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Himmelsfelsen (Krimi-Edition)

Himmelsfelsen (Krimi-Edition)

Titel: Himmelsfelsen (Krimi-Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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Gerade an der Albkante, wo sich die Flüsse tief eingegraben haben, gibt es reizvolle Ecken«, schwärmte Häberle, holte tief Luft und genoss diesen würzigen Duft aus Blüten und Humus.
    Sie kamen an mehreren Holzstapeln vorbei, an einer kleinen Tannenschonung und an einigen Baumriesen, die der Orkan »Lothar« an Weihnachten 1999 wie Streichhölzer geknickt hatte.
    Nach etwa 300 Metern traf der Pfad auf jenen, der parallel zur Hangkante verlief, ein beliebter Wanderweg, der den Himmelsfelsen über Eybach mit dem Anwandfelsen über Geislingen verband. Wanderer und Jogger nutzten ihn täglich. Sie keuchten am Geislinger Stadtrand zum Anwandfelsen hoch, trabten auf der Hochfläche bis zum Himmelsfelsen und stiegen dort ins Tal hinab, um dann zum Ausgangspunkt zurückzukehren. So dürfte dies auch der Verunglückte vorgehabt haben, dachte Häberle. Schlagartig fiel ihm ein, dass dann ja das Auto des Mannes irgendwo am Ausgangspunkt dieser Joggingstrecke stehen müsste.
    Der Pfad, der nun auf einen breiten Holzabfuhrweg traf, führte durch einen hohen Tannenbestand. Es wurde kühler, es roch nach Holz und Harz.
    Während sie nebeneinander durch den Wald gingen, erläuterte Häberle seinem jungen Kollegen, wie die Spurensuche in freier Landschaft vonstatten ginge, würde es sich tatsächlich um ein Verbrechen handeln. Schließlich zeichnete sich vor ihnen, durch die Bäume hindurch, das Hochplateau des Himmelsfelsens ab. Es lag vielleicht zehn Meter höher, als der Bergrücken dahinter. Ein schmaler Trampelpfad führte zu ihm empor.
    Häberle dozierte weiter: »Egal, wo nun unser Jogger hergekommen ist, ob da vorne von Eybach herauf, oder auf unserem Weg, er muss hier zum Felsen hochgestiegen sein.«
    »Eigentlich doch verwunderlich«, meinte Linkohr, »wenn er joggen will, wieso macht er dann den Abstecher da hoch, nur, um die Aussicht zu genießen?«
    »Sehen Sie, das ist die Frage, die auch ich mir stelle. Kann aber doch sein, dass er hier eine Verschnaufpause eingelegt hat, um gleichzeitig den grandiosen Ausblick zu genießen.«
    Sie kletterten hintereinander die mit Bäumen und Hecken bewachsene Böschung zum Plateau hinauf. Oben angekommen, drehte sich Häberle zu seinem jungen Kollegen um: »Ich hoffe, Sie sind schwindelfrei.«
    Er selbst blieb zurück und setzte sich auf eine Bank.
    »Klar doch, Chef.« Linkohr staunte, als ihn plötzlich die luftige Höhe umgab, »da haut’s dir’s Blech weg«, sagte er, bei ihm ein Zeichen höchster Verwunderung. Die Sonne, gegenüber steil am Südhimmel stehend, knallte den beiden Männern ins Gesicht. Häberle lehnte sich zurück und blickte auf den Boden: »Jetzt schauen wir uns hier oben mal ganz genau um. Hier war unser Jogger, hier hat es nur drei Möglichkeiten gegeben: Entweder er wollte seinem Leben selbst ein Ende bereiten oder er ist ausgerutscht, also verunglückt, oder, und dann wäre es ein Fall für uns, es hat jemand nachgeholfen.«
    »Nachhelfen geht hier ja einfach«, stellte Linkohr fest, als er bis knapp zur Felsenkante vortrat, die hier oben schätzungsweise 15 Meter breit und leicht nach außen geschwungen war.
    »Und, wie?« Häberle wollte die Phantasie seines jungen Kollegen beflügeln.
    »Nun ja, man steht hier, genießt die Aussicht und von hinten schleicht sich einer an und stößt dich runter …« Linkohr war von diesem Aussichtspunkt fasziniert. Drunten in dem engen Talkessel, etwa 160 Meter tiefer, lag das verträumte Örtchen Eybach, in dem nichts mehr auf das morgendliche Spektakel hindeutete. Die breite Ortsdurchfahrt führte zwischen dem Gasthaus »Ochsen« und dem historischen Schloss vorbei, das Linkohr jedoch von seinem Standort aus nur teilweise überblicken konnte. Und weiter vorbeugen wollte er sich nicht. Er spürte Unbehagen, als er sich vorstellte, dass hier erst vor wenigen Stunden ein Mensch in die Tiefe gestürzt war. Jetzt umkreisten Raben und Turmfalken den Felsen.
    »Sie meinen also, wenn Verbrechen, dann ein Schubs von hinten …?«, setzte Häberle den Dialog fort und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Er beobachtete seinen jungen Kollegen, der von der Aussicht angetan schien, dann aber die Felsenkante nach etwaigen Spuren absuchte.
    »Andererseits würde man es doch hören, wenn plötzlich jemand neben einen tritt …«,fuhr Linkohr schließlich nachdenklich fort.
    Häberle antwortete nur zögernd und kniff die Augen zusammen, um seinem Kollegen im Gegenlicht ins Gesicht sehen zu können.

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