene, Novizinnen und Diener. Karren und Wagen und Pferde breiteten sich überall im Wald aus. Die Essensgerüche der Abendmahlzeit hingen schwer in der Luft. Rundum erstreckten sich die Herdfeuer von Gareth Brynes Heer. Die meisten seiner Männer würden nicht in Zelten, sondern auf dem Boden schlafen. Die sogenannte Horde der Roten Hand lagerte nicht mehr als zehn Meilen südlich. Talmanes änderte diesen Abstand niemals um mehr oder weniger als eine Meile, am Tag oder bei Nacht, über zweihundert Meilen weit. Sie hatten bereits einen Teil ihres Planes ausgeführt, wie Siuan und Leane es vorgeschlagen hatten.
    Gareth Brynes Streitmacht war in den sechzehn Tagen, seit sie Salidar verlassen hatten, angewachsen. Zwei Heere, die langsam nordwärts durch Altara marschierten und einander eindeutig nicht freundlich gesonnen waren, erweckten Aufmerksamkeit. Adlige strömten mit ihren Gefolgsleuten heran, um sich mit dem stärkeren der beiden Heere zu verbünden. Keiner jener Herren hätte die Schwüre geleistet, die sie geleistet hatten, wenn sie gewußt hätten, daß kein großer Kampf auf ihren eigenen Ländereien stattfinden würde. Tatsächlich wäre jeder, hätte er die freie Wahl gehabt, in dem Moment davongeritten, als sie erkannten, daß Egwenes Ziel Tar Valon war und nicht ein Heer der Drachenverschworenen. Aber sie hatten jene Schwüre geleistet zumindest einer Amyrlin gegenüber - vor den Aes Sedai, die sich den Saal der Burg nannten, und Hunderten weiteren Zuschauern. Diese Schwüre zu brechen, würde sie ihr Leben lang verfolgen. Außerdem glaubte keiner von ihnen, daß Elaida die geleisteten Eide vergessen würde, selbst wenn Egwenes Kopf auf einem Spieß in der Weißen Burg endete. Sie waren vielleicht in dem Bund gefangen und unterlagen der Treuepflicht, aber sie würden zu ihren glühendsten Helfern zählen. Ihr einziger Ausweg, ihren Hals heil aus dieser Schlinge zu retten, bestand darin, dafür zu sorgen, daß Egwene in Tar Valon die Stola trug.
    Siuan und Leane waren darüber aufgebracht. Egwene war sich ihrer Empfindungen nicht sicher. Wenn es eine Möglichkeit gegeben hätte, Elaida zu vertreiben, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen, hätte sie sofort zugegriffen. Sie glaubte jedoch nicht, daß diese Möglichkeit bestand.
    Nach einer kleinen Mahlzeit aus Ziegenfleisch, Steckrüben und etwas, das sie nicht näher erfragte, zog Egwene sich in ihr Zelt zurück. Es war nicht das größte Zelt im Lager, aber sicherlich das größte, das nur von einer Person bewohnt wurde. Chesa befand sich bereits dort und wartete darauf, Egwene beim Auskleiden zu helfen, wobei

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