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Himmelsfelsen (Krimi-Edition)

Himmelsfelsen (Krimi-Edition)

Titel: Himmelsfelsen (Krimi-Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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abgestreift und die Schuhe ausgezogen, als er sich zur Ruhe begab. Jetzt, drei Stunden später, stand er auf und ging noch schlaftrunken zum Fenster, durch das die Sonne schien. Das Mobiliar, die Vorhänge, das gesamte Ambiente, es verbreitete noch immer den Charme voriger Jahrhunderte. Die Familie versuchte, diese Tradition zu pflegen. Die vier Kinder, allesamt inzwischen erwachsen, wollten nur teilweise in die historischen Fußstapfen treten. Die beiden Mädchen waren standesgemäß verheiratet. Schließlich reichten die Beziehungen in die Adelshäuser ganz Europas. Ein Sohn, längst mit einer Adeligen aus Frankreich verheiratet, war inzwischen auch schon mehrfacher Vater. Er war als Gutsverwalter eingesetzt. Nicht nur die Wälder rings um Geislingen, sondern auch Immobilien und Flurstücke in anderen Teilen des Landes und sogar im Ausland gehörten dazu. Niemand wusste so genau, ob die gräfliche Familie unter der Last dieser Besitztümer litt oder ob die zur Schau getragene Sparsamkeit nur dazu angetan war, von den wahren Verhältnissen abzulenken. Der Alt-Graf jedenfalls machte sich einen Spaß daraus, bei Aldi einzukaufen und die Plastiktüte mit dieser Firmenaufschrift nach Hause zu tragen.
    Er war ohnehin ein Original, intelligent, humorvoll, erfahren, dazu die Höflichkeit in Person, wohl stets auch darauf bedacht, standesgemäß aufzutreten. Er liebte es, mit ›Herr Graf‹ angeredet zu werden. Und alle, die es wussten, taten ihm den Gefallen.
    Mit seinen 75 Jahren war er ungewöhnlich fit. Jetzt, da er sich nicht mehr um den Betrieb zu kümmern brauchte, konnte er sich ganz der Jägerei widmen.
    Die vornehme Zurückhaltung hatte es ihm an diesem Vormittag für geboten erscheinen lassen, sich nicht unter das neugierige Volk zu mischen. Während er am Fenster stand und sich von der Sonne wärmen ließ, ging hinter ihm die zweiflüglige schwere Tür auf. Sein Sohn Friedrich kam herein, mit hellgrüner Hose und kurzärmeligem grünen Hemd bekleidet. Ein Mann, der sich zwar einerseits auch noch mit der Tradition der Familie verbunden fühlte, der aber aufgrund seiner kaufmännischen und forstwirtschaftlichen Ausbildung sehr wohl wusste, dass mit einer ruhmreichen Vergangenheit heutzutage keine Geschäfte mehr zu machen waren.
    »Entschuldige, Vater«, sagte er und kam an das große Fenster heran, an dem der Alt-Graf den Vorhang inzwischen zur Seite gezogen hatte.
    »Wir sollten vielleicht nochmals die Finanzierung der ›Stone-Creek-Farm‹ durchgehen, da wäre ich dir sehr dankbar.«
    Der Alte drehte sich um. Die ›Stone-Creek-Farm‹ in Kanada war sein Lieblingsthema. Ein traumhaftes Anwesen vor der Kulisse der Rocky Mountains. Schon immer war es sein Wunsch gewesen, dort eine Farm zu besitzen. Natürlich nicht selbst zu bewirtschaften, aber Farmer zu sein, hinauszublicken auf die weite Ebene, bis hin zu den Bergen. Und nicht so eingeengt zu sein, wie im Eybacher Tal.
    »Wir waren uns doch einig …«, warf der Alte ein.
    »Schon, aber ich würde das gerne mit dir durchgehen, weil das Finanzierungsmodell noch gewisse Risiken birgt.«
    »Gut, das können wir gleich erledigen«, meinte der Senior-Graf und schritt durch den Raum, in dem der hölzerne Boden knackte. Noch vor der Tür hielt er inne: »Sag’ mal, Friedrich, was war denn das heut’ Morgen da draußen für ein Spektakel?«
    »Du hast das gar nicht mitbekommen?«
    »Doch, wie ich von Stötten zurückgekommen bin, war da draußen ein riesiger Menschenauflauf. Außerdem hab’ ich’s droben schon gehört. Das hat mir mein ganzes Wild verscheucht.«
    »Es ist jemand vom Himmelsfelsen gefallen.«
    Der Graf schien für einen kurzen Moment zu erstarren. »Wie? Heut’ früh schon?«
    »Ja, offenbar ein Jogger, hat’s im Radio geheißen.« Der Sohn hielt kurz inne, um dann hinzuzufügen: »Den hättest du eigentlich da oben sehen müssen.«
    Der Graf ging einen Schritt weiter zur Tür. »Du hast Recht, eigentlich schon«, er überlegte, »aber von meinem heutigen Sitz aus war der Wanderweg kaum einzusehen.«
    »Und gehört hast du auch nichts?«
    »Geräusche hat’s da immer. Nur einmal hat da irgend so ein Idiot kurz gebrüllt, das muss aber von unten gekommen sein, es hat seltsam zu mir hochgehallt.«
    Friedrich blickte seinem Vater ins Gesicht: »Mein Gott, das war der Mann, das war sein Todesschrei, den du gehört hast. Der Schrei muss erbärmlich gewesen sein, sagt auch die Frau Hofer.« Der Jung-Graf meinte damit die Sekretärin in seinem

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