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Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Titel: Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Craven. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich alles tun werde, was Sie dafür verlangen. Und ich halte mein Wort.«
    Das war nicht die Antwort, die ich hatte hören wollen; ganz und gar nicht. Aber es war die einzige, die ich bekommen würde. Einen Moment lang hielt ich ihrem Blick noch stand, dann stand ich auf, trat einen Schritt von Sallys Bett zurück und begann ihr mein Vorhaben zu erklären.
     
    Das Netz war gewachsen. Millionen und Abermillionen haarfeiner, tausendfach verästelter Fäden durchzogen den Waldboden im Umkreis von mehreren Meilen mit einem schwarzen, öligen Geflecht und der Körper des Shoggoten hatte im gleichen Maß an Masse verloren, wie sich das Gewebe ausgebreitet hatte. Er hatte Nahrung aufgenommen, auf die grausame Weise, die seiner Art angeboren war – wo er auf Leben anderer als pflanzlicher Art gestoßen war, hatte er es absorbiert, sein Zellgefüge aufgebrochen und zu einem Teil seines eigenen, jetzt über Meilen und Meilen verteilten bizarren Körpers gemacht. Sein eigentlicher Leib war jetzt kaum mehr größer als der eines Menschen, allenfalls der einer Kuh; trotzdem hatte sich seine Masse fast verzehnfacht, seit er an Land gekrochen war.
    Jetzt fraß er nicht mehr. Sein Körper breitete sich weiter aus, das Netz wuchs unaufhörlich, aber er hatte genug organische Materie in sich aufgenommen, um seine eigentliche Aufgabe in Angriff zu nehmen. Trotz seiner boshaften Intelligenz war er nicht viel mehr als eine Maschine, ein Ding, das zu einem einzigen, ganz bestimmten Zweck erschaffen worden war, und das nur die Wahl hatte, seine Aufgabe zu erfüllen oder zu sterben. Aber wie konnte etwas sterben, das niemals gelebt hatte?
     
    Eine knappe Stunde später kehrten wir zu dem Hinterhof am östlichen Stadtrand von Durness zurück. Ein Fuhrwerk zu besorgen war beinahe leichter gewesen, als ich zu hoffen gewagt hatte. Ich hatte Miss Winden Geld gegeben und sie hatte einen Wagen mit zwei Pferden gemietet. Wie sie mir erzählte, hatte der Mann, bei dem sie das Fuhrwerk erstanden hatte, sie nur kopfschüttelnd angesehen, aber keine Fragen gestellt: Sie war nicht die einzige, die die Stadt an diesem Tage vorsorglich verlassen hatte; der Brand im Hafen war noch immer nicht vollkommen unter Kontrolle und so mancher war geflohen, aus Furcht, das Feuer könne auf die ganze Stadt übergreifen, oder einfach aus Panik.
    Ich hatte noch eine Weile im Wagen versteckt warten müssen, ehe sie eine Nachbarin gefunden hatte, die sich bereit erklärte, für den Rest der Nacht an Sallys Bett Krankenwache zu halten. Miss Winden hatte mir nicht gesagt, welche Begründung sie dafür gefunden hatte, aber sie hatte es und ich gab mich damit zufrieden, sie nach einer Weile aus dem Haus kommen und auf den Kutschbock steigen zu sehen. Keiner von uns hatte es ausgesprochen, aber wir waren uns beide darüber im Klaren, dass sie sich mit ihrer Hilfe selbst in Gefahr brachte. Wenn wir entdeckt wurden, würde sich der Zorn der Menge auch auf sie entladen.
    Es war fast zehn, als der Wagen vor der finsteren Toreinfahrt hielt. Ich bedeutete Miss Winden mit Zeichen zu warten, sprang ohne ein weiteres Wort vom Bock und eilte gebückt auf den finsteren Hinterhof. Im ersten Moment sah ich nichts – das unregelmäßige Karree schien ausgestorben zu sein und weder von Rowlf noch von Howard war eine Spur zu sehen, aber nachdem ich ein paarmal halblaut Howards Namen gerufen hatte, erwachte ein Schatten raschelnd hinter den Müllbehältern.
    »Bist du es, Robert?«
    Ich nickte, trat auf ihn zu und blieb instinktiv stehen, als ich das metallische Glitzern in seiner Hand bemerkte. Howard registrierte meinen Blick, lächelte verlegen und steckte den Trommelrevolver mit einer beinahe schuldbewussten Bewegung unter den Mantel.
    »Wo warst du so lange?«, fragte er. »Wir dachten schon, sie hätten dich erwischt.«
    »Ich habe einen Wagen besorgt«, antwortete ich mit einer Geste zur Straße. »Wie geht es Rowlf?«
    »Er hat immer noch hohes Fieber«, sagte Howard besorgt. »Aber es geht. Hilf mir.«
    Ich folgte ihm um die Reihe aus Abfalltonnen herum. Rowlf lag, halbwegs auf die Ellbogen erhoben und wie Howard einen Revolver in der Rechten, auf einem provisorischen Lager aus Pappkartons und Lumpen und blickte mir aus fiebrigen Augen entgegen. Sein Gesicht schien zu glühen. Der Anblick versetzte mir einen schmerzhaften Stich. Wahrscheinlich sah es schlimmer aus, als es war – Brandwunden sehen immer schrecklich aus, selbst wenn sie nur

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