Himmel ueber fremdem Land
denn …«
»Moment, Udako!« Philippe unterbrach sie barsch, was ein missbilligendes Zusammenziehen ihrer Augenbrauen zur Folge hatte.
Entschuldigend zog er die Schultern in die Höhe. »Ich wollte dich heute bitten, meine Frau zu werden und mit mir nach Kanada zu ziehen, und jetzt kommst du und …«
Auf Udakos Gesicht breitete sich ein strahlendes Lächeln aus, so hell wie die afrikanische Sonne, was Philippe erst recht aus dem Konzept brachte. Sie sah ja so aus, als freue sie sich über sein Geständnis!
»Damit erfüllst du eine meiner beiden Bedingungen ja bereits! Ich möchte den Schutz einer Ehe, damit unsere Liebe gut aufgehoben ist.« Udakos Stimme zitterte. Ihr Nama-Akzent war in diesem Augenblick so stark ausgeprägt, dass er Mühe hatte, sie zu verstehen, zumal sich einige Klick-und Schnalzlaute in ihre Worte schummelten.
Endlich löste sich seine Erstarrung und er trat dicht vor sie. Noch immer lag dieses wunderschöne Lächeln auf ihrem dunklen Gesicht, aber er nahm sie schweren Herzens noch nicht in die Arme, denn immerhin hatte sie von einer zweiten Bedingung gesprochen.
Auch sie kämpfte sichtlich mit ihren Gefühlen und wich etwas zurück, während sie nervös ihre Finger knetete. In Philippes Augen wirkte sie unendlich verletzlich. Dennoch wartete er ab, hoffte, war beinahe versucht, ebenfalls zu beten. Udakos zweiter Wunsch war vielleicht für ihn nicht so leicht erfüllbar wie ihr erster.
»Ich heirate dich, Philippe, sobald du mir sagst, dass du meinen neuen Glauben nicht nur akzeptierst, sondern ihn teilst.«
Eine Glocke klang von der Station über die Grasfläche, und Udako wandte den Kopf in die Richtung des Waisenhauses. Fast euphorisch öffnete Philippe den Mund, um ihr weitreichende Versprechungen hinsichtlich ihres Wunsches zu geben, doch sie hob Einhalt gebietend ihre Rechte.
»Mach dir bitte ernsthaft Gedanken darüber. Nimm dir am besten ein paar Wochen Zeit dafür!«
»Das brauche ich nicht.«
»Ich wünsche es mir aber«, erwiderte sie mit fester Stimme, drehte sich um und eilte in Richtung Station davon.
Nachdem er sie eingeholt hatte, ergriff Philippe sie am Handgelenk.
»Der christliche Glaube ist doch nichts Neues für mich, Udako.«
Sie unterbrach ihn sofort, entzog ihm sogar ihre Hand. »Das weiß ich, aber ich bin mir nicht sicher, wie tief er in deinem Herzen verankert ist. Darüber sollst du nachdenken.«
Erneut legte er ein paar Meter im Laufschritt zurück, damit er sich wieder an ihre Seite gesellen konnte. Es war offensichtlich, wie unumstößlich Udako ihren Standpunkt vertrat und das einforderte, was ihr Name bedeutete: Respekt.
»Ich muss gleich zu Gouverneur von Schuckmann und Oberstleutnant von Estorff. Sie sprachen von einem speziellen, längerfristigen Auftrag für mich. Ich werde mir die Zeit also nehmen.«
»Danke, Philippe.« Udako lächelte ihn schmerzhaft betörend an, huschte an seinem Pferd vorbei und verschwand im Inneren des Gebäudes.
Kapitel 18
Bogenfels, Elisabethbucht, Deutsch-Südwestafrika,
Mai 1908
Mit gewaltigem Donnern schlugen die Wellen des Atlantiks gegen die hoch aufragenden Kalkfelsen. Weiße Gischt spritzte auf und der Geruch von Tang und Salz erfüllte die Luft. Ein böiger Wind fegte über den Ozean, zerrte an der Kleidung von Philippe und seinem Begleiter und zwang sie, sich nah an den Felsen zu halten, um sich vor seiner wütenden Kraft zu schützen.
Der Brite hatte seinen Hut abgenommen und Philippe, ohnehin etwas nachlässig, was seine Schutztruppen-Uniform anbelangte, hatte die Kopfbedeckung von vornherein in seiner Unterkunft in Lüderitz gelassen. Vor zwei Tagen war er mit dem Zug von Windhuk über Aus und Keetmanshoop bis Lüderitz gereist, um seinen neuen Auftrag anzutreten 17 .
Philippe blickte auf den über fünfzig Meter hohen Bogenfelsen, das Schmuckstück der Elisabethbucht südlich von Lüderitz. Durch den in Gischt gehüllten Bogen hindurch sah er den wild schäumenden Ozean und wünschte sich Udako an seine Seite. Die einsame Bucht mit ihren bizarren Felsformationen, vor allem aber dieser wie von Menschenhand erschaffene Torbogen, hätte ihr sicher sehr gefallen. Andererseits – hier, nahe der Lüderitzbucht, waren während des Eingeborenenaufstandes zwischen 1904 und 1906 rund 2000 Orlam- und Namakrieger mit ihren Familien in Konzentrationslagern interniert gewesen, und wegen der miserablen Hygiene- und Witterungsverhältnisse hatte nur eine erschreckend geringe Anzahl von ihnen überlebt. Dass
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