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Hexenjagd in Lerchenbach

Hexenjagd in Lerchenbach

Titel: Hexenjagd in Lerchenbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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erkennen.
    Plötzlich beugte Jocher sich vor.
    Gespannt schien er nach vorn zu spähen.
Dann griff er in die Tasche. Tarzan konnte nicht sehen, was er hervorzog. Aber
er hantierte damit, richtete sich auf, streckte den linken Arm etwas vor, zog
die rechte Schulter zurück und...
    Tarzan begriff. Er kannte die aus
stählernen Büroklammern gebogenen Zwecken, die Jocher — auch im Pausenhof - mit
einem kräftigen Gummiband verschoß: gemeine und gefährliche Geschosse.
    Tarzan wollte eingreifen. Aber just in
diesem Moment umklammerte Gaby angstvoll sein Handgelenk — lauerte doch das
Filmgespenst im dunklen Keller auf ein kleines Mädchen.
    Der Schuß zischte ab, ehe Tarzan ihn
verhindern konnte.
    Eine Frau schrie auf.
    Eindeutig ein Schmerzensschrei — aber
einige im Kino lachten. Weil sie meinten, da fürchte sich jemand.
    Tarzan sah, wie Helga Götze sich mit
beiden Händen an den Hinterkopf griff. Sie wandte sich um.
    Er hat auf Helga geschossen! Ich
glaube, mich tritt ein Pferd! — Tarzan war so verblüfft, daß er eine
Schrecksekunde brauchte. Aber dann...
    Eine stählerne Faust packte Jochers
Genick. Er wurde hochgezogen, nach hinten gerissen und wie ein Mehlsack über die
Sessellehne gelegt. Eine fürchterliche Ohrfeige traf sein breites Gesicht. Sie
verhallte so ungehört wie Jochers Schrei. Denn auf der Leinwand brach gerade
eine Kellertreppe mit viel Getöse zusammen.

    Über Jocher gebeugt, sagte Tarzan. „Ich
bin Zeuge, daß du auf Fräulein Götze geschossen hast. Da kommt noch was auf
dich zu.“
    Hart stieß er ihn auf den Sitz zurück.
    „Was? War der das? Auf Helga?“ fragte
Gaby.
    Tarzan nickte. Gleichzeitig sah er, wie
die Lehrerin auf stand und, wobei sie eine Hand an den Hinterkopf preßte, zum
Ausgang lief.
    „Pfote, ich seh’ mal nach ihr. Sie
scheint verletzt zu sein.“
    „Ist ja eigentlich ein blöder Film“,
meinte Gaby, während sie aufstand und ihm folgte.
    Im Foyer sahen sie Helga Götze. Sie
hatte den anderen Ausgang benutzt, stand vor einem Spiegel, hielt ein
Taschentuch in der Hand und verdrehte den Hals, um eine bestimmte Stelle am
Hinterkopf sehen zu können, wo sie mit den Fingern das dichte Haar teilte.
    „‘n Abend, Fräulein Götze!“
    Verblüfft drehte sie sich um.
    „Hallo, ihr beiden!“ Ein
Freudenschimmer glitt über ihr jetzt blasses Gesicht. „Wollt ihr ins Kino? Ich
war schon drin, aber...“
    „Wir auch“, sagte Gaby. „Und Tarzan hat
beobachtet, wie Max Jocher auf sie schoß. Jocher hat jetzt wieder ein blaues
Auge, dieser Mistkerl. Unverantwortlich, daß der so was macht!“
    „Jocher war‘s?“ flüsterte Helga. Es
schien sie zu erschrecken.
    „Sie sind verletzt“, sagte Tarzan. Er
hatte die Blutflecke an ihrem Taschentuch bemerkt. „Darf ich mal nachsehen?“
    „Laß mich machen“, schaltete Gaby sich
ein. „Ich bin da geschickter.“
    Wie eine gelernte Krankenschwester
untersuchte sie Helgas Hinterkopf, stellte eine kleine Rißwunde fest und tupfte
das Blut mit dem Taschentuch ab.
    „Halb so schlimm!“ lachte Helga. „Ich
war nur im Moment so geschockt. Jocher, also. Naja, von dieser Seite können nur
Gemeinheiten kommen. Vielen Dank, Tarzan, daß du gleich für Strafe gesorgt
hast.“
    „Eine Maulschelle ist ein bißchen wenig
für so einen Anschlag.“
    Helga hob die Achseln, ordnete ihr Haar
und schob das Taschentuch in ihre Leinenhose. „Ich werde mir überlegen, ob ich
etwas gegen ihn unternehme. Auf den Film ist mir jedenfalls die Lust vergangen.
Euch wünsche ich noch viel Spaß. Oder...?“ Lächelnd sah sie die beiden an.
    „Mir reicht’s eigentlich auch“, sagte
Tarzan. „Es sei denn, Pfote möchte noch...“
    „Bewahre!“ wehrte Gaby ab. „Wenn schon
ein Gruselfilm — dann was Gekonntes und nicht so einen Kitsch. Also, wenn’s
nach mir ginge — ich bummle gern noch ein bißchen durch den herrlichen
Sommerabend. Schließlich ist heute Samstag und mein Ausgang verlängert. Mein
Papi hat Nachtdienst.“
    Das kam regelmäßig vor, denn Herr Glockner,
Gabys Vater, war Kriminalkommissar.
    Helga lächelte. „Ich weiß hier in der
Nähe ein hübsches Gartenlokal. Ich lade euch zu ‘ner Cola ein.“
    „Stark!“ meinte Tarzan. „Einfach
Klasse. Der Kontakt zwischen Lehrern und Schülern sollte vielmehr gepflegt
werden — auf diese Weise, natürlich!“
    Helga Götze lachte. Sie war — mit
Abstand — die hübscheste Lehrerin aller hiesigen Schulen; und wenn sie lachte —
herzlich und mit blitzweißen Zähnen dann

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