Herz in Fesseln
trinken, Anna?“
Einen großen Gin Tonic, hätte sie am liebsten erwidert, als sie Nik zur Bar folgte. Stattdessen bat sie wie üblich um ein Glas Wasser mit Eis. Keinesfalls würde sie wegen Damon Kouvaris ihre eisernen Grundsätze über den Haufen werfen, mochten ihre Nerven auch noch so sehr nach einer Beruhigung verlangen.
Vielleicht kommt er ja gar nicht, überlegte sie. Als Direktor von Kouvaris Construction reiste er ständig zwischen den diversen Projekten seines Unternehmens hin und her. Möglicherweise gab es auf einer seiner Baustellen ein Problem, das dringend seine Anwesenheit erforderte. So war es auch vor zwei Monaten gewesen, als Anna ihn zum ersten Mal auf Niks Insel Zathos getroffen hatte.
Wenig später befand sie sich mitten in einem lebhaften Gespräch, sodass sie keine Gelegenheit mehr hatte, noch länger über Niks aufregenden Cousin nachzudenken. Sie lachte gerade über eine witzige Anekdote, die jemand zum Besten gegeben hatte, als sie unvermittelt ein leichtes Prickeln auf der Haut verspürte. Ein sechster Sinn sagte ihr, dass jemand sie beobachtete. Langsam drehte sie sich um und sah einen großen, breitschultrigen Mann in der geöffneten Terrassentür stehen.
Damon!
Seine kraftvolle Silhouette zeichnete sich gegen die Abendsonne ab, und für einen Moment glaubte Anna, eine Heldenfigur aus der griechischen Mythologie vor sich zu sehen. Reiß dich zusammen, befahl sie sich verärgert und wollte sich wieder abwenden, aber Damon hielt ihren Blick fest. Der beunruhigend sinnliche Ausdruck in seinen dunklen Augen zog Anna unwiderstehlich in seinen Bann. Sekundenlang schien die Zeit stillzustehen, dann trat Nik auf seinen Cousin zu, und der Augenblick war vorbei.
„Wie ich sehe, hast du Anna bereits entdeckt, Damon. Seit Theos Taufe auf Zathos habt ihr beiden euch nicht mehr gesehen, oder?“
„Nein.“ Ohne den Blick von ihr zu lösen, trat Damon auf sie zu. „Wie geht es Ihnen, Anna?“ Seine tiefe Stimme klang weich und melodisch, und der griechische Akzent verstärkte die erotische Wirkung noch.
„Nett, Sie wiederzusehen, Mr. Kouvaris.“ Anna setzte ein unpersönliches Lächeln auf und reichte ihm förmlich die Hand, doch von einem schlichten Händedruck schien Damon nicht viel zu halten. Ehe Anna reagieren konnte, verschränkte er seine Finger mit ihren, zog sie zu sich heran und küsste sie auf beide Wangen.
„Nennen Sie mich Damon“, bat er sie. „Ich finde, wir sollten alle Förmlichkeiten beiseitelassen, schließlich sind wir praktisch miteinander verwandt.“
Abrupt löste Anna ihre Hand aus seiner und trat einen Schritt zurück. Die vertrauliche Begrüßung hatte sie völlig aus der Fassung gebracht. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, und noch immer glaubte sie, die leichte Berührung seiner Lippen auf ihrer Haut zu spüren. Zu allem Überfluss verriet ihr das amüsierte Funkeln in Damons Augen, dass er sich ihrer Reaktion auf ihn durchaus bewusst war.
„Ich verstehe nicht ganz, wie Sie zu dieser Schlussfolgerung gekommen sind.“ Sie war selbst überrascht, wie kühl und distanziert ihre Stimme klang.
„Ganz einfach.“ Damon schenkte ihr ein entwaffnend jungenhaftes Lächeln. „Ich bin Niks Cousin, und Kezia sagte mir, dass ihr beiden euch so nahesteht wie Schwestern.“
Anna hätte gern etwas Schlagfertiges erwidert, doch ihr fiel beim besten Willen nichts ein. Damon war ihr für ihren Geschmack viel zu nah, und die Tatsache, dass sie sich wie magisch von seinem Gesicht angezogen fühlte, war noch beunruhigender. Dabei war er keineswegs ein schöner Mann. Jedenfalls nicht im landläufigen Sinn. Mit seiner ausgeprägten, leicht unregelmäßig geformten Nase, den dichten schwarzen Brauen und der kantigen Kinnpartie erinnerte er eher an einen Boxer, der schon einige harte Kämpfe hinter sich hatte. Die breiten Schultern und der kräftige, muskulöse Körperbau verstärkten noch den Eindruck rauer, bodenständiger Männlichkeit. Am meisten war Anna jedoch von seinen vollen, unglaublich sinnlichen Lippen fasziniert.
Sein Kuss würde keine sanfte Verführung sein, ging es ihr durch den Kopf. Nein, dieser Mann würde totale Unterwerfung fordern. Er wäre ein ungehemmter, besitzergreifender Liebhaber, der seinen unwiderstehlichen Mund als Instrument für alle möglichen lustvollen Qualen einsetzen würde …
Als Anna sich bei ihren entgleisten Gedanken ertappte, riss sie den Blick von seinem Gesicht los und konzentrierte sich stattdessen auf sein blütenweißes,
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