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Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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ist der Mensch beschaffen. Der Drache ist unser niederstes Gemüt - es sitzt am Steißbein, der Baumstamm ist Wille und Charakter - unser Rückgrat, und das Geäst ist unser Kopf - der Intellekt. Der Sonnenaar aber schwebt darüber, über unserem Kopf. Er symbolisiert unter anderem Weisheit, die, wie auch die selbstlose Liebe und die Weißmagie, nach und nach in uns Menschen erweckt werden muss.
Dazu haben wir einen Helfer, denn am Stamm von Yggdrasil und zwischen seinen zahllosen Ästen und Zweigen huscht ein nimmermüdes Eichhorn - unsere Gedanken - herauf und herunter, hin und her. Neugierig lugt es in alle Winkel, sammelt Wissen und verbreitet es, womit es unseren Verstand speist. Oft schlittert es auch hinab ins Drachenreich, darauf lodern unsere hässlichsten Empfindungen auf, doch bisweilen, viel zu selten, huscht es hoch bis zu den Füßen des Sonnenaars, und dann empfangen wir einen Geistesblitz, eine Intuition.
Deine kommende Aufgabe, Waldur, ist, bemühe dich, dein inwendiges Eichhorn stets in die Höhe zu schicken, also, nur Positives, das bedeutet Unegoistisches, Liebevolles, zu denken. Damit forderst du, wie du erleben wirst, im höchsten Maß deinen inneren Drachen heraus, denn er wird dann alles aufbieten, deine Gedanken hinab in sein Reich zu locken. Das ist es, was in der Edda als Drachenkampf bezeichnet wird. Die Vorbereitungen dazu hast du erbracht, nunmehr gilt es, deinem Drachen bedingungslos den Kampf zu erklären, um ihn weitmöglichst zu besiegen.“
Während sich Ethne nun langsam erhob, kündete sie Waldur an: „So, Bruderlieb, den Rest deiner Schweigeära wirst du auch tagsüber im Tempel zubringen. Gehen wir, ich helfe dir, deine Sachen in deine neue Kammer zu tragen und werde dir dann dort erklären, wie du dich in deiner letzten Schweigeetappe zu verhalten hast.“
Die letzte, die schwerste Schweigeetappe, Waldur durchzog ein Schauer - was steht mir bevor?
Nachdem Ethne und Waldur seine wenigen Utensilien aus seiner bisherigen Stube geholt hatten, stiegen sie ins zweite Stockwerk. Im entlegensten Winkel dieser Etage öffnete Ethne schließlich die Tür zu einer winzigen, mit hellgelbem Holz ausstaffierten Kammer, wobei sie Waldur sagte: „Deine neue Wohnstätte, die du bis zum Ende deiner Schweigeära nicht verlassen wirst.“ Sie sah ihm sein Entsetzen an, weshalb sie ihn zu beruhigen versuchte: „Keine Angst, bald stört dich die hiesige Enge nicht mehr, da du durch deine neuen Meditationen die innere, die wahre Freiheit kennen lernst. Komm schon rein, Bruderherz, von innen sieht die Kammer geräumiger aus.“
Er trat ein - aber geräumiger? Nur das nötigste Mobiliar hatte Platz hier drin, eine Strohmatratze, ein kleiner Tisch, auf dem eine Öllampe brannte, ein Hocker und ein Gebetskissen, und das hoch angebrachte Fenster war wegen der Kälte mit einem Holzladen verschlossen. Als er dann, noch immer voller Entsetzen, die Schnitzartikel abgelegt und Ethne seine Kleidungsstücke an Wandhaken gehängt hatte, erklärte sie ihm: „Für dein leibliches Wohl sorgen die Priester und Tempelwärter. Sie beheizen den Raum über diesen Wandschacht hier und bringen dir Speisen sowie frisches Wasser. Das Abort und Waschgelegenheit findest du hinter dieser schmalen Tür.“
Sodann führte sie ihm vor, welche Atemübungen er nun täglich durchführen soll, und anschließend erläuterte sie ihm seine neuen Selbstversenkungen.
    E ingesperrt, als Kelte!
Waldur kam sich vor wie ein Tanzbär im Käfig. Drei Schritte von der Tür zum Tisch, drei Schritte zurück, dann wieder vor und wieder zurück. Von der Matratze bis zur gegenüberliegenden Wand waren es zwei Schritte, sofern er sein Meditationskissen auf den Hocker gelegt hatte.
Bisweilen räumte er den kleinen Tisch ab, stellte sich darauf, öffnete den Fensterladen und schaute, wie auch eben, in die inzwischen schneebedeckten Eichenkronen des Tempelhains. Dann beneidete er die Menschen draußen, selbst den Dingplatzwärter. Jetzt bekam er nach langem wieder Chrodegildes Bild vor Augen, wobei sich seine Brust zusammenzog. - Besser, ich streiche sie bis zum Ende der Schweigezeit aus meinem Gedächtnis, nahm er sich vor, denn seit jeher hat sie mein Herz statt erweitert beengt. Gleichzeitig verbanne ich auch allen Neid auf draußen die Menschen, ich gönne ihnen doch ihre Freiheit, wirklich, ich liebe sie doch, alle, ich liebe alle Wesen der Welt. Während dieser hellen Gedanken kam sein inneres Eichhorn hoch gehuscht, blickte sich ruhig-freudig

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