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Herz ueber Bord

Herz ueber Bord

Titel: Herz ueber Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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Ich sah mich um, konnte aber nirgends einen grünen Klecks in der Menge ausmachen. Mum war kreidebleich. So, als hätte ich sie bei etwas Verbotenem ertappt.
    Â»Du bist ja weiß wie die Wand.« Ich legte schützend den Arm um sie. »Ist dir schlecht?« Inzwischen machte ich mir ernsthafte Sorgen. Mum schien meine Unruhe zu spüren und riss sich zusammen. Langsam kehrte die Farbe in ihr Gesicht zurück.
    Â»Alles okay. War nichts Wichtiges«, behauptete sie. Ich sah ihre Augen flackern, während ein schiefes Lächeln sich in ihrem Gesicht ausbreitete. Es wirkte falsch und aufgesetzt. »Erzähl lieber, wie es Inka geht. Du hast sie doch angerufen, nicht wahr? Lässt Sven sie endlich in Ruhe?« Mum nahm mir das Handy weg, das ich immer noch in der Hand gehalten hatte, und steckte es in ihre Tasche.
    Â»Hey, lenk nicht ab. Jetzt geht’s nicht um Inka, sondern um dich.« Ich fasste Mum am Arm, um sie wachzurütteln. »Was hat dieser Typ mit dir und mir zu schaffen? Wieso hat er überhaupt nach mir gefragt?« Ich spürte, wie meine Worte an Kraft gewannen. Dass es mir ernst war, entging auch Mum nicht.
    Â»Das war jemand von früher, der sich nach meinen letzten Jahren erkundigt hat«, sagte sie mit dünner Stimme.
    Â»Und nach mir«, fügte ich an. »Vergiss nicht, dass er sich auch nach mir erkundigt hat. Auf ziemlich geheimnisvolle Weise, wie ich finde.«
    Mum blickte zu Boden, als müsse sie dort nach etwas suchen. Als sie wieder aufsah, war ihr falsches Lächeln endgültig verschwunden. »Das Ganze ist es nicht wert, ans Tageslicht gezerrt zu werden. Was Berufliches, an das ich nicht gern zurückdenke.« Mums Körperhaltung war verschlossen wie eine Auster. Hochgezogene Schultern, verkniffener Mund. »Ich schlage vor, wir gehen jetzt an Bord.«
    Offenbar fand sie die Situation keines Wortes mehr würdig. Egal, wie ich darüber dachte.
    Ich spürte, wie Unverständnis und Wut in mir wuchsen. Wie oft war mir von Mum eingeschärft worden, Frauen müssten sich durchsetzen, um das zu bekommen, was ihnen zustand. Auch heute noch. Und nun sollte das nicht mehr gelten? Ich war 17 und normalerweise behandelte sie mich nicht wie ein kleines Kind. Warum tat sie es plötzlich doch?
    Â»Mum … Sag doch, was los ist«, bat ich inständig.
    Â»Wir können darüber reden, wenn wir zurück in Hamburg sind. Falls dich diese Nebensächlichkeit dann noch interessiert.«
    Â»Mum!«, versuchte ich es ein letztes Mal mit einer Stimme, in der mehr Verzweiflung lag, als ich wollte. Doch umsonst – ihr Blick sagte mir, dass ihre Lippen versiegelt waren. Egal, was ich auch sagte oder täte.
    Â»Also gut«, gab ich enttäuscht nach. »Für den Moment ist wohl nichts aus dir herauszubekommen. Aber mach dich darauf gefasst, dass ich an der Sache dranbleibe.«
    Schweigend erklommen wir die Gangway. Beide verstimmt.
    Nach einer Weile begann Mum, von etwas anderem zu sprechen. Ȇbrigens wartet an Bord eine Überraschung auf dich«, verkündete sie.
    Ich war mir nicht sicher, ob das nur ein spontaner Einfall war, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Trotzdem blieb ich auf halber Höhe, mitten auf der Gangway, stehen und sorgte damit für einen kurzfristigen Stau.
    Â»Eine Überraschung? Was denn?«
    Â»Vorläufig bleibt es dabei, dass es eine Überraschung gibt. Alles Weitere erfährst du morgen«, machte sie es spannend.
    Â»Groß was ankündigen und einen dann im Regen stehen lassen … Wie fies ist das denn?«, murrte ich.
    Â»Wo wir schon vom Wetter sprechen …« Mums Laune schien sich wieder zu bessern. »Zu Hause in Hamburg nieselt es bei acht Grad. Dazu weht ein ungemütlicher Wind. Papa trägt einen Wollpullover. Ganz im Gegensatz zu uns«, sagte sie und deutete auf mein pinkfarbenes Neckholder-Shirt. Mums Worte zeigten Wirkung. Ich war froh, keinen kratzigen Pulli tragen zu müssen, sondern dieses coole Top, das ich noch kurz vor unserer Abreise bei einer Shopping-Tour mit Inka ergattert hatte – so eine Kreuzfahrt musste schließlich auch klamottentechnisch bestens geplant werden!
    Was soll’s, Katja!, sprach ich mir gut zu. Die Sonne scheint und du stehst auf einem abfahrbereiten Karibikkreuzer! Da solltest du das mit dem Sorgenmachen bleiben lassen.
    Vielleicht handelte es sich bei dem Gespräch zwischen Mum und dem mysteriösen

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