Heurigenpassion
offenbar unvermeidlichen Hakenkreuz versaut worden.
Der junge Notarzt war ohne lange zu fragen in den Container gestiegen und hatte nach noch vorhandenen Lebenszeichen gesucht. Aber vergebens. Und dabei möglicherweise wichtige Spuren zerstört, wie Wallner befürchtete. Aber da konnte man nichts machen. Solange auch nur der Hauch einer Chance bestand, dass die Frau noch lebte, hatte die Sorge um das Opfer absoluten Vorrang gegenüber allen anderen Überlegungen.
Während die Spurensicherung ihre Arbeit machte, befragte Wallner Fritz Malacek, den noch immer leicht unter Schock stehenden Müllmann, der die Leiche entdeckt hatte.
»Ich hab mich noch gewundert, wos der Mistcontainer da valorn hod«, erzählte der Mann. »Weu wir ham gestern noch a paar zusätzliche Behältnisse aufgstellt. Wegen dem Silvesterweg und dem Mist, den die Leut dabei machn. Aber da ham wir keinen hergstellt«, er deutete auf die Nische am Gehsteig.
Natürlich war das mächtige Müllfahrzeug dennoch stehen geblieben, denn geleert wurde, wo der Mist war und nicht, wo er eigentlich sein sollte. Gott sei Dank hatte Malacek einen Blick riskiert, ehe der Container in die Entleerautomatik eingeklinkt worden war. »Warum ich reingschaut hab, waas i gar net. Es war eher instinktiv«, gab er auf Befragung an.
»Und woher kommt dieser Container ?« , wollte Wallner wissen.
»Ka Ahnung«, Malacek zuckte mit den Schultern, »a jeds von di Heurigenlokale hat mindestens an, zwa solche Monsterkübln. Und fehln wird a kaner, denn von die , die ma zusätzlich aufgstellt haum, is ana vaschwundn. Den könnt ana gfladert oder austauscht haum .«
Also mit einem einfachen Abklopfen aller Gastronomiebetriebe nach einem fehlenden Müllcontainer würde es nicht getan sein, dachte Palinski.
Wallner ging auch schon zum Leiter des Teams der Spurensicherung und ersuchte ihn, den gesamten Container samt Inhalt zur genauen Untersuchung ins Labor bringen zu lassen. »Wäre doch gelacht, wenn wir nicht herausfinden, von wo der eigentliche Mist stammt«, meinte er zu dem nicht gerade erfreuten Beamten. Der fand plötzlich, dass das Jahr ziemlich beschissen begann. Ein kurzer Blick auf das Opfer ließ ihn seine Meinung aber wieder relativieren.
Jetzt hoben zwei Männer die Leiche aus ihrem unappetitlichen Umfeld und legten sie fast fürsorglich auf die Transportliege. Sofort und ungefragt machte sich der junge Notarzt an eine erste Untersuchung der toten Frau.
Einige Minuten später kam er mit bleichem Gesicht zu Wallner. »Die Frau wurde schrecklich zugerichtet. Zunächst mindestens zwei harte Schläge auf den Kopf. Dann lag sie schon am Boden und wurde noch mit mehreren Fußtritten traktiert. Hämatome am ganzen Körper und mindestens zwei Rippen sind gebrochen .« Verstohlen wischte er sich über die Augen. »Gewürgt ist sie auch noch worden. Sie müssen entschuldigen, aber so etwas habe ich noch nie gesehen .« Palinski konnte den Mann nur zu gut verstehen. Bei ihm hatte alleine die Schilderung ein Gefühl hilflosen Zornes hervorgerufen, wie er es noch nie zuvor verspürt hatte. Nicht einmal bei Sophie Lettenberg * . Er wollte losbrüllen, auf irgendetwas eindreschen. War der Täter oder die Täterin auch so zornig gewesen? Und wenn ja, warum bloß?
Wallner klopfte dem Arzt besänftigend auf die Schulter. »Es wird Ihnen zwar kein Trost sein, aber an so was gewöhnt man sich nie .« Er schüttelte angewidert seinen Kopf. »Können Sie schon etwas zum Zeitpunkt des Todes sagen ?«
»Als man die Frau in den Container geworfen hat, hat sie jedenfalls noch gelebt. Falls das Blut neben ihrem Kopf von ihr stammt. Ich bin ziemlich sicher, dass sie aus der Nase geblutet hat .«
Er überlegte. »Bei den herrschenden Temperaturen ist es schwierig, den Todeszeitpunkt ohne nähere Untersuchung zu bestimmen. Ich würde aber meinen, etwa vor zehn bis zwölf Stunden .« Der Arzt wirkte jetzt wieder gefasst, ja professionell. »Aber da ist noch etwas .«
»Und was ist da noch ?« , wollte Wallner wissen.
»Die Frau hat vor kurzem entbunden. Die dabei durchgeführte Episiotomie ist gerade abgeheilt und ...«
»Die was ?« , Palinski hatte den Begriff noch nie gehört und Wallner schien es nicht anders zu gehen.
»Das bedeutet, dass bei der Geburt ein Dammschnitt durchgeführt wurde«, wusste Franca Aigner und bewies wieder einmal, dass sie nicht nur äußerst intelligent, sondern auch gebildet war.
Die beiden Männer wussten zwar noch immer nicht genau, worum es
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