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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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restlichen Accessoires für sie ausgesucht.
    Die Kutsche hielt vor einem gelb gestrichenen mehrstöckigen Haus mit schmalem Fronterker über die gesamte Höhe und abschließenden Rundtürmen an jeder Seite des Gebäudes. Demy beugte sich nach vorn und bestaunte die Wasserspiele des Viktoria-Luise-Platzes, und dabei kam ihr der Gedanke, dass Lieselotte heute wieder vergeblich im Schlosspark Charlottenburg auf sie warten würde. In den letzten beiden Wochen hatte Demy sich an drei Tagen heimlich aus dem Haus geschlichen, und zweimal davon hatte sie ihre Freundin im Park angetroffen. Beim dritten Mal war Lieselotte nicht da gewesen. Demy vermutete, dass Lieselotte eine Arbeit gefunden hatte. Falls das stimmte, würde ihre Freundin fortan kaum Zeit für Treffen mit ihr erübrigen können.
    Unterdessen öffnete der Kutscher die Tür und half einer kleinen auffällig dünnen jungen Frau hinein. Adele Boehmer ließ sich mit dem Rücken zur Fahrtrichtung auf der Bank gegenüber von Demy nieder. Ihr Hut wies noch ausladendere Ausmaße auf als Demys, daher war sie gezwungen, ihn abzunehmen, um bequem sitzen zu können. Dabei lösten sich ein paar Strähnen ihrer dünnen braunen Haare aus der Aufsteckfrisur und fielen zerzaust auf ihre Schulter.
    »Herzlichen Dank, Frau Cronberg, dass Sie diesen Umweg in Kauf nahmen. Unser Phaeton wird heute von meinem Vater und die beiden Equipagen von meiner Mutter und meinen Schwestern benötigt. So hätte ich beinahe dem Treffen bei dem lieben Fräulein Pfister nicht beiwohnen können.«
    Lächelnd beruhigte Henriette die Dame mit den Worten, sie abzuholen sei eine Selbstverständlichkeit. Demy hingegen fragte sich, weshalb Adele kein motorisiertes Taxi rief, wenn sie nicht mit einem der öffentlichen Verkehrsmittel fahren wollte, die Demy inzwischen mit Begeisterung nutzte. Vor allem die Groschenbahn mit ihren ruckelnden Triebwagen und den blitzenden Oberleitungen hatte es ihr angetan. Zudem amüsierte sie, mit welcher Selbstverständlichkeit Fräulein Cronburg den Umweg, den sie den Kutscher zu fahren angewiesen hatte, als Banalität abtat, obwohl es sich doch um Meindorffs Gefährt und Angestellten handelte, über die sie da verfügte.
    Plötzlich riss Adeles schrille Stimme sie aus ihren Gedanken. »Sie sind also Demy van Campen, die Begleitung oder vielmehr Gesellschafterin der neuen Frau Meindorff? Ein heute eher rückläufiges Berufsbild einer jungen Dame. Herzlich willkommen in Berlin, Fräulein van Campen. Frau Cronberg kündigte uns ja bei unserem letzten Treffen Ihr Kommen für diese Woche an. Wir hörten allesamt erstaunt, dass sie als fast erwachsene Frau noch Frau Cronbergs Dienste in Anspruch nehmen.«
    Demy warf ihrer Erzieherin einen fragenden Seitenblick zu, doch diese schaute scheinbar desinteressiert aus dem Fenster auf die Häuserfronten, die der Wagen gerade passierte. Was mochte ihre Lehrerin noch über sie erzählt haben? War der heutige Ausflug nicht nur eine Übung, um ihre erlernten Fähigkeiten zu testen, sondern vielmehr ein Test, wie sie sich in einer schwierigen Gesprächssituation verhielt? Ihrer Natur entsprechend entschied Demy sich für den direkten Weg. Sie würde bei der Wahrheit bleiben und nicht versuchen, sich in ein gutes Licht zu rücken. Nur wegen ihres Alters musste sie weiterhin tricksen. Also erzählte sie der aufmerksam lauschenden Adele, dass ihre Schwester gern eine nahestehende Person im fremden Berlin um sich haben wollte, weshalb sie Tilla als Gesellschafterin begleitet hatte.
    Derweil rollte die Kutsche den Kurfürstendamm hinunter, vorbei an den prunkvollen Wohnpalästen mit ihren Giebeln, Türmchen und Säulen. Endlich hielt das Gefährt vor einer schmucken Jugendstilvilla.
    Ein Mädchen in schwarzem Kleid mit weißer Schürze und weißem Häubchen auf dem streng frisierten Haar öffnete ihnen die Tür, nahm ihnen die Mäntel ab und geleitete sie in einen mit edlen Möbeln und allerlei Kunstgegenständen vollgestopften Salon.
    Margarete Pfister, die eine pfirsichfarben schimmernde Rock aus Satin trug, dazu eine weiße Bluse mit dem üblichen hohen Spitzenkragen und einem farblich zum Rock passenden Figarojäckchen, erhob sich bei ihrem Eintreten.
    »Frau Cronberg, wie schön!« Die junge Frau mit den rotblonden Locken und dem Porzellanteint, die Demy bereits auf der Hochzeit von Tilla und Joseph aufgefallen war, schwebte auf die Gouvernante zu und drückte ihr beide Hände. Anschließend begrüßte sie Adele mit derselben Herzlichkeit,

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