Herrin Der Stürme - 2
als er sie als gesetzmäßiges Opfer hätte nehmen können, und ihr ungefragt versichert, daß Donals Zukunft gesichert sei, selbst wenn es ihr mißlingen sollte, ihm einen eigenen Sohn zu schenken. Bei ihm fühlte sie sich sicher. Sie hatte ihn lieben und um ihn zu fürchten gelernt.
In meiner eigenen Falle gefangen!
Beinahe lachend sagte sie: »So viele Versicherungen benötige ich nicht. Ich habe nie Zweifel an dir gehegt.«
Er akzeptierte es mit der lächelnden Höflichkeit eines Telepathen. »Aber Frauen sind in solchen Tagen furchtsam, und jetzt ist es gewiß, daß Deonara mir kein Kind mehr gebären wird, selbst wenn ich sie nach so vielen Tragödien darum bäte. Weißt du, wie es ist, Aliciane, wenn du die Kinder, nach denen du dich sehntest und die du schon liebtest, bevor sie geboren wurden, sterben siehst, noch ehe sie einen Atemzug getan haben? Als wir verheiratet wurden, habe ich Deonara nicht geliebt. Ich hatte ihr Gesicht nie gesehen, denn wir wurden einander wegen eines Familienbündnisses versprochen. Aber wir haben zusammen viel ertragen, und auch wenn es dir merkwürdig erscheint, mein Kind: Liebe kann aus geteiltem Leid ebensogut entstehen, wie aus geteilter Freude.« Sein Gesicht verdüsterte sich. »Ich liebe dich sehr, Carya Mea, aber es lag weder an deiner Schönheit noch der Pracht deiner Stimme, daß ich dich erwählte. Wußtest du, daß Deonara nicht meine erste Frau ist?« »Nein, mein Fürst.«
»Zum ersten Mal wurde ich verheiratet, als ich ein junger Mann war; Clariza Leynier gebar mir zwei Söhne und eine Tochter, alle gesund und stark … Schwer ist es, Kinder bei der Geburt zu verlieren, aber es ist noch schwerer, Söhne und Töchter zu verlieren, die fast zu Erwachsenen herangereift sind. Und doch verlor ich sie – einen nach dem andern, als sie heranwuchsen. Ich verlor alle drei beim plötzlichen Einsetzen des Laran – sie starben an Krämpfen, der Geißel unseres Geschlechts. Ich selbst war kurz davor, an tiefer Verzweiflung zu sterben.«
»Mein Bruder Caryl ist so gestorben«, flüsterte Aliciane.
»Ich weiß. Aber er war nur einer aus eurer Linie, und dein Vater hatte viele Söhne und Töchter. Du selbst hast mir gesagt, daß dein Laran nicht während der Pubertät zum Vorschein kam, sondern daß du von Kindesbeinen an langsam in es hineingewachsen bist, wie viele vom Geschlecht der Rockraven. Und ich weiß, daß dies in deiner Familie dominant ist. Donal ist kaum zehn Jahre alt, und wenn ich auch nicht glaube, daß sein Laran schon voll entwickelt ist, besitzt er doch viel davon und wird zumindest nicht auf der Schwelle sterben. Ich wußte, daß ich mich um deine Kinder nicht zu ängstigen brauche. Auch Deonara entstammt einer Blutlinie, in der das Laran früh einsetzte, aber keines der Kinder, die sie mir geboren hat, lebte lange genug, daß man erkennen konnte, ob es Laran besaß oder nicht.«
Alicianes Gesicht zeigte deutliche Bestürzung, und Lord Aldaran legte seinen Arm zärtlich um ihre Schulter. »Was ist, mein Liebes?« »Mein Leben lang habe ich Abscheu davor empfunden – Menschen wie Vieh zu züchten!«
»Der Mensch ist das einzige Tier, das nicht daran denkt, seine Rasse zu verbessern«, sagte Mikhail leidenschaftlich. »Wir kontrollieren das Wetter, bauen Burgen und Straßen mit der Kraft unseres Laran, erforschen immer größere Gaben des Geistes – sollten wir nicht danach streben, uns ebenso zu verbessern, wie unsere Welt und unsere Umgebung?« Dann wurde sein Gesichtsausdruck weich. »Aber ich verstehe, daß eine Frau, die so jung ist wie du, nicht in Kategorien von Generationen und Jahrhunderten denkt. Solange man jung ist, denkt man lediglich an sich und seine Kinder, aber in meinem Alter ist es natürlich, auch all jene mit einzubeziehen, die nach uns kommen werden, wenn wir und unsere Kinder seit Jahrhunderten dahingegangen sind. Aber solche Dinge sollten erst dann etwas für dich sein, wenn du an sie denken möchtest. Jetzt denk an deine Tochter, Liebes, und daran, daß wir sie bald in unseren Armen halten werden.«
Aliciane zuckte zusammen und fragte leise: »Dann weißt du also, daß ich ein Mädchen gebären werde. Und du bist nicht böse?«
»Ich sagte dir, daß ich nicht böse sein würde. Wenn ich betrübt bin, dann nur deshalb, weil du mir nicht genügend vertrautest und es mir nicht gleich sagtest, als du es erfuhrst«, sagte Mikhail, aber seine Worte waren dabei so sanft, daß sie kaum einen Vorwurf offenbarten. »Komm, Alidane, vergiß deine
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