Hilfe, mein Chef ist ein Affe
Hierarchie eines Unternehmens als einen dehnbaren Begriff: Demnach kann jede Firma selbst bestimmen, wie viele hierarchische Ebenen sie unterscheidet. Sie hat außerdem die Wahl zwischen einer flachen und einer stark hierarchisch gegliederten Organisation.
• Bei den Affen dreht sich alles um die Rangordnung.
In der Affengruppe ist die Hierarchie der zentrale Pfeiler, um den das soziale Leben kreist. Sie bestimmt nicht nur, wer bei der Futterverteilung Vorrang hat, sie beeinflusst auch sämtliche sozialen Interaktionen. Jedes Individuum steht in einer hierarchischen Beziehung zu den anderen Gruppenmitgliedern, denn Affen leben in Gruppen, in denen jedes Tier seinen bestimmten Rang hat. Jeder Affe ist dabei bestrebt, sich seinen Platz in der Rangordnung zu sichern und ihn auch zu behaupten. Dieses Bestreben spiegelt sich im Verhalten wider: Ein mächtiges Affenmännchen, das mit gesträubtem Fell, gewölbtem Rücken und weit aufgerissenen Augen durch die Gruppe stürmt, will allen zeigen, wer das Sagen hat. Affen, die einander lausen, wollen Freundschaft schließen oder legen auf diese Weise Streitigkeiten bei. Vor allem aber möchten sie sich für den Konfliktfall die Unterstützung des Gelausten sichern. Deshalb betreiben sie die Fellpflege möglichst demonstrativ und in aller Öffentlichkeit und »prahlen« mit ihrem Kumpel: «Seht her, wir tun was füreinander.«
• Der Chef auf dem Papier ist nicht immer der wahre Chef.
In einem Unternehmen und in der Theorie ist die Hierarchie zunächst eine Anzahl von Namen, festgehalten in einem Organigramm. Es legt fest, wer wessen Chef ist, wer wofür zuständig ist, wer welche Entscheidungen treffen darf und welche Vorteile mit welcher Funktion verbunden sind. An diesem Schema scheinen sich alle zu orientieren. Man respektiert einander aufgrund der dazugehörigen Verantwortlichkeiten, Rechte und Pflichten. In der Praxis aber sieht es ganz anders aus: Der Begriff »Hierarchie« wird, genau wie in der Affengruppe, viel dynamischer umgesetzt. Das Organigramm ist Papier, es macht sich gut im Geschäftsbericht. Der dort aufgeführte Chef ist aber sehr häufig nicht der tatsächliche Boss. Jeder weiß, dass derjenige, der auf dem Papier ganz oben steht, nicht immer die mächtigste Person im Unternehmen sein muss. Das kann auch seine Assistentin sein, seine Ehefrau, der Zweite auf der Liste, der Controller, der EDV-Chef oder der Marketingleiter. Die Situation kann sich außerdem ständig und sehr schnell ändern. Denn die reale Macht liegt bei dem, der sie einfordert, ob lautstark oder eher im Hintergrund, ob bewusst oder unbewusst. Wie bei den Affen ist die »wahre« Macht nicht einfach gegeben, sondern muss erobert werden. Die soziale Interaktion unter Kollegen spielt dabei eine zentrale Rolle.
Lem, der Anführer der Berberaffen im Zoo von Apenheul zwischen 1990 und 2006: Er wirkte zwar nicht sonderlich gestresst, trug aber trotzdem eine hohe Verantwortung. Schließlich sorgte er dafür, dass sich die große Damengruppe (13 Weibchen) auch ordentlich benahm. Es gab nur ein weiteres Männchen, das ihn in dieser anspruchsvollen Aufgabe unterstützte. Lem war ein Anführer von körperlicher Kraft, der keine Widerworte duldete und trotzdem wegen seines sanften Charakters verehrt wurde.
Wir brauchen den Anführer!
Was wäre eine Firma ohne Chef? Egal, wie flach die Hierarchie auch sein mag, und gleichgültig, wie eindeutig die Gleichberechtigung geregelt ist: Einer ist immer der Boss. Wie gesagt, kommt es dabei nicht darauf an, ob und wie das formal festgelegt wurde, sondern eher darauf, wer sich im sozialen Miteinander als Anführer entpuppt.
Nicht jedem mag die Tatsache gefallen, dass es Hierarchien gibt und nur eine bestimmte Person das Sagen hat. Für den Biologen aber, der eine Gruppe Affen oder Kollegen beobachtet, liegt es klar auf der Hand: Es gibt einen Chef, und das ist gut so. Denn wenn feststeht, wer der Anführer ist, muss nicht um alles und jedes gezankt werden. Das schafft Klarheit und Sicherheit. Der Chef der Gruppe trifft nämlich die Entscheidungen. Bei den Affen beispielsweise bestimmt er, wer bei der Futterverteilung was bekommt, und verhindert Auseinandersetzungen bei der Paarung mit fruchtbaren Weibchen. Je stärker der Anführer ist, desto mehr Ruhe und Stabilität herrschen in der Gruppe.
• Ein starker Führer bedeutet Ruhe, Sicherheit und viele Nachkommen. Affen und Menschen brauchen einen Chef!
Liboso, Jill und Lomela: die weibliche
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