Herrin der Stürme
hockte ermattet auf seiner Stange. Auch Dorilys schien müde zu werden. Donal, verzweifelt über die unmerkliche Spannung und die lustlose Gesellschaft, sagte schließlich: »Willst du mit mir tanzen, Dorilys?«
»Nein«, sagte Aldaran. »Es ziemt sich nicht, daß Braut und Bräutigam bei ihrer Hochzeit miteinander tanzen.«
Donal wandte seinem Pflegevater einen Blick voller Zorn und Verzweiflung zu. »Im Namen aller Götter, diese Heuchelei …« begann er, seufzte dann schwer und verstummte. Nicht bei einem Fest, nicht vor den versammelten Hausleuten und ihren Vasallen. Mit offenkundiger Ironie sagte er: »Gott möge verbieten, daß wir etwas gegen die Traditionen tun – was in unserer Familie Skandale erregen könnte.« Er wandte sich ab und winkte Allart beiseite. »Cousin, führe meine Schwester bitte zum Tanz.«
Als Allart Dorilys auf die Tanzfläche führte, blickte Donal einmal verzweifelt zu Renata, verbeugte sich aber unter den Augen seines Vaters vor Margali. »Pflegemutter, bitte, gib mir die Ehre eines Tanzes.« Mit der alten Dame am Arm ging er davon.
Danach tanzte er pflichtgemäß mit einigen anderen von Dorilys’ Damen: mit Lady Elisa und sogar deren alter, watschelnder Zofe. Allart fragte sich, ob er beabsichtigte, dies zu einer Situation zu führen, in der es für ihn regelrecht zwingend werden würde, auch mit Renata zu tanzen. Aber als Donal die alte Kathya zu den Frauen zurückbegleitete, stand er plötzlich Dorilys gegenüber, die mit dem Caridom ihres Gutes getanzt hatte.
Dorilys blickte liebevoll zu Donal auf, dann winkte sie Renata herbei. Mit weithin vernehmbarer Stimme, die von falscher, süßer Liebeswürdigkeit erfüllt war, sagte sie laut: »Du mußt mit Donal tanzen, Renata. Wenn du im Mittwinter mit einem Bräutigam tanzt, wirst du innerhalb eines Jahres selbst verheiratet sein, heißt es. Soll ich meinen Vater bitten, dir einen Gatten zu suchen, Cousine?« Ihr Lächeln war unschuldsvoll und gehässig, und Donal biß die Zähne zusammen, als er Renatas Hand nahm und sie auf die Tanzfläche führte.
»Man sollte ihr den Hintern versohlen!«
Renata war den Tränen nahe. »Ich dachte … Ich dachte, sie hätte es verstanden. Ich hatte gehofft, sie würde mich mögen oder sogar liebhaben. Wie konnte sie …«
Donal sagte: »Sie ist überanstrengt. Es ist spät, und für sie ein beschwerlicher Abend. Sie kann wohl nur daran denken, vermute ich, was bei ihrer Verlobung mit Darren Scathfell geschah …« Wie um seinen Ärger zu betonen, schien er ein merkwürdig unheilverkündendes Donnergrollen zu hören. Er war sich nicht sicher, ob es Wirklichkeit war oder lediglich eine Erinnerung.
Renata dachte: Dorilys hat sich in letzter Zeit gut benommen. Sie hat mit mir zusammengearbeitet, als es darum ging, den Sturm zu bewegen, der Allart, Cassandra und Donal bedrohte. Und jetzt ist sie stolz auf ihre Begabung; stolz, daß sie ihr Leben gerettet hat. Aber sie ist nur ein Kind, verzogen und eingebildet.
Allart, der am entgegengesetzten Ende des Raums neben Cassandra saß, hörte den Donner ebenfalls. Einen Moment lang erschien es ihm wie die Stimme seines Laran, die ihn vor Stürmen warnte, die über Aldaran hereinbrechen konnten … Dann schien er auf dem Hof der Festung zu stehen und die Donnerschläge über der Burg zu hören. Er sah Renatas Gesicht. Es war blaß und voller Bestürzung… Als er die Schreie bewaffneter Männer hörte, schreckte Allart hoch und fragte sich, ob die Burg tatsächlich angegriffen wurde. Doch dann rief er sich ins Gedächtnis, daß es Mittwinternacht war.
Cassandra drückte vorsichtig seine Hand. »Was hast du gesehen?« flüsterte sie.
»Einen Sturm«, erwiderte er, »und Schatten. Schatten über Aldaran.« Seine Stimme erstarb zu einem Flüstern, als höre er den Donner erneut, obwohl er diesmal nur in seinem Geist existierte.
Als Donal zum Sessel seines Pflegevaters zurückkam, sagte er fest: »Sir, es ist schon spät. Da das Fest nicht wie eine traditionelle Hochzeit mit dem Zubettbringen endet, habe ich Befehl gegeben, den Gastpokal zu bringen und die Musikanten zu entlassen.«
In plötzlich aufflammendem Zorn verdunkelte sich Aldarans Gesicht. »Du nimmst dir zuviel heraus, Donal! Ich habe keinen derartigen Befehl gegeben!«
Donal war verwirrt und verwundert über den wütenden Ausbruch. Während der letzten drei Mittwinterfeste hatte Dom Mikhail diese Dinge alle ihm überlassen. Sachlich sagte er: »Ich habe gehandelt, wie Ihr mich immer zu handeln
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