Herrin der Stürme
dominiert, gebären kann.« Allart räusperte sich und erwiderte: »Cassandra ist meine Frau, DamonRafael. Wenn sie dich liebte oder den Ehrgeiz hätte, Königin zu werden, würde ich euch beiden nicht im Wege stehen. Aber ich liebe sie, und sie liebt mich. Und du hast kein anderes Interesse an ihr, als dem an einer Schachfigur im Spiel um die politische Macht. Deshalb werde ich sie dir nicht überlassen. Eher werde ich sterben.«
Damon-Rafael schüttelte den Kopf. »Ich kann es mir nicht erlauben, sie über deine Leiche zu nehmen. Ich würde es vorziehen, nicht durch den Tod meines Bruders auf den Thron zu gelangen.«
Allart lächelte grimmig. Dann sagte er: »Dann kann ich dir also auf deinem Weg zum Thron Schwierigkeiten bereiten, und sei es durch meinen Tod!«
»Ich verstehe das nicht«, gab Damon-Rafael zurück. »Du hast mich gebeten, dir die Vermählung mit der Aillard-Frau zu ersparen, und jetzt sprichst du wie ein Romantiker von Liebe. Du hast geschworen, meinen Anspruch auf den Thron zu unterstützen, und jetzt verweigerst du mir deine Unterstützung und willst mich aufhalten. Was ist geschehen, Allart? Ist es das, was die Liebe zu einer Frau einem Mann antun kann? Wenn es das ist, bin ich froh, eine solche Liebe nie kennengelernt zu haben.«
»Als ich dir meine Unterstützung gelobte«, sagte Allart, »wußte ich noch nicht, was sich daraus entwickeln wird, wenn du König bist. Jetzt habe ich Prinz Felix Treue gelobt.«
»Ein Emmasca kann nicht König sein«, gab Damon-Rafael zurück. »Das ist eines unserer ältesten Gesetze.«
»Wärest du fähig, König zu sein«, erwiderte Allart, »wärest du nicht mit einer Armee unterwegs, um deine Herrschaft über die Nordländer auszuweiten. Du würdest warten, bis der Rat dir den Thron anbietet und seinen Ratschlag einholen.«
»Wie könnte ich meinem Königreich besser dienen, als dadurch, daß ich seine Macht auch über die Hellers ausweite?« fragte Damon-Rafael. »Komm, Allart, es gibt für uns keinen Grund zum Streiten … Cassandra hat eine Nedestro Schwester, die ihr so ähnlich ist wie ein Zwilling dem anderen. Du wirst sie zur Frau nehmen und mein oberster Berater sein. Ich werde jemanden mit deiner Vorausschau und Kraft brauchen. Ohne Bruder ist dein Rücken bloß … Das sagt man, und glaube mir: Es stimmt. Wir wollen unsere Streitigkeiten beilegen, uns umarmen und Freunde sein.«
Dann ist es hoffnungslos, dachte Allart. In dem Moment, als DamonRafael seine Arme ausbreitete, um ihn zu umarmen, wurde Allart sich des Dolchs bewußt, den sein Bruder versteckt in der Hand hielt. Er wollte mir nicht einmal offen entgegentreten, sondern mich umarmen und mein Herz durchbohren, dachte er. Oh, mein Bruder … Als Allart sich ihm näherte, reichte er mit seinem in Nevarsin ausgebildeten Laran hinaus und ließ Damon-Rafael zur Bewegungslosigkeit erstarren; der Dolch, den er in der Hand hielt, wurde dabei sichtbar. Damon-Rafael kämpfte gegen ihn an, konnte sich aber nicht rühren. Allart schüttelte traurig den Kopf.
»Du willst mich also gleichzeitig umarmen und erstechen, Bruder? Ist das die Art von Staatskunst, die dich deiner Meinung nach zum König macht?« In Damon-Rafaels Geist eindringend, schloß er den Kontakt. »Sieh, was für ein König du, der du das Band der Bruderschaft verleugnet hast, sein würdest.«
Er fühlte, wie sein Laran die Zukunft durch Damon-Rafaels Geist fließen ließ: Verwüstung, Blut und Plünderung, der unerbittliche Aufstieg zur Macht, der die Reiche verheeren würde, und ohnmächtige Unterwerfung, die man einen einseitigen Frieden nennen würde… Der Geist der Menschen zu blindem Gehorsam gezwungen; das Land von Kriegen geschüttelt und zerrissen. Alle Menschen beugten sich einem König, der kein gerechter Herrscher und Beschützer seines Volkes, sondern ein Tyrann und Despot geworden war. Und man haßte ihn wie keinen Menschen zuvor …
»Nein, nein«, wisperte Damon-Rafael und wand sich, den Dolch in der Hand. »Hör auf. Das bin nicht ich, den ich da sehe.« »Nein, mein Bruder? Du besitzt das Hastur-Laran, das alle Entscheidungen sieht. Schau selbst, was für ein König du sein würdest«, sagte Allart. Er lockerte zwar den Griff, hielt seinen Bruder aber immer noch bewegungslos. »Erkenne dein eigenes Schicksal. Schau hinein.«
Er beobachtete Damon-Rafael und sah, wie sich der Blick der Angst und des Grauens auf seinem Gesicht ausbreitete. Er begriff, seine Überzeugung begann sich langsam zu verdichten.
Damon-Rafael
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