Herrscher der Erde
damit leicht auf den Frisiertisch. »Mein Gott, ich habe auf Haiti Zauberdoktoren gesehen, die mehr darüber wissen als ich. Aber ...«
»Was würden Sie zuerst tun?«
»Ich würde ...« Paul sah sie für einen Augenblick an, als wäre es das erste Mal. »Machen Sie es sich auf der Sitzbank bequem. Lehnen Sie sich zurück. So, ja.«
»Was werden Sie tun?«
»Nun, es gilt als ziemlich sicher, daß diese Halluzinationen ihr Zentrum in einem Teil des menschlichen Nervensystems haben, das durch Hypnose freigelegt wird. Durch Hypnose ist es möglich, an die Kommandos heranzukommen, die andere Hypnotiseure dort hineingelegt haben. Ich werde Sie in Trance versetzen und Sie selbst nach solchen Kommandos suchen lassen. Wenn es einen Befehl geben sollte, der uns dazu zwingt, unser ganzes Leben in Illusion zu verbringen, so müßte er sich dort befinden.«
»Ich weiß nicht recht.«
»Bitte«, drängte Paul. »Wir sind vielleicht imstande, das Problem in wenigen Minuten hier zu lösen.«
»Na schön.« Es klang immer noch zögernd, doch lehnte sie sich bequem zurück, wie er es verlangt hatte.
Paul nahm das gläserne Schmuckstück vom Tisch und richtete den Schein der Stehlampe darauf. »Schauen Sie auf den Diamanten«, sagte er ...
Diesmal fiel sie rascher in Trance. Paul kontrollierte ihre Schmerzempfindlichkeit und ihre Muskelkontrolle. Sie reagierte zufriedenstellend. Er begann mit den Fragen.
»Hören Sie meine Stimme?«
»Ja.«
»Wissen Sie, welche hypnotischen Befehle sich in Ihrem Gehirn befinden?«
Es entstand eine lange Pause. Dann öffneten sich ihre trockenen Lippen. »Es gibt ... Befehle.«
»Gehorchen Sie ihnen?«
»Ich muß.«
»Welcher ist der grundlegendste der Befehle?«
»Das ... kann ... ich ... nicht ... sagen.«
Paul war versucht, sich die Hände zu reiben. Ein einfacher Befehl, darüber nicht zu sprechen, dachte er.
»Nicken Sie nur mit dem Kopf, wenn ich den Befehl ausspreche«, sagte er. »Lautet er: Sie dürfen ihn niemandem verraten?«
Sie nickte.
Paul fuhr sich mit den Händen über die Hosenbeine und merkte plötzlich, daß er schwitzte.
»Was dürfen Sie nicht sagen?«
Schweigend schüttelte sie den Kopf.
»Sie müssen es mir sagen. Wenn Sie es mir nicht sagen, wird Ihr rechter Fuß unerträglich zu brennen und jucken beginnen, bis Sie es mir sagen. Sagen Sie mir, was Sie mir nicht sagen dürfen.«
Wieder schüttelte sie den Kopf. Sie beugte sich vor und begann, sich am rechten Fuß zu kratzen. Sie zog sich den Schuh aus.
»Sie müssen es mir sagen. Wie lautet das erste Wort des Befehls?«
Das Mädchen richtete sein Gesicht gegen Paul, doch ihre Augen starrten in die Ferne.
»Sie«, sagte sie, als hätte sie das Wort aus ihrem tiefsten Inneren hervorgeholt, und als wäre dies fast zuviel für sie gewesen. Sie fuhr fort, sich am rechten Fuß zu kratzen.
»Wie lautet das zweite Wort?«
Sie versuchte zu sprechen, doch gelang es ihr nicht.
»Ist es ›müssen‹?« fragte er. »Nicken Sie, wenn es so ist.«
Sie nickte.
»Was müssen Sie?«
Keine Antwort.
Er dachte einen Augenblick nach. »Sinneswahrnehmung«, dachte er. Er beugte sich vor. »Lautet der Befehl: ›Sie müssen wahrnehmen ...‹?«, fragte er. »Lautet er: ›Sie müssen das wahrnehmen, was ...‹?«
Sie wirkte weniger angespannt und nickte mit dem Kopf.
Paul holte tief Atem.
»Was ist es, das Sie wahrnehmen müssen?«
Sie öffnete den Mund und bewegte die Lippen, doch kam kein Laut daraus hervor.
Er war versucht, sie anzubrüllen, ihr die Antwort aus dem Gehirn zu reißen.
»Was ist es?« Seine Stimme schnappte über. »Sagen Sie es mir!«
Sie warf den Kopf hin und her. Er bemerkte Anzeichen dafür, daß sie zu erwachen begann.
Wieder holte er tief Atem. »Was geschieht mit Ihnen, wenn Sie es mir sagen?«
»Dann sterbe ich«, sagte sie.
Er beugte sich vor und senkte seine Stimme zu einem vertraulichen Tonfall. »Das sind doch Dummheiten. Sie können nicht sterben, nur weil Sie ein paar Worte sagen. Das wissen Sie doch. Und nun sagen Sie mir, was es ist, das man Ihnen wahrzunehmen befohlen hat.«
Sie starrte geradeaus, und ihr Mund stand offen. Paul beugte sich vor, um ihr direkt in die Augen zu sehen. »Sehen Sie mich?«
»Nein.«
»Was sehen Sie?«
»Ich sehe den Tod.«
»Schauen Sie mich an. Sie erinnern sich an mich.«
»Sie sind der Tod.«
»Unsinn! Sehen Sie mich an!« befahl er.
Ihre Augen öffneten sich noch mehr. Paul starrte hinein. Ihre Augen schienen zu wachsen und wachsen
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