Hexenzirkel - Robertson, L: Hexenzirkel - Persephone Alcmedi 02: Hallowed Circle

und zeigte auf die Tür zum kleinen Bad unter der Treppe. »Da ist bestimmt auch etwas gegen Spinnenbisse dabei .«
    Während Erik mein Medizinschränkchen durchsuchte, lehnte sich Johnny näher zu mir. »Ich finde seinen Vorschlag sehr gut « , sagte er und gab mir einen sanften Kuss.
    »Noch dreiundachtzig « , sagte ich. Ich hatte ihm einhundert Küsse versprochen und zählte mit.
    »Wirklich? Nach meiner Rechnung habe ich noch siebenundachtzig gut .« Wir schlenderten in die Küche.
    »Nein, es sind ganz bestimmt dreiundachtzig .«
    Nana war noch im Obergeschoss bei Beverly. Ich warf mein Flanellhemd über die Rückenlehne der Sitzbank und ließ mich an dem kleinen Küchentisch nieder. Statt sich ums Essen zu kümmern, wie ich es erwartet hatte, glitt er neben mich. Ich musste weiterrutschen, um ihm Platz zu machen.
    »Du steckst voller Überraschungen « , sagte er, zog seine Augenbrauen hoch und legte lässig einen Arm über die Lehne. Ich beneidete ihn darum, dass er sich sichtbar wohl in seiner Haut fühlte. Er senkte das Kinn und blickte mich von unten her an. Er sah so männlich aus, so sinnlich, und ich wusste, dass gleich wieder eine sexuelle Anspielung kommen würde. »Ich war sehr beeindruckt davon, wie schnell du rennen kannst. Und ich muss gestehen « , seine Stimme senkte sich wieder, »zu wissen, dass du solch starke Schenkel hast, macht mich ungeheuer an .«
    Beinahe wäre mein Blick zu seinem Schoß gewandert, um mich selbst davon zu überzeugen, wie sehr es ihn anmachte, ich konnte mich aber gerade noch zurückhalten.
    Er setzte sich aufrecht hin. »Aber daran « , er deutete auf mein Gesicht, »müssen wir noch arbeiten .«
    »Hm ?«
    »Man kann dir ansehen, was du denkst. Als Lustrata geht das nicht mehr, du musst deine Zweifel verstecken, darfst keine Gefühle zeigen .«
    Meine Stirn legte sich in Falten.
    »Siehst du? Du tust es schon wieder. Mir gefällt deine Mimik, aber jemand anderes, der dir feindlich gesonnen ist, wird in deinem Gesicht lesen können wie in einem Buch .«
    »Dann trage ich eben eine Maske. Wie Zorro. Ich lege mir eine geheime Identität zu .«
    »Ich meine es ernst .«
    Okay, dann war das wohl Lektion Nummer eins des Kurses »Wie werde ich eine Lustrata « . »Ich verstehe, was du sagen willst, aber ich glaube, ich will es nicht zur Gewohnheit werden lassen, meine Gefühle zu verbergen .«
    »Aber du bekämst auch weniger Falten .«
    Ich boxte ihn in die Rippen.
    Er lachte leise. »Ich mache nur Spaß .« Er streckte die Hand aus und strich mir übers Haar. »In meinen Augen kann nichts deine Schönheit beeinträchtigen, nicht einmal die Zeit .«
    Es wäre so einfach, mich hinter meinen Zweifeln zu verstecken. Nachzugeben würde alles so viel schwieriger machen. Wir misstrauten uns ja jetzt schon! Und was erwarteten wir voneinander? Ich war mir nicht sicher, wie es in ihm aussah. Und dann war da noch Beverly. Ich musste jetzt ein Vorbild für sie sein. Mein Leben war schon schwierig genug, und diesen Sorgen unnötigerweise noch neue hinzuzufügen, das wäre nur allzu selbstsüchtig. Beverly und Nana hatten äußerste Priorität, erst anschließend durfte ich an mich selber denken.
    »So ist es brav « , flüsterte Johnny. Ein trockenes Lächeln umspielte seine Lippen, während er den Kopf wehmütig geneigt hielt. Er sah unglücklich aus. »Ich wusste, dein Gesicht würde versteinern, wenn ich dir sage, wie schön du bist .«

5
    Er hatte mich falsch verstanden! »Johnny … «
    »Was ?« Er machte ein ausdrucksloses Gesicht, ging mit gutem Beispiel voran. Dabei hatte er recht: Wann immer er mir Komplimente machte, reagierte ich abweisend.
    »Ich muss die ganze Zeit an Beverly denken. Wenn ich ihr keine Reaktionen zeige, wird sie glauben, dass ich böse auf sie bin .« Die Erfahrung hatte ich selbst damals mit Nana gemacht.
    »Zwei Sachen. Zuerst einmal ist Beverly nicht deine Feindin. Du musst dir über sie keine Sorgen machen. Und zweitens könnte dir diese Fähigkeit sehr nützlich sein, wenn sie erst einmal ein richtiger Teenager ist. Vertrau mir .«
    Ich schloss die Augen. Vertrau mir . Seine vom jahrelangen Gitarrespielen schwieligen Fingerspitzen glitten über meinen nackten Arm. Wieder der Geruch von Metall. Der Winter konnte Monate dauern, dann würde der Frühling alles erneuern, aber mein Stigma würde immer bleiben. Nichts würde je wieder so sein, wie es einmal gewesen war. Wie könnte ich Johnny nur die Wahrheit sagen, ohne ihn zu verlieren?
    Ich öffnete