Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himbeersommer (German Edition)

Himbeersommer (German Edition)

Titel: Himbeersommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Saskia Beyer
Vom Netzwerk:
Zeitschrift.“
Jacky grinst und zieht mich mit sich. Ich drehe mich noch einmal nach meiner Kleinen um, will ihr winken, doch da sehe ich, dass Daniel sie einfach einer Aushilfskellnerin in die Hand drückt und zu dem Tisch mit den Gästen geht, um abzukassieren!
     
Jacky gibt ordentlich Gas, und ich versuche, mich mit Jackys Not-Schminkset während der Autofahrt nachzuschminken. Meine Spaghetti-Haare werden mit ihrer Lockenbürste malträtiert, in der Hoffnung, danach schwungvoller auszusehen. Während sie rasant in eine Kurve geht, male ich mit ihrem knallroten Marylin-Monroe-Lippenstift meine Lippen nach, doch ich male natürlich daneben und sehe aus wie Dolly Buster mit dicken Pornolippen.
Dann sind wir endlich da und Jacky hilft mir, mit Popo-Feuchttüchern von Baby Gregor, das Schlimmste wieder abzurubbeln, toupiert mir schnell den Haaransatz (zum Glück hat sie mal in einem hippen Friseur-Salon in Mitte gejobbt) und schafft es, dass ich innerhalb von zwei Minuten wie eine erfolgreiche, straighte Powerfrau aussehe.
„Wow. Bin ich das?“
„Klar.“ Jacky grinst. „Endlich wieder.“
„Danke“, hauche ich, drücke ihr ein Bussi auf die Wange und steige aus.
„Wozu sind Freundinnen denn da.“ Jacky lächelt mich noch mal entschuldigend an, und ich kann ihr schlagartig überhaupt nicht mehr böse sein.
Ich hetze in den Saal, wo der Alte bereits auf der Bühne steht, um MEINEN Preis entgegenzunehmen. Angeberisch grinst er den Journalisten zu, die ihre Fotoapparate zücken.
„Halt!“, rufe ich laut, und alle Anwesenden drehen sich zu mir um. Normalerweise hätte ich mir jetzt ein riesiges Mauseloch gewünscht, aber irgendwie bleibe ich ganz ruhig und selbstbewusst, ich scheine etwas gereift zu sein.
„Tut mir leid, dass ich jetzt erst kommen konnte, ich hatte noch einen wichtigen Termin“, sage ich und gehe hocherhobenen Hauptes auf die Bühne.
„Blümchen, sind Sie das?“, zischelt der Alte und sieht mich total beeindruckt an.
„Sie sollten nicht den Fehler machen, mich zu unterschätzen, Herr Gräbner“, raune ich zurück und lächle die Journalisten selbstsicher an.
Der attraktive Redakteur von „Architektur Online“ gratuliert mir charmant und übergibt mir den Preis. Eine durchsichtige Plastik-Statue, die sich ganz wunderbar auf meinem Schreibtisch machen wird und die ich noch stolz meinen Enkeln zeigen werde, sofern Lisa jemals Kinder haben wird.
„Frau Blume, herzlichen Glückwunsch“, reißt er mich aus meinen großmütterlichen Gedanken. „Mit der Himbeersiedlung ist Ihnen etwas ganz Besonderes gelungen. Moderne, junge Familien werden sich dort sehr wohl fühlen. Ihr Konzept Kind und Kunst hat uns von Architektur Online komplett überzeugt.“
Applaus der anwesenden Fachpresse, Blitzlichtgewitter. Ich fühle mich wie Demi Moore auf dem roten Teppich, müde und alt, aber wie ein Star.
Der Alte sieht mich mit seinen Frettchen-Augen neidisch, aber auch voller Respekt an.
Nachdem die Fotos geschossen sind, stecke ich mir noch schnell ein, zwei Lachs-Häppchen in den Mund, kippe einen Spritz Aperol hinunter und verlasse die Veranstaltung. Ich will nur noch nach Hause, zu Lisa. Hoffentlich hat mein Schnuckelchen nicht noch mehr Fieber bekommen!
     
Wieder hat die U-Bahn Verspätung und wieder begegne ich diesem obdachlosen Jugendlichen mit der Pulle Bier in der Hand, der unter einem Postbank-Plakat steht und grinsend darauf deutet. Das Plakat zeigt eine heile Familie vor einem adretten Reihenhäuschen. „Na, Sweetie, kannste dich nich entscheiden, wa? Sone Scheiße aber auch. An jeder Hand `nen Typen is einfach Mist.“
Ist dies wieder eine dieser schicksalhaften Begegnungen, die mir irgendetwas sagen soll? Ich habe mich doch schon für Daniel entschieden. Oder etwa nicht?
     
Ich hetze zum Bistro, renne die Treppen zu unserer Wohnung darüber hinauf, schließe auf und rufe nach Lisa und Daniel.
Doch keiner antwortet, die Wohnung ist leer. „Wo seid ihr, Lisaa, Mäuschen? Danieeel?!“
Ahnungsvoll renne ich die Treppe wieder runter, hinein ins Bistro. Florence hat sich aufgrund von Regelschmerzen krankschreiben lassen! Die etwas bräsige 19-jährige Aushilfskellnerin mit ihren spröden, zu oft blondierten Haaren, sieht mich nur an und grinst sich eins.
„Wissen Sie, wo Daniel ist?“, frage ich außer Atem.
„Nee. Auf und davon, vielleicht?“, antwortet sie feixend, und setzt grinsend hinzu. „Jetzt mal ehrlich. Ich hab mir das gleich gedacht, dass das nich passt.“
„Aha und

Weitere Kostenlose Bücher