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Himmel und Hölle: Neun Erzählungen (German Edition)

Himmel und Hölle: Neun Erzählungen (German Edition)

Titel: Himmel und Hölle: Neun Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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was in unserer Macht steht.«
    Grant sagte, das sei ihm klar.
    »Das Problem ist, wie Sie sicher wissen, dass wir Bettlägerige nicht auf längere Zeit im Erdgeschoss pflegen. Wir tun es vorübergehend, wenn jemand unpässlich ist, aber wenn die Patienten zu schwach werden, um sich frei bewegen zu können und für sich verantwortlich zu sein, müssen wir in Erwägung ziehen, sie nach oben zu verlegen.«
    Er sagte, seines Wissens sei Fiona nicht oft im Bett geblieben und noch nicht bettlägerig.
    »Nein. Aber wenn sie nicht bei Kräften bleibt, wird sie es. Im Moment ist sie ein Grenzfall.«
    Er sagte, er habe gedacht, der erste Stock sei für geistig völlig Verwirrte.
    »Das auch«, sagte sie.
     
    Ihm war von Aubreys Frau nichts weiter in Erinnerung geblieben als der karierte Hosenanzug, in dem er sie auf dem Parkplatz gesehen hatte. Die Schöße der Jacke waren aufgeklappt, als sie sich über den Kofferraum des Autos gebeugt hatte. Ein breites Hinterteil war für ihn zu sehen gewesen, darüber die Andeutung einer schlanken Taille.
    Heute trug sie nicht den Hosenanzug. Sondern eine braune Hose mit breitem Gürtel und einen rosa Pullover. Mit der Taille hatte er Recht gehabt – der enge Gürtel zeigte, dass sie sie gern betonte. Das hätte sie vielleicht lieber nicht tun sollen, da sich über und unter dem Gürtel beträchtliche Wülste wölbten.
    Sie mochte zehn oder zwölf Jahre jünger als ihr Mann sein. Ihre Haare waren kurz, lockig und rot gefärbt. Sie hatte blaue Augen – ein helleres Blau als das von Fionas Augen, ein stumpfes Blass- oder Türkisblau –, verengt von einem etwas aufgequollenen Gesicht. Und zahlreiche Runzeln, hervorgehoben von einem nussbraunen Make-up. Oder vielleicht war das ihre Florida-Bräune.
    Er sagte, er wisse nicht recht, wie er sich vorstellen solle.
    »Ich habe Ihren Mann öfter in Wiesensee gesehen. Ich bin dort selbst ein regelmäßiger Besucher.«
    »Ja«, sagte Aubreys Frau mit einer aggressiven Kinnbewegung.
    »Wie geht es Ihrem Mann?«
    »Gut«, sagte sie.
    »Meine Frau und er haben sich recht eng angefreundet.«
    »Davon habe ich gehört.«
    »Deshalb wollte ich etwas mit Ihnen besprechen, wenn Sie kurz Zeit haben.«
    »Mein Mann hat nicht versucht, etwas mit Ihrer Frau anzufangen, wenn Sie darauf hinauswollen«, sagte sie. »Er hat sie in keiner Weise belästigt. Dazu ist er gar nicht in der Lage, und er würde das sowieso nicht tun. Nach allem, was ich gehört habe, war es andersrum.«
    Grant sagte: »Nein. Darum geht es gar nicht. Ich bin nicht hergekommen, um mich über irgendetwas zu beschweren.«
    »So?«, sagte sie. »Na, tut mir leid. Ich dachte schon.«
    Das war alles, was sie zu ihrer Entschuldigung zu sagen hatte. Und sie hörte sich nicht an, als täte es ihr wirklich leid. Sie klang enttäuscht und ratlos.
    »Aber treten Sie doch näher«, sagte sie. »Es kommt kalt zur Tür rein. Draußen ist es heute nicht so warm, wie’s aussieht.«
    Und so war es für ihn schon so etwas wie ein Sieg, überhaupt hineinzugelangen. Er hatte nicht geahnt, dass es so schwer sein würde. Er hatte eine völlig andere Ehefrau erwartet. Ein aufgeregtes Hausmütterchen, erfreut über einen unerwarteten Besuch und geschmeichelt von einem vertrauensvollen Tonfall.
    Sie führte ihn am Durchgang zum Wohnzimmer vorbei und sagte: »Wir müssen uns in die Küche setzen, wo ich Aubrey hören kann.« Grant erhaschte einen Blick auf zwei Schichten Wohnzimmergardinen, beide blau, die eine aus hauchdünnem, die andere aus seidigem Stoff, auf ein Sofa in passendem Blau, auf einen abschreckend bleichen Teppichboden, auf diverse blinkende Spiegel und anderen Zierrat.
    Fiona hatte ein Wort für diese Art von gerafften Gardinen – sie benutzte es wie ein Witzwort, obwohl die Frauen, denen sie es abgelauscht hatte, es ernsthaft benutzten. Jedes Zimmer, das Fiona einrichtete, war kahl und hell – sie wäre erstaunt gewesen, so viel überflüssige Gegenstände auf so kleinem Raum versammelt zu sehen. Ihm fiel nicht mehr ein, wie das Wort lautete.
    Aus einem Zimmer, das von der Küche abging – eine Art Veranda, obwohl die Rouleaus gegen die Helligkeit des Nachmittags heruntergezogen waren –, hörte er die Geräusches eines Fernsehers.
    Aubrey. Die Antwort auf Fionas inständiges Flehen saß nur wenige Meter entfernt und sah sich etwas an, das sich nach einem Baseballspiel anhörte. Seine Frau schaute zu ihm hinein. Sie sagte: »Hast du alles?«, und schloss die Tür bis auf einen

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