Herren der Tiefe
was sich im Umkreis mehrerer Meilen um die NAUTILUS
befand.
Mike zog überrascht die Augenbrauen hoch, als er den länglichen Lichtfleck sah, der in regelmäßigen Abständen am Rand der
Scheibe aufleuchtete und wieder erlosch. Und dann wurde aus
seinem Erstaunen jäher Schrecken, als er begriff, wie groß das
sein mußte, was da als harmloser Lichtpunkt auf dem Schirm
erschien. »Und ich dachte, wir wären ihn endlich los«, seufzte
Ben. »Dieser Kerl wird allmählich wirklich lästig.«
Seine Worte bezogen sich auf Kapitän Winterfeld, den deutschen Kriegsschiffkommandanten, der sie – und vor allem die
NAUTILUS – vom ersten Tag an gejagt hatte. Ihr letztes Zusammentreffen mit ihm lag eine gute Woche zurück, und sie
waren ihm nur mit knapper Not entkommen.
»Du glaubst, das ist Winterfeld?« fragte Mike.
»Wer soll es sonst sein?« Ben schnaubte. Niemand an Bord
mochte Winterfeld. Die meisten hier hatten Angst vor ihm, aber
Ben haßte den Deutschen regelrecht. Mike nahm sich nicht
zum ersten Mal vor, Ben irgendwann einmal zu fragen, warum
er alle Deutschen so sehr verachtete. Aber jetzt war nicht
der Moment dafür, und außerdem fuhr Ben bereits fort: »Wir
hätten diesen Kerl mitsamt seinem Kahn auf den Meeresgrund
schicken sollen, wo er hingehört.«
Mike ersparte sich eine Antwort. Der »Kahn«, von dem Ben
sprach, war ein Schlachtschiff mit Dutzenden von Geschützen
und einem Rumpf aus zentimeterdickem Stahl. Selbst für ein
Schiff wie die NAUTILUS ein Gegner, der ein paar Nummern zu
groß war.
»Das ist nicht die LEOPOLD«, sagte Trautman ruhig.
Er
wirkte sehr angespannt.
Ben blickte ihn zweifelnd an. »Was soll es sonst sein? Das
Ding erscheint seit einer Woche immer wieder auf dem Schirm.
Es folgt uns, eindeutig. Und außer Winterfeld weiß auf der ganzen Welt niemand, daß es uns überhaupt gibt.«
»Es kann nicht die LEOPOLD sein«, beharrte Trautman. »Es
ist groß, aber nicht so groß. Und es ist viel zu schnell. Die
LEOPOLD würde nicht einmal die Hälfte dieser Geschwindigkeit erreichen.«
»Soll das heißen, daß es uns einholen kann?« fragte Juan. Trautman sah immer noch nicht auf. »Ich fürchte«, sagte er. Er zögerte, und als er weitersprach, lag in seiner Stimme ein besorgter
Ton. »Ich weiß nicht, was es ist, aber es ist schneller als wir.
Viel schneller.« Er atmete hörbar ein, hob nun den Blick und
sah Mike und die vier anderen der Reihe nach an.
»Und es kommt genau auf uns zu.«
Trautman hatte errechnet, daß der Verfolger ungefähr
drei
Stunden benötigen würde, um die NAUTILUS einzuholen. Sie
hatten einen Teil dieser Zeit mit Mutmaßungen zugebracht, um
was es sich bei ihrem unheimlichen Verfolger wohl handeln
mochte: angefangen von einem Tier bis zu einem anderen Unterseeboot, mit dem Winterfeld sie jagte – aber hätte er ein solches gehabt, würde er kaum mehr versuchen, die NAUTILUS in
seine Gewalt zu bringen. Schließlich hatten sie es aufgegeben.
Nun war die Zeit beinahe um. Mike und die anderen hatten
sich vor dem großen Fenster versammelt und blickten gebannt
hinaus. Die NAUTILUS war höher gestiegen und befand sich jetzt
nur noch fünf oder sechs Meter unter dem Meeresspiegel, hoch
genug, daß das Wasser rings um sie herum von blauem Licht
durchdrungen war und sie ihren Verfolger wenigstens sehen
konnten, wenn er heran war, aber gerade noch tief genug, um
nicht von der Gewalt des Sturmes durchgeschüttelt zu werden,
der das Meer über ihnen immer noch aufpeitschte.
»Seltsam«, murmelte André. »Wir müßten ihn doch
schon
sehen.« Er wandte sich zu Trautman um, der hinter den Kontrollinstrumenten stand.
Der weißhaarige Steuermann der NAUTILUS zuckte mit den
Schultern. »Es ist jedenfalls ganz nahe. Aber ich kann nicht
genau feststellen, wie nahe.« Er runzelte die Stirn. »Das ist
merkwürdig.«
»Was ist merkwürdig?« fragten Juan und Mike wie aus einem
Mund. Sie drehten sich zugleich zu Trautman herum.
»Es… bewegt sich«, antwortete Trautman zögernd.
»Was für eine scharfsinnige Feststellung«, sagte Ben
spöttisch. »Täte es das nicht, könnte es uns kaum einholen.«
»Das meine ich nicht«, antwortete Trautman ernst. »Es scheint
sich… in sich zu bewegen, fast als…« Er brach ab, schüttelte
den Kopf und lachte nervös. »Das ist Unsinn.«
Mike wollte ihn gerade fragen, was er damit meinte, doch in
diesem Moment stieß Ben einen überraschten Schrei aus, und
Mike wandte sich schnell zum Fenster. Natürlich glaubte er,
Ben
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