Hilfe, mein Chef ist ein Affe
Thema »angeborenes versus erlerntes Verhalten«. Die Diskussion besteht bis heute. Phasenweise herrschte die Überzeugung vor, wir seien rein instinktgesteuerte Wesen. Dem steht die »Umwelttheorie« gegenüber. Sie besagt, dass ausschließlich Erziehung und Umwelt unser Handeln prägen. Diese Trends tauchen auch in Publikationen zum Thema Management und in pädagogischen Zusammenhängen immer wieder auf. Ständig werden neue Forschungsergebnisse veröffentlicht, die entweder die eine oder die andere Richtung stützen. Ich möchte mich für keine der Theorien entscheiden. Tatsächlich stützen nämlich drei Pfeiler unser Verhalten: Der erste ist unsere genetische Veranlagung, also alles, was in unseren Genen festgelegt ist. Dazu gehören überlebensnotwendige Grundfunktionen wie das Atmen, aber auch unsere Haarfarbe, die Körpergröße und unsere Emotionen. Offensichtlich ist auch der Drang zur Hierarchiebildung in unseren Genen verankert.
Der zweite Pfeiler ist unser soziales Umfeld, das uns in vielfältiger Weise prägt. Es bestimmt, in welchem Ausmaß wir unsere Emotionen nach außen tragen, und auch, wie wir mit Hierarchien umgehen.
Der dritte Pfeiler schließlich ist unsere Persönlichkeit. Die genetische Veranlagung ist vorgegeben, das soziale Umfeld wird von einer Gruppe geformt, die Persönlichkeit aber macht jeden Menschen zu einem Individuum. In der Persönlichkeit vereinen sich Angeborenes und Erlerntes auf besondere Weise. Sie beinhaltet zudem all die Werte und Normen, die wir von unseren Eltern über die Erziehung mitbekommen haben. Die Persönlichkeit ist also teilweise eine Kombination der ersten beiden Pfeiler und bildet zugleich ein Element für sich, sie ist unser Temperament. Die Persönlichkeit bestimmt zum Beispiel, ob wir eine Führungsrolle übernehmen können und wollen oder nicht.
• Drei Pfeiler tragen unser Verhalten: Gene, Umwelt und Persönlichkeit.
Experten reden sich zurzeit die Köpfe darüber heiß, zu welchen Anteilen uns die Pfeiler zu dem machen, was wir sind. Für mich ist diese Frage ohne Belang! Die Gene, das soziale Umfeld und unsere Persönlichkeit beeinflussen sich gegenseitig. Wer das Verhalten verstehen will, muss alle drei ergründen. Leider richtet sich das Hauptaugenmerk in einem Unternehmen meist auf die Persönlichkeit. Das soziale Umfeld und die genetische Veranlagung werden vernachlässigt oder ignoriert.
Mit diesem Buch möchte ich auf die Gene als eine der Grundlagen unseres Verhaltens aufmerksam machen, ohne dass die beiden anderen Elemente dabei zu kurz kommen. Ich lade Sie ein, noch einmal die Schulbank zu drücken und sich ein wenig mit Biologie zu befassen!
Sind Menschen Affen?
Genetische Untersuchungen haben ergeben, dass 98,4 Prozent unserer Gene mit denen der Schimpansen identisch sind – Grund genug, das Sozialverhalten eines Chefs mit dem von Schimpansen zu vergleichen. Dennoch: Die übrigen 1,6 Prozent können einen großen Unterschied ausmachen. Darüber hinaus können auch Umweltfaktoren bewirken, dass wir ein anderes Sozialverhalten an den Tag legen als unsere Mit-Menschenaffen.
• Nur 1,6 Prozent unserer Gene unterscheiden sich von denen der Schimpansen, der Rest ist identisch.
Biologisch gesehen, gehören wir Menschen gemeinsam mit Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans zur Gruppe der Menschenaffen. Die folgenden Eigenschaften haben wir Menschenaffen gemeinsam. Sie machen unser Sozialverhalten zu einem der komplexesten unter den Säugetieren.
Menschenaffen wollen lernen
Alle Menschenaffen können und müssen lernen. Das ist auch einer der Gründe, warum die Phase der Kindheit bei Affen und Menschen etliche Jahre dauert. So bleibt genügend Zeit, um zahllose praktische Fertigkeiten von den Eltern zu erlernen. Wie beschaffe ich Nahrung? Welche Gefahren birgt meine Umwelt?
• Lernen macht Spaß!
Affenjunge lernen, woran man feindliche Tiere erkennt, Menschenkinder lernen, die Straße zu überqueren. Beiden wird beigebracht, sich vor fremden Tieren bzw. Menschen in Acht zu nehmen. Affenjunges und Menschenkind eignen sich außerdem soziale Fertigkeiten an, teils durch Spiel, teils durch Beobachtung. Doch nicht nur als junge »Affen« lernen wir, auch als Erwachsene bewahren wir uns eine große Lernfähigkeit.
Probieren geht über Studieren. Affenkinder entdecken die Welt, indem sie beobachten, was die erwachsenen Tiere machen. Vieles probieren sie aber auch einfach aus, zum Beispiel, ob bestimmte Pflanzen essbar sind oder
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