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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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des Frostengels. Sie hatte ihm geholfen, sich in einer Zukunft zurechtzufinden, in der er nie zu leben erwartet hatte, und jetzt half Axford ihr auf dieselbe Weise. Dieses Wissen hatte etwas Tröstliches. Ganz gleich, wie schwierig diese Reise sein mochte, jemand anderer hatte sie bereits hinter sich gebracht.
    Doch die Gedanken an Takahashi erinnerten sie wieder an das Ende von Janus und an die Menschen, die es nicht lebend überstanden hatten. Sie wusste, dass sie versucht hatte, jemanden zu retten, doch je genauer sie sich auf die Bilder konzentrierte, desto mehr schienen sie sich ihr zu entziehen.
    Sie verspürte nur noch eine unermessliche Traurigkeit.
    »Aber wenn es gar nicht Svetlana war, die ich holen wollte …« Bella verstummte und blickte in Axfords ernstes und freundliches Gesicht. »Wer war es dann?«
    »Darüber werden wir irgendwann in Ruhe reden«, sagte er leise und wandte sich vom Fenster ab.

 
Epilog
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    Chromis wurde gebeten, während der Abstimmung nach draußen zu gehen. Nachdem sie ihr Anliegen im Kongressgebäude vorgebracht hatte, war die Dämmerung angebrochen. Obwohl die Sonne immer noch die höchste Spitze des Gebäudes beschien und die Eiskappe in ein grelles Gold tauchte, gingen über den schattigen Fußwegen und Übergängen tief unten bereits die Lichter an. Die warme Brise auf dem Balkon war eine sorgfältig gehütete Fiktion. Es war, als würde der Wind von der tropischen Landschaft zweiundzwanzig Kilometer tiefer heraufwehen und den feinen Duft von Gewürzen aus den Fischerdörfern am Ufer des großen Sees herantragen. In Wirklichkeit jedoch war der Balkon durch eine unsichtbare Hülle aus Femtotechnik vor den atmosphärischen Verhältnissen abgeschirmt. Gleichzeitig schützte der Schild vor nahezu allen denkbaren Attentaten. Es hatte zwar seit dreieinhalbtausend Jahren im Kongress des Lindblad-Rings keinen Mordanschlag mehr gegeben, aber dort draußen trieben sich immer noch radikale Elemente herum. Man musste nur die guten Bürger von Hemlock fragen, wie es war, nachdem die Vögte geschickt worden waren, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Chromis fragte sich, wie drinnen die Abstimmung ablaufen mochte. Im Großen und Ganzen hatte sie das Gefühl, dass ihre Ansprache in etwa so gut aufgenommen worden war, wie sie zu hoffen gewagt hatte. Sie war nicht von ihrem Manuskript abgewichen, sie war nicht ins Stocken geraten oder aus dem Rhythmus gekommen. Rotfeder hatte genau im richtigen Moment auf das Stichwort reagiert und seine Rolle mit Überzeugung gespielt. Niemand hatte versucht, sie mit einem anderen, ähnlich überschwänglichen Vorschlag zu übertrumpfen, und keiner ihrer üblichen Feinde hatte Kritik geäußert, während sie sich im Raum aufgehalten hatte. Zweifellos waren sie durch eine gewisse Ehrfurcht zurückgehalten worden. Eine Kritik an Chromis hätte so verstanden werden können, dass man die Wohltäterin des Gedenkens nicht für würdig hielt. Darauf hatte Chromis gebaut, aber sie war dennoch erleichtert.
    Andererseits hatte sie auch keine Ovationen erhalten. Noch während sie den Raum verlassen hatte, war die kollektive Stimmung der Delegierten für sie undurchschaubar gewesen. Der Mangel an Fragen oder Widerspruch konnte genauso gut ein Zeichen für gelangweilte Gleichgültigkeit sein. Chromis hoffte, dass es nicht so war. Sie hatte vieles berücksichtigt, aber ihr war nie der Gedanke gekommen, dass der Vorschlag auf den harten Felsen der moderaten Apathie zerschellen mochte.
    Nicht zum ersten Mal seit Beginn ihrer Reise nach Neu-Florenz spürte sie die stille Anwesenheit der Wohltäterin, als würde Bella Lind schweigend neben ihr auf dem Balkon stehen, genauso gespannt auf den Ausgang der Abstimmung wartend wie Chromis. Sie vermutete, dass es unmöglich war, sich so intensiv mit einer bestimmten Person zu beschäftigen, ohne dass sie schließlich einen gewissen Grad von Wirklichkeit annahm. Und sie bezweifelte, dass jemand in den Jahrhunderten der Vorbereitungen länger und intensiver als sie über Bella Lind nachgedacht hatte. Einst war die Wohltäterin eine ferne, schemenhafte historische Gestalt gewesen, doch nun war sie eine greifbare Persönlichkeit geworden, von der Chromis den Eindruck hatte, ihr schon bei vielen Gelegenheiten begegnet zu sein. Je stärker dieses Gefühl der Substanzhaftigkeit wurde, desto mehr schwor sie sich, den Geist nicht zu enttäuschen, dem ihre Einbildungskraft Gestalt verliehen hatte.
    Über ihr wurden die

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