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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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Packung JuicyFruit-Kaugummi und eine Rolle Kirschdrops neben die Puppe, das waren Merrys Lieblings-Süßigkeiten. Dann legte ich meinen Dollar auf den Tisch. Die Dame riss ihn an sich, gab mir ein Zehn-Cent-Stück heraus und wandte sich wieder ihrer Daily News zu.
    »Könnte ich bitte eine Tüte haben?«
    »Eine Tüte?«, fragte sie, als hätte ich verlangt, mein Leben lang umsonst mit Süßigkeiten versorgt zu werden.
    Etwas wie schneller Trommelschlag vibrierte in meiner Kehle. Ich wollte ihr das Püppchen und die Süßigkeiten an den Kopf werfen. »Eine Tüte«, sagte ich. »Ich brauche eine Tüte.«
    Die Frau zog eine dünne braune Papiertüte unter dem Ladentisch hervor. Als sie alles hineinstopfte, riss die Tüte an einer Seite auf. Sie schob sie mir hin.
    Meine Kehle schmerzte, so laut wollte ich schreien. »Ich brauche eine andere Tüte, eine größere.«
    Die Frau schob die kaputte Tüte mit dem geschwollenen Zeigefinger näher zu mir hin. »Die reicht doch.«
    »Nein, die reicht nicht.«
    »Hör mal, Kleine, ich bin kein Kaufhaus.«
    »Ich brauche noch eine Tüte.« Ich schlug mit der Faust auf den hölzernen Ladentisch. »Die Sachen sind für meine Schwester.«
    Sie schob mir eine größere Tüte hin. »Hier. Und jetzt verschwinde.« Sie wich zurück, schüttelte den Kopf und murmelte: »Meshuggene.«
    Wenn sie mich für verrückt hielt, sollte sie erst mal den Rest der Familie kennenlernen.
    Ich schlich mich in das Krankenhaus und hoffte, niemand würde mich bemerken. Mimi Rubee hatte 602 , das war Merrys Zimmernummer, auf den Notizblock in der Küche geschrieben. Mein Problem war jetzt, den Raum zu finden.
    Ich hatte schon einen Plan im Kopf und setzte mich erst einmal in die Lobby. Falls jemand fragen sollte, warum ich ganz allein hier saß, würde ich behaupten, meine Eltern müssten erst den Wagen parken oder so. Die abgewetzte Bank fühlte sich kühl und glatt unter meinen Händen an. Wie viele Millionen nervöse Hintern dieses Holz wohl schon poliert hatten? Etwa eine Viertelstunde lang blieb es ruhig um mich herum. Ich zählte die grünen, gesprenkelten Bodenfliesen, beobachtete interessiert, wie die Empfangsdame mit dem Wachmann flirtete, und versuchte, unsichtbar zu bleiben, bis die Besuchszeit begann.
    Um Viertel vor drei bildeten sich kleine Gruppen von Menschen in der Lobby, die in der Nähe der Fahrstühle warteten und die Uhr im Auge behielten. Eine Familie drängte sich so dicht zusammen, dass sie wie ein sechsbeiniges Tier aussah.
    »Drei Uhr. Besuchszeit«, verkündete der Wachmann.
    Alle schlurften zu den Aufzügen, drückten Knöpfe, räusperten sich und klopften sich unsichtbare Stäubchen von der Kleidung. Frauen schoben die Hände in die wartenden Handflächen von Ehemännern und Vätern. In jeder Gruppe gab es eine Person, die eine Tüte, Blumen oder einen kleinen Stapel Zeitschriften im Arm hielt. Ich ließ die erste Welle besorgter Familien vorbeiziehen und beobachtete die Lichter über den Aufzugtüren.
    Weitere Besucher strömten durch den Haupteingang herein. Manche traten an die Information, wo die flirtende Empfangsdame saß. Andere marschierten schnurstracks zu den Aufzügen. Schließlich nahm ich all meinen Mut zusammen, machte mich so klein wie möglich und schob mich dicht an eine große Familie heran, deren Mitglieder pausenlos auf Italienisch aufeinander einredeten. Wir quetschten uns alle zusammen in den Aufzug, und niemand schien mich zu bemerken. Ich beobachtete die Knöpfe unter der Anzeige und malte sechs, sechs, sechs in meine Handfläche, bis ich jemanden auf den Knopf für den sechsten Stock drücken sah.
    Drei Leute stiegen mit mir zusammen aus. Über den Pfeilen auf den großen Schildern, die in verschiedene Richtungen wiesen, stand Zimmer 600 - 605 und Zimmer 606-610 . Ich wandte mich nach links und hielt den Atem an. Kinder fuhren in Rollstühlen den Flur entlang. Kinder an Krücken humpelten an mir vorbei. Schwestern eilten in Schuhen mit Gummisohlen durch die Flure.
    Zimmer 602 war leer und still bis auf Merry, die in ihrem eisernen Bett am Fenster nur als kleine Beule zu sehen war. Ich schlich mich hinein und ging an drei Betten mit ordentlich gefalteter weißer Bettwäsche auf kahlen Matratzen vorbei. Merry drehte sich um, als sie meine Schritte hörte. Ihre sonst so sahnigen rosa Wangen hatten die Farbe von gekochtem Haferschleim.
    »Lulu.« Ihre Stimme klang eingerostet. »Du bist gekommen.« Sie setzte sich so langsam auf wie Oma Zelda.
    »Ja, ich bin

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