Herr des Chaos
Pferden hinter ihm. Sie sahen einander einen Moment an, und Rand betete, daß er Elaynes Bruder nicht verletzen müßte.
»Min«, sagte Gawyn zähneknirschend, »ich kann dich hier herausbringen.«
Sie spähte über Rands Schulter hinweg und schüttelte den Kopf. Sie hielt sich so sehr an ihm fest, daß er glaubte, er könnte sie nicht einmal losbrechen, wenn er es gewollt hätte. »Ich bleibe bei ihm, Gawyn. Elayne liebt ihn.«
Von der Macht erfüllt, konnte Rand die Knöchel des Mannes um das Schwertheft weiß werden sehen. »Jisao«, sagte er tonlos. »Versammelt die Jünglinge. Wir kämpfen uns hier heraus.« Wenn seine Stimme schon vorher tonlos geklungen hatte, wirkte sie jetzt vollkommen abgestorben. »Al'Thor, eines Tages werde ich Euch sterben sehen.« Er bohrte seinem Pferd die Fersen in die Flanken und galoppierte davon, wobei er und die anderen lauthals »Jünglinge!« schrien und sich weitere Männer in grünen Umhängen einen Weg bahnten, um sich ihnen anzuschließen.
Ein Mann in einem schwarzen Umhang trat blitzschnell vor Rand und sah hinter Gawyn her. Der Boden brach in Klumpen aus Feuer und Erde auf, die ein halbes Dutzend Pferde zum Stürzen brachten, als sie die Wagen erreichten. Gawyn schwankte einen Augenblick im Sattel, bevor er den Mann im schwarzen Umhang mit einer Keule aus Luft niederschlug. Rand kannte den hartgesichtigen jungen Mann nicht, der ihn anknurrte, aber der Bursche trug Schwert und Drachen an seinem hohen Kragen und war von Saidin erfüllt.
Taim war im Handumdrehen da und blickte auf den Burschen herab. An seinem Kragen war keine Nadel zu sehen. »Ihr würdet doch den Wiedergeborenen Drachen nicht angreifen, Gedwyn«, sagte Taim gleichzeitig sanft und stahlhart, und der hartgesichtige Mann rappelte sich hoch und salutierte mit der Faust über dem Herzen.
Rand schaute zu der Stelle, wo Gawyn gewesen war, aber er konnte nur eine große Gruppe Männer mit einem Weißen Keiler-Banner sehen, die sich ihren Weg weiter durch die Aiel bahnten, während weitere grün gewandete Männer darum kämpften, sich ihnen anzuschließen.
Taim wandte sich mit diesem unmerklichen Lächeln auf den Lippen an Rand. »Unter den gegebenen Umständen vertraue ich darauf, daß Ihr es mir nicht vorhalten werdet, indem Ihr Euer Kommando über sich bekämpfende Aes Sedai entweiht. Ich hatte Grund, Euch in Cairhien aufzusuchen...« Er zuckte die Achseln. »Ihr seht mitgenommen aus. Ihr werdet mir erlauben...« Das leichte Verziehen seiner Lippen glättete sich wieder, als Rand vor seiner ausgestreckten Hand zurücktrat und Min mit sich zog. Sie klammerte sich fester an ihn denn je.
Lews Therin hatte begonnen, über das Töten zu schwadronieren, wie er es stets tat, wenn Taim auftauchte, redete weitschweifig auf wahnsinnige Art über die Verlorenen und darüber, jedermann zu töten, aber Rand hörte nicht mehr zu, sondern schirmte ihn soweit ab, daß seine Worte nur noch wie das Summen einer Fliege klangen. Es war ein Trick, den er in der Kiste erlernt hatte, als nichts anderes zu tun war, als den Schild zu ertasten und einer Stimme in seinem Kopf zu lauschen, die immer häufiger von Wahnsinn zeugte. Gleichwohl wollte er auch ohne Lews Therin nicht von dem Mann geheilt werden. Er glaubte, daß er ihn töten würde, wenn Taim ihn jemals - wie unschuldig auch immer - mit der Macht berührte.
»Wie Ihr wollt«, sagte der Mann mit der Hakennase verzerrt. »Ich glaube, daß ich das Lager zur Genüge gesichert habe.«
Das schien nur zu wahr. Körper bedeckten den Boden, und nur an wenigen Stellen kämpften innerhalb des Wagenkreises noch einige Männer. Plötzlich bedeckte eine Luftkuppel das ganze Lager, und der Rauch von den Feuern stieg zu einer Öffnung links oben in der Kuppel auf. Es war kein solides Gewebe aus Saidin. Rand konnte sehen, wo einzelne Gewebe aneinandergestoßen waren, um es zu bilden. Er glaubte, daß sich vielleicht zweihundert schwarzgewandete Menschen unter der Kuppel befanden. Ein Blitzhagel und Feuer trafen auf diese Barriere auf und explodierten, ohne Schaden anzurichten. Der Himmel schien zu knistern und zu brennen. Ein beständiges Brüllen erfüllte die Luft. Töchter des Speers mit roten Stoffstreifen um die Arme und Siswai'aman standen entlang der für sie nicht sichtbaren Mauer, zusammen mit Mayenern und Cairhienern, von denen viele ebenfalls zu Fuß waren. Auf der anderen Seite starrte eine gewaltige Menge Shaido die unsichtbare Barriere an, die sie von ihren Feinden
Weitere Kostenlose Bücher