Hexenvisionen: Romantic Thriller (German Edition)
nicht“, erwiderte Harding nachdenklich. „Aber Sie besitzen eine Menge gesunden Menschenverstand. Und ich möchte, dass Sie sich das einfach nur ansehen und mir dann Ihre Meinung dazu mitteilen.“
„Wie Sie wünschen, Sir. Sie sind der Wissenschaftler.“
Sir Thomas lachte kurz und trocken auf. „Wie nannten Sie das so schön? Ich bin emotional engagiert. Ich möchte vermeiden, dass mein Urteil durch Emotionen getrübt wird. Deshalb frage ich Sie.“
Jenkins sperrte sich nicht weiter und sah sich den Videofilm an. Er hatte in langen Nächten viele der Fachbücher Hardings gelesen, was dieser natürlich nicht wusste. Aber ein guter Butler hatte nun einmal über alles auf dem Laufenden zu sein, auch über die Arbeit seines Dienstherrn. So war die Auffassung von Jenkins.
Konzentriert betrachtete er nun den Film, ließ ihn dann noch einmal ablaufen, und schließlich noch ein drittes Mal. Dann ließ er sich von Harding die Auswertung der technischen Geräte erklären, soweit sie noch aufgezeichnet hatten. Schließlich stand sein Urteil fest.
„Sie müssen diesen O’Bannon finden, Sir. Nur er kann diesen Block in Mrs. Jeffersons Gehirn lösen“, war das vernichtende Urteil von Jenkins.
„Wenn Sie mir jetzt auch noch sagen, wie ich diesen Mann finden soll, dann sind Sie wirklich unbezahlbar“, stellte Harding niedergeschlagen fest.
„Wie wäre es mit einer Zeitungsanzeige?“, meinte Jenkins trocken.
*
Sir Thomas hatte seinen Butler mit harten sarkastischen Worten gegeißelt, bevor er bereit war, sich dessen Plan anzuhören. Die Polizei hatte schon viel Zeit mit der Fahndung nach O’Bannon verbracht, aber bisher keinen Erfolg zu verzeichnen gehabt. Und auch Moira Winters war verschwunden.
Die Leiche von Dalrina hatte am Abend vorher ein Pärchen beim Spaziergang am Themseufer entdeckt, und der Rest der Hexengilde schien sich in Nichts aufgelöst zu haben. Bis auf Helens offensichtliche Trancezustände gab es nichts mehr, was an dieses verrückt anmutende Abenteuer erinnerte.
Jenkins hatte nun vorgeschlagen, kurzerhand eine neue Hexengilde zu gründen und die versprengten Mitglieder dazu einzuladen. Aus irgendwelchen unergründlichen Quellen schien er zu wissen, wie man eine solche Gründung öffentlich machte, ohne dass die Polizei oder sonst jemand aufmerksam wurde.
Sir Thomas war skeptisch, mehr als skeptisch. Ihm kam das Ganze nicht geheuer vor. Vor allem würden ganz sicher eine Menge Leute auftauchen, die überhaupt nichts mit der Geschichte zu tun hatten. Aber andererseits, welche Möglichkeiten standen denn sonst noch offen?
Nichts, gar nichts, wie Harding nüchtern zugeben musste. Und auch dieser Plan schien ihm nicht sehr erfolgversprechend, aber er war im Moment der einzige, den er zur Hand hatte.
Also erschien zwei Tage später in sämtlichen Londoner Zeitungen eine großformatige Anzeige, die in verschlüsselten Worten die Hexengilde zu einem neuen Treffen einlud.
Helen war wenige Stunden nach dem fehlgeschlagenen Versuch aus dem Tiefschlaf erwacht und benahm sich wieder ganz normal. Aber sie weigerte sich strikt, einen weiteren Versuch zu machen, stattdessen verlangte sie von Harding das Videoband einzusehen. Doch in diesem Punkt stellte er sich quer. Schließlich verfiel Helen auf einen Trick.
„Lassen Sie uns darum spielen“, bat sie. „Ein Schachspiel. Der Verlierer gibt nach.“
„Sie wollen meine ethischen Prinzipien einem Schachspiel opfern?“, hatte er ungläubig gefragt.
„Nun werden Sie doch nicht theatralisch. Jeder Patient hat das Recht seine Akten einzusehen. Und mehr verlange ich doch gar nicht.“
„Die Akte, die ich über Sie angelegt habe, würde ich Ihnen nur unter Vorbehalt geben. Und die Bänder sind tabu. Schluss, Ende, Aus. Wenn Ihnen das nicht passt, können Sie mich ja verklagen. Dann lasse ich das Ganze als Beweis von der Polizei beschlagnahmen.“
„Kann es sein, dass ich in irgendeiner Form meine Persönlichkeitsrechte verletzt sehe?“, fragte Helen etwas lauernd.
Sir Thomas wusste, dass er sich jetzt auf dünnem Eis befand. „In Ordnung, wir spielen darum“, gab er zögernd nach.
Das Schachspiel stand in Reichweite. Beide hatten auch hier im Institut nicht darauf verzichten wollen, mal wieder eine Partie auszutragen. Aber noch nie war es für die beiden um so viel gegangen. Für Helen stand in gewisser Weise ihre Selbstachtung auf dem Spiel, und Sir Thomas wollte nicht, dass sie sich verletzt fühlte. Er wollte sie nur schützen,
Weitere Kostenlose Bücher