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Himmelsfelsen (Krimi-Edition)

Himmelsfelsen (Krimi-Edition)

Titel: Himmelsfelsen (Krimi-Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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ein vornehmes Foyer verborgen hatte, lehnte ein kräftiger Mann und rauchte eine Zigarette.
    Im einstigen Ballsaal, dessen Decken reichlich mit Stuck verziert waren und an dessen Wänden noch die Reste einer roten Textiltapete hingen, saßen sieben junge Frauen, die sich sommerlich gekleidet hatten: T-Shirts oder Blusen, allesamt trugen sie kurze, ausgefranste Jeans. Ihre Stühle hatten sie im Halbkreis gruppiert, in dessen Mitte ein muskulöser Mann saß, dessen kurzärmeliges T-Shirt bärenstarke Oberarme freigab. Die jungen Damen wussten von ihm nur, dass er Boris gerufen wurde. Er sprach Litauisch, wie sie, und machte ihnen wieder einmal klar, dass sie zu absolutem Gehorsam verpflichtet seien. Ansonsten bekämen sie keinen Lohn und müssten damit rechnen, dass auch ihre Angehörigen in der Heimat bestraft würden. Eine der Frauen unterbrach den Redefluss des Mannes und sagte etwas, was dieser offenbar als Beleidigung oder Provokation auffasste. Er begann auf Litauisch zu schreien, sprang auf und war mit ein paar Schritten vor dem Stuhl der Frau, die instinktiv versuchte, ihren Kopf mit den Armen zu verbergen. Doch Boris war schneller: Er verpasste ihr eine schallende Ohrfeige auf die linke Wange. Die Frau schrie, begann zu heulen und legte schluchzend die Arme um ihren Kopf. Die anderen Frauen wagten kaum noch zu atmen. Sie verzogen keine Miene, blickten regungslos auf den Mann. Boris sagte wieder etwas mit energischem Tonfall und schaute in die Runde, als suche er ein neues Opfer. Er ging dabei an den ängstlich aufrecht sitzenden Frauen entlang. Sie hatten ihre Beine artig nach vorne gestellt, die Knie abgewinkelt, genau so, wie Boris es ihnen auch in der Disco befohlen hatte. Die Hände seitlich neben die Schenkel gelegt. Boris pflegte militärischen Drill anzuwenden. Keine Widerrede, absoluter Gehorsam, drastische Strafen.
    Er hasste es, wenn die Frauen ungeordnet vor ihm saßen oder gar durcheinander redeten. Sein scharfer Tonfall war auch aus den weiteren Worten zu hören, mit denen er die auffallend hellblonden Frauen aufforderte, jetzt in ihre Zimmer zu gehen und sich an diesem Abend nicht mehr herauszuwagen. Er machte ihnen zum wiederholten Male klar, dass es keinen Sinn machen würde, zu fliehen. Ihre Pässe hatte er eingezogen und die Strafen wären furchtbar. Sowohl für sie selbst, als auch für die Familien daheim in Litauen. Gerade, als die völlig verängstigten Frauen wie auf Kommando aufstanden, betrat eine ebenfalls junge Dame den Raum. Sie trug eine lange, knallenge schwarze Jeans und ein ebenso enges T-Shirt und ging energisch auf Boris zu: »Bist du verrückt geworden? Ich hab’ gesagt, nicht ins Gesicht schlagen. Das sieht doch jeder, du Idiot.«
    Er blieb provokativ stehen, während die anderen Frauen zögernd den Raum verließen. »Hat gesagt, wolle heim«, erklärte Boris in gebrochenem Deutsch.
    »Das mag ja sein. Ist ja okay, wenn du für Zucht und Ordnung sorgst, aber dann verhau’ ihr den Arsch, das sieht man nicht gleich«, wetterte die Blondine, die sich im ›High-Noon‹ als ›Mädchen für alles‹ bezeichnete. »Hier, nimm’ das hier«, zischte die schlanke junge Frau und zog ihren schmalen Ledergürtel aus dem Hosenbund, »damit kannst du dir sogar noch besser Respekt verschaffen.« Sie reichte Boris den Gürtel, der ihn zur Hälfte zusammenlegte und ihn wie eine Peitsche zu schwingen begann. »Gut«, stellte er fest, »ganz gut. Komm’ mit, fesseln.«
    Sie gingen beide auf den Korridor, an den mehrere Fremdenzimmer grenzten, in welchen die Frauen schweigend verschwunden waren. Jeder von ihnen war ein Raum zugewiesen worden, den die Männer nur spärlich eingerichtet hatten: Als Liegestatt diente entweder ein alter Liegestuhl oder eine modrige Matratze. Um sicherzustellen, dass die Frauen gleich gar nicht auf einen Fluchtgedanken kommen würden, wurden ihnen abends, wenn keine Kundschaft angekündigt war, mit kurzen Ketten die Füße gefesselt. Auf diese Weise konnten sie sich nur in kleinen Schritten vorwärts bewegen, zwar nachts die Toilette erreichen, aber keinesfalls davon rennen.
    Vor den Fenstern waren die hölzernen Fensterläden geschlossen. Die Frauen hatten sich wortlos auf ihre Liegestühle oder Matratzen gelegt und warteten darauf, von Boris Helferin die Fußketten angelegt zu bekommen. Die junge Frau, die der Litauer mit »Susann« ansprach, hatte die metallenen Vorrichtungen in einer Plastiktüte herbeigeholt. Susann drückte die engen Schließen ziemlich

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