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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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Lüderitzbucht und dem Oranjefluss seinen Einsatzort finden, hatte sich nicht bestätigt. Unruhen gab es viele Kilometer weiter, in Richtung Norden, wo die wie Pilze aus dem Boden schießenden Diamantgesellschaften schürften und die Schutztruppen für Ruhe und Sicherheit sorgen sollten. Und genau in diesem Gebiet, in der Nähe der Walvis Bay, einer winzigen britischen Enklave an der Küste von Deutsch-Südwestafrika, sollte John seine Fühler nach potenziellen Kunden für seinen Vater ausstrecken? Ebenso erstaunlich fand der Leutnant die Tatsache, dass nicht nur er und ein paar andere Zeitgenossen von einem nahenden Krieg sprachen, sondern auch John und sein Vater. Andererseits hatten die Howells allen Grund, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern aufmerksam und kritisch im Auge zu behalten, schließlich saßen sie in ihrer Wahlheimat Walvis Bay im deutsch kolonisierten Gebiet wie in einer Mausefalle.
    »Ich habe dich schon gesprächiger erlebt, deutscher Freund!«, spottete John. »Bist du hierher strafversetzt worden? Oder hat deine kleine Nama-Freundin dich sitzen lassen?«
    Die Erwähnung von Udako jagte erneut einen schmerzhaften Stich durch Philippes Herz. Er sprang von dem Felsen hinunter und landete auf einer von glitschigen Algen bedeckten Steinplatte. Nur mit heftigem Rudern beider Arme gelang es ihm, sein Gleichgewicht zu halten, was John wiederum zu lautem Gelächter verleitete.
    »Du fühlst dich in großen Höhen offensichtlich wohler als mit den Füßen auf dem Boden«, spottete er in Anspielung auf den Enthusiasmus, mit dem Philippe ihm auf dem langen Ritt von Lüderitz bis zum Bogenfels von seinen Flugversuchen erzählt hatte. »Was ist es also, Philippe? Was tust du hier?«, hakte er dann nach.
    »Man hat mich für einen speziellen Auftrag an die Küste beordert«, sagte er vage.
    Schweigend gingen sie weiter. Philippe nahm an, dass John mehr über seine Aufgabe erfahren wollte, doch er war im Moment nicht zu ausführlicheren Gesprächen aufgelegt. Sein Auftrag war unklar formuliert, da nur wenige Anhaltspunkte bekannt waren und der Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika kein Aufsehen um die Sicherheitslücken in seinem Zuständigkeitsgebiet wollte.
    »Gut, ich verstehe. Keine Informationen an den Engländer, was deinen militärischen Auftrag betrifft. Dann erzähl mir doch einfach von der Hochzeit deines Bruders oder noch mehr über das Fliegen oder Neuigkeiten von Udako.« Erwartungsvoll sah John ihn an.
    »Wie wäre es, wenn du mir stattdessen berichtest, was du in den vergangenen drei Monaten getrieben hast?«
    »Auf diesen Satz habe ich gewartet!«, rief John überschwänglich aus und setzte zu einem ausführlichen Bericht über Mary Stott an, einer jungen Britin, die mit ihren Eltern und einem jüngeren Bruder erst vor ein paar Wochen in die Walvis Bay übergesiedelt war.

Kapitel 19
    Windhuk, Deutsch-Südwestafrika,
Mai 1908
    Da war sie! Karl Roth nahm den Blick von den spitz zulaufenden typisch deutschen Hausdächern, die in dieser Gegend wohl niemals große Mengen Schnee würden abrutschen lassen müssen und deshalb völlig fehl am Platz wirkten, und richtete seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf Udako.
    Dabei lehnte er sich mit dem Rücken gegen eine der schlanken Holzsäulen, auf denen das Vordach des Kolonialwarenhandels ruhte, und beobachtete, wie das dunkelhäutige Mädchen die staubige nicht befestigte Straße entlangschritt. Ihr langer gerade geschnittener Rock aus hellbraunem Leinen schwang um ihre Beine, und ein Gürtel aus dunklem Leder hob ihre schmale Taille hervor. Die helle Bluse mit den langen Ärmeln, die in winzigen Rüschen um ihre feingliedrigen Handgelenke endeten, umspielte ihren schlanken Oberkörper und die üppige Brust.
    Einen Augenblick lang stellte Karl sich seine weißen Hände auf ihrer dunklen Haut vor, doch da allein dieser Gedanke seinen Körper heftig reagieren ließ, schüttelte er ihn gewaltsam von sich ab und beobachtete, wie Udako das unscheinbare Gebäude neben der Baustelle betrat, auf der eine Kirche 20 errichtet wurde.
    Nachdem Gouverneur Friedrich von Lindequist 1907 von Bruno von Schuckmann abgelöst worden war, hatte es nicht lange gedauert, bis das Mädchen ihr Arbeitsverhältnis im Gouvernements-Haus aufgab und hinaus auf die Missionsstation zog. Sie hatte, für Karl nicht nachvollziehbar, ihre begehrte Dienstmädchenstellung in einem großen, wunderschön erbauten Kolonialhaus für eine schlechter entlohnte Beschäftigung bei ein paar

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