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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Gefühle, die ihn begleitet hatten, forderten ihren Tribut. Sie taumelte vor Müdigkeit und fand sich im selben Moment an eine samtverhüllte Brust gezogen.
    »Das sehe ich anders«, hörte sie ihn ebenso gedämpft antworten. »Ich bin kein gutgläubiger Tölpel, der mit Zutrauen um sich wirft.«
    Sie wusste keine Antwort darauf. Aber sie schmiegte sich drängend in den schützenden Halt seiner Umarmung, um mit allen Sinnen die Berührung zu spüren. Sie wollte den Moment bewahren. Erinnerungen sammeln, von denen sie zehren konnte, wenn er fort und in Sicherheit war.
    Es war das erste Mal, dass sie schweigend so viel innige Nähe teilten, und es würde wohl auch das letzte Mal sein.
    Unter ihrer Wange konnte sie den ruhigen, stetigen Herzschlag spüren, aber die angespannten Muskeln verrieten ihr, dass ihn trotz aller vermeintlichen Gelassenheit mühsam unterdrückte Rastlosigkeit erfüllte. Dass er auf der Suche nach einem Ausweg fieberhaft den eigenen Kopf zermarterte und auf neue Ränke sann. Warum konnte er nicht einfach inne halten, diesen Augenblick genießen?
    »Hexe!«
    Hatte er es gedacht oder gemurmelt? Das Wort stand so klar in Roselynnes Kopf, dass sie fast lachen musste. Allein, es war ein trauriges Lachen.
    »Wenn ich eine Hexe wäre und Euch verzaubern könnte, ich würde es nur zu gern tun«, flüsterte sie zwischen Vorwurf und Resignation. »Warum könnt Ihr mir nicht glauben, dass ich Euch lediglich helfen will? Liegt es daran, dass ich eine Frau bin?«
    »Eine weitere Cambremer, die nur im Sinn hat, mich schnellstens wieder dorthin zu schicken, wo ich hergekommen bin«, stimmte er sarkastisch zu, aber er stieß sie dennoch nicht von sich.
    »Was kann ich tun, damit Ihr mir glaubt?«
    Roselynne hob den Kopf. Im Dunkel der Nacht schimmerte das blasse Oval ihres schönen Gesichts wie eine rätselhafte Gemme, während die Haare sich mit der Finsternis vermischten. Sie sprach mit heiserer Stimme und fachte damit sein Begehren noch mehr an als der Blütenduft ihrer hinreißenden Erscheinung.
    Die Antwort entschlüpfte seinen Lippen, ehe ihm klar wurde, was er sagte und verlangte. »Verbringt diese Nacht mit mir, und ich werde dem König bei der nächsten Gelegenheit mitteilen, dass ich den Hof verlasse und in die Normandie zurückkehre!«
    Roselynne lauschte den Worten nach, und deren Sinn sank Silbe für Silbe in ihr aufgewühltes Bewusstsein. Über dem Dröhnen ihres Herzens kam es ihr so vor, als könnte sie den Pulsschlag der Nacht vernehmen, das Rauschen des eigenen Blutes.
    Sie musste sich entscheiden! Eine Nacht gegen seine Sicherheit. Ihre Jungfernschaft gegen sein Leben. Ein zu hoher Preis?
    Justin d'Amonceux wartete. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie eine Edeldame absichtlich so tief beleidigt. Er hatte keine gute Meinung von Frauen, aber er hatte stets vermieden, die Gesetze ritterlicher Höflichkeit so grob zu verletzen. Seine Forderung stellte die Dame Roselynne auf eine Stufe mit einer gemeinen Burgdirne. Er kaufte sie für eine Nacht und bot als Münze ein vages Versprechen, auf dessen Erfüllung sie kaum hoffen konnte. Ging ihre Tollkühnheit so weit, dies zu riskieren?
    Gewiss nicht. Noch dazu, da sie nichts von dem Narren wissen konnte, der mit seinem vernünftigen Ich im Streit lag und sich gegen jede Einsicht nach der Süße ihrer Küsse verzehrte. Dem das Blut in den Kopf und andere Körperteile stieg und der heimlich eine Strähne ihres Haares im Schutz der Nacht an die Lippen drückte.
    Roselynne blieb stumm, obgleich es für sie keine Frage gab, wie sie sich entscheiden wollte. Sie genoss lediglich den atemlosen Augenblick, ehe sie es ihm mitteilte. Das Entzücken, das ihren Körper bei der Aussicht auf das Kommende durchlief und ihn weich und atemlos machte. Wenn er begriff, was sie ihm schenkte, würde auch er dieses Glück empfinden.
    Alles war gut und alles war richtig. Er nahm sich nur, was er ohnehin seit vielen Jahren besaß. Sie gehörte ihm. Sie hatte auf ihn gewartet.

8. Kapitel
    »Ich brauche dich nicht mehr, Maud. Du kannst dich zur Ruhe begeben. Und bitte störe mich nicht zu früh, ich bin schrecklich müde ...«
    »Ihr seht blass aus, Dame Roselynne. Ist Euch nicht wohl? Ein Wunder wäre es nicht, wenn Euch nach dem Wirbel dieses Tages der Kopf schmerzte. Soll ich Euch einen Kräutertrunk bereiten, dass ...«
    »Nein!«
    Roselynne erschrak über die unbeherrschte Panik in ihrer Stimme. Wenn sie sich nicht augenblicklich ein wenig beruhigte, würde sie Maud

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