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Herrgottswinkel

Herrgottswinkel

Titel: Herrgottswinkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramona Ziegler
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Auf unsere Liebe, auf unser Familienglück – und sogar auf unser Haus, das wir unter schwierigsten Umständen auf eigene Regie gebaut haben. Ihr dagegen habt euch ins gemachte Nest gesetzt, und Kinder sind trotzdem keine gekommen.«
    Da schaltete sich zum ersten Mal Eberhart in unser Wortgefecht ein. Es stand ihm ins Gesicht geschrieben, wie schwer er sich mit dem tat, was er uns nun eröffnete. »Vielleicht sollte ich etwas Wichtiges zu der ganzen Sache beisteuern. Ich gebe zu, Agnes, dass ich am Neuanfang unserer Beziehung schon etwas übertrieben habe, was meine Chancen bei Julia anbelangte. Vor allem wohl, weil ich mit Julias Zurückweisung, die von Anfang an Franz mir gegenüber vorgezogen hat, nicht umgehen konnte. Und dann musste ich dir zuliebe, Agnes, und auch, weil ich sonst alle Flunkereien hätte zugeben müssen, meine Rolle weiterspielen. Es tut mir sehr leid, Julia, ich habe dich jahrelang so beschimpft, weil ich die Wahrheit vor meiner Frau verbergen wollte und das alles auch gut in das Bild passte, das sie sowieso von dir hatte. Als sie mich dann aber bei jedem Kind, das du bekommen hast, schlechter behandelte, als in unserer Beziehung immer länger die Kinder ausblieben und Agnes mir die Verantwortung dafür gab, da spielte ich meine üble Rolle nur konsequent weiter und machte Andeutungen, die ausbleibenden Schwangerschaften könnten nicht an mir liegen, denn ich hätte ja schließlich schon ein Kind zustande gebracht, damals am Nebelhorn …
    Allerdings wurde unsere Ehe dadurch nicht erträglicher, sondern nur viel schlimmer. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich litt, dass Agnes’ Kinderwunsch nicht erfüllt wurde. Und so bin ich schließlich zum Urologen gegangen. Er fand schnell heraus, dass ich in der Pubertät – woran ich keine Erinnerung mehr hatte – noch bevor Franz auf der Welt war, einmal an Mumps erkrankt und seitdem zeugungsunfähig bin. Das ist der Grund für unsere Kinderlosigkeit, und es belegt natürlich auch, dass ich keinesfalls der Vater von Susanne sein kann!«
    Nach dieser Eröffnung fehlten uns allen die Worte, und wir warteten auf eine weitere Erklärung.
    »Ich schäme mich dafür, was ich Julia und damit auch dir, Franz, durch mein Verhalten angetan habe«, fuhr Eberhart fort. »Aber ich konnte mich doch nicht vor Agnes bloßstellen. Den einzigen Ausweg, den ich gesehen habe, war, mich immer mehr zurückzuziehen, gar nichts mehr zu sagen, um die Sache nicht noch zu verschlimmern. Danke, Julia, dass du heute die Kraft aufgebracht hast, diesen Teufelskreis aus Lügen und noch mehr Lügen endlich zu durchbrechen.«
    »Lass uns darüber ein anderes Mal reden, Eberhart«, unterbrach ihn Franz. Ich hatte meinen Mann noch nie so bleich und fassungslos gesehen wie in diesem Moment. »Ich glaube, du solltest dich jetzt um deine Frau kümmern. Und auch Julia und ich müssen das alles erst einmal verdauen. Und zwar alleine. Komm, Julia, lass uns gehen.« Er nahm meine Hand, und ich ließ mich erschöpft, aber auch ein klein bisschen stolz auf mich von ihm aus dem Raum ziehen.
    »Dann hast selbst du nichts von der Mumpserkrankung deines Bruders gewusst?«, fragte ich Franz, als wir schließlich zu Hause am Küchentisch saßen und ich so langsam meine Fassung wiedergefunden hatte. »Wo ihr doch, zumindest früher, ein Herz und eine Seele wart.«
    »Nein, das habe auch ich heute zum ersten Mal gehört. Was er mir allerdings nicht verschwiegen hat, sind die furchtbaren Zustände in seiner Ehe. Als es mit den Kindern nicht klappte, hat sich Agnes nach und nach immer mehr von ihm zurückgezogen. Seit langem haben die beiden getrennte Schlafzimmer, und Zärtlichkeit gibt es für Eberhart nur noch als Belohnung für Wohlverhalten. Und das, wo er Agnes doch noch immer liebt und ihr auch nahe sein möchte. Er hat mir sogar gestanden, dass er mit dieser Situation so schlecht umgehen kann, dass er sich inzwischen ab und zu auf Sexseiten im Internet herumtreibt und er mit dem Fernglas auf der Lauer liegt, um den Frauen im Hochhaus gegenüber ins Bade- und Schlafzimmerfenster zu schauen. Wenn jemand so etwas zugibt, und sei es seinem eigenen Bruder gegenüber, muss es schon sehr schlimm um sein Liebesleben bestellt sein! Eberhart hätte ich so etwas jedenfalls nie zugetraut.«
    »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie glücklich ich bin, dass nun alles heraus ist. Und dass ich endlich weiß, wie sehr du die ganze Zeit über zu mir gestanden bist.«
    »Diese Geschichte von Agnes,

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