Hexensturm
Urlaubsparadies sieht anders aus, das kann ich dir sagen. Ich weiß nicht, ob ich die Kraft hätte, mich diesen rohen Elementen noch einmal zu stellen, nicht ohne jede Menge Unterstützung. Aber eines weiß ich jedenfalls: Ich will da lange, lange nicht wieder hin.«
Wir gingen aufs Haus zu, und Menolly kam herausgeschossen. Die Perlen in ihren Zöpfen klapperten hell in der kalten Nacht. Sie hatte meine Handtasche dabei.
»Na endlich! Ich habe schon auf euch gewartet. Eben kam ein Anruf von Derrick. Wir haben ein Problem. Kehrt Marsch, zu den Autos. Ich tue dir das ungern an, Camille, aber du musst dabei sein.« Sie deutete auf meinen Lexus. »Beeilt euch.«
»Ich will überhaupt nirgendwohin, und schon gar nicht eilig. Was ist denn los?« Mir war elend zumute. Ich war müde. Ich wollte jetzt nicht mit Goblins oder Geistern kämpfen.
»Dämon in der Bar, und er verlangt, dich zu sprechen. Er hat schon einen Elf niedergemäht, Derrick hält ihn allein in Schach. Iris, du, Roz und Vanzir bleibt bei Morio und Maggie. Shade und Trillian sind schon unter… Da sind sie ja!«
Shade, Delilahs neue Liebe, und Trillian, mein Alpha-Ehemann, kamen aus dem Haus gelaufen und polterten die Stufen herunter. Shade war halb Drache, halb Stradoner – ein Schattenwandler. Trillian war Svartaner: dunkle Geschöpfe, die zu den Betörenden Feen gehörten. Beide trugen Jeans und dicke Jacken, und Trillian hielt ein Schwert mit gezahnter Klinge in der Hand, mit dem er seit einiger Zeit trainierte.
»Ein Dämon? Und er fragt nach mir? Entzückend. O Mann.« Ich fragte gar nicht erst, ob jemand wusste, weshalb der Dämon mit mir sprechen wollte. Das würde ich bald genug herausfinden – bei meinem Glück wahrscheinlich auf die harte Tour.
Menolly wirbelte herum und bellte Befehle. »Delilah, du und Shade fahrt mit deinem Jeep.« Sie warf mir meine Handtasche und den Autoschlüssel zu. »Camille, du nimmst Smoky und Trillian mit. Ich fahre allein.«
Und wieder einmal waren wir im Laufschritt unterwegs zu unseren Autos. So etwas wie Pausen schien es gar nicht mehr zu geben. Alles war immer furchtbar dringend. Mit diesem Gedanken ließ ich meinen Lexus an, und sobald Smoky und Trillian eingestiegen waren, trat ich aufs Gas und raste die Auffahrt entlang.
Die Stadt wimmelte nur so vor Weihnachtseinkäufern. Ich stöhnte und hielt Ausschau nach einem Parkplatz, während Leute mit Tüten und Kartons an uns vorbeieilten. Geschenkpapier und Schleifen glänzten im Licht der Straßenlaternen. Der Wayfarer Bar & Grill lag in einer Gegend, die nicht direkt als Einkaufsparadies gelten konnte, aber es gab hier viele kleine Boutiquen, in denen man eher seltsame und ungewöhnliche Dinge bekommen konnte. Wie etwa das Hot ’n Bothered, der Sexshop, der neben der Bar eröffnet hatte. Einerseits erwies er sich als Goldgrube für Menolly, denn er brachte ihr viele neue Gäste. Andererseits waren das oft zwielichtige Kerle auf der Suche nach einem »Date«.
Ich hielt in einer Parklücke, die sich wundersamerweise direkt vor dem Wayfarer auftat. Mit einem raschen Nicken bedankte ich mich bei der Parkplatzgöttin und zwang mich aus dem bequemen Sitz hoch. Ein Parkplatz in der Innenstadt von Seattle, so kurz vor Weihnachten? Verdammt schwer zu finden, wenn überhaupt. Doch ich schien eine besondere Gabe dafür zu haben, und die schätzte ich sehr. Wenn es um glückliche Zufälle ging, sah meine Bilanz ansonsten nicht so toll aus, deshalb betrachtete ich schon das geringste bisschen Glück als Anlass zum Feiern.
Trillian hatte mir die Fahrertür geöffnet, und ich hielt inne, um ihn zu küssen. »Du hast mir gefehlt«, flüsterte ich und genoss ein kurzes Zungenspiel, wo ich schon mal dazu kam. Er fühlte sich so warm in meinen Armen an, und er duftete nach Äpfeln und Zimt. »Sehr gefehlt.«
»Heute Nacht werden wir etwas gegen diesen Mangel unternehmen.« Er strich mir das Haar aus dem Gesicht. »Es ist keine Stunde vergangen, in der ich nicht an dich gedacht habe.«
Smoky brummte: »Dazu haben wir später Zeit genug. Los jetzt. Wir müssen uns um einen Notfall kümmern. Und Trillian, eines kann ich dir versichern: Ich habe sehr gewissenhaft dafür gesorgt, dass unsere Frau weder dich noch den Fuchs allzu sehr vermisst hat.« Er zog vielsagend die Augenbrauen hoch, und zwei Strähnen seines langen Haars hoben sich, schlangen sich um meine Schultern und kitzelten mich im Nacken, während Trillian ihn finster anfunkelte.
Ich verbiss mir eine
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