Himmlische Juwelen
sie zurück.
»Ich ruf die beiden an und melde mich dann noch mal bei dir«, sagte
er.
Als sie ihr Handy zuklappte, bemerkte Roseanna: »Das klang nicht
sehr freundlich.«
»Dottor Moretti ist nur mein Arbeitgeber.«
»Ich dachte, das sind die Cousins.«
»Nun, er arbeitet für sie, und sie haben ihn gebeten, meine Arbeit
zu beaufsichtigen, also ist er in gewissem Sinn mein Arbeitgeber.«
[287] Roseanna wollte etwas sagen, hielt inne und setzte noch einmal
an: »Da bin ich mir nicht so sicher, ob er das ist.«
»Nicht sicher, wer was ist?«, fragte Caterina.
»Dass er dein Arbeitgeber ist oder was er im Schilde führt«, sagte
Roseanna.
»Was könnte er denn sonst für Interessen verfolgen?«
Roseanna zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Aber ich habe sie im
Flur vor meinem Büro reden hören, an dem Tag, als die Truhen gebracht wurden.«
»Alle drei?«
»Wie meinst du?«
»Hast du die drei miteinander reden hören?«
»Nein, nur die Cousins.«
»Und worüber haben sie geredet?«
»Sie wollten unbedingt hier sein, die Cousins, wenn die Truhen
kamen. Nach dem, was ich oben mitbekommen habe, hatte er sie bereits überredet,
einen Wissenschaftler anzuheuern.«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil das ihr Vorwand war, um dabei zu sein, wenn die Truhen
geliefert wurden. Sie sagten, sie wollten sehen, ob oben genug Platz zum
Arbeiten ist.« Roseanna schnaubte wütend. »Als ob die sich einen Deut darum
scheren würden oder überhaupt wüssten, wie viel Platz ein Mensch zum Arbeiten
braucht. Oder was ein Wissenschaftler ist.« Nachdem sie ihrer Verärgerung über
die Cousins Luft gemacht hatte, fuhr Roseanna ruhiger fort: »Auf jeden Fall war
das ihr Vorwand, um anwesend zu sein. Aber ich glaube nicht eine Sekunde daran.«
»Was denkst du denn, warum sie gekommen sind?«
[288] »Um die Truhen zu sehen, sie anzufassen, wie einen Fetisch, oder
wie man jeden Tag in der Zeitung nach den Aktienkursen sieht.«
Caterina konnte ihre Ungeduld nicht mehr zügeln. »Was hast du
gehört? Was haben sie gesagt?«
Roseanna senkte den Kopf und presste die Lippen aufeinander, als
schäme sie sich für ihre Weitschweifigkeit. »Sie wollten gerade aufbrechen,
alle drei, aber Dottor Moretti bekam die Tür zum Treppenhaus nicht gleich zu,
und während er damit beschäftigt war, gingen die beiden vor, an meinem Büro
vorbei.« Sie zögerte, aber Caterina drängte sie nicht.
»Stievani sagte, er könne Moretti nicht leiden, oder so etwas, und
der andere sagte, einen Anwalt wie Moretti bekäme man nicht alle Tage, sie könnten
sich glücklich schätzen, dass man ihnen den gestellt habe.«
»Was soll das heißen?«
Achselzucken-Lächeln. »Ich weiß es nicht. Ich bin mir nicht mal
sicher, ob sie das wirklich genau so gesagt haben. Das kam so im Vorbeigehen,
und ich habe nicht direkt gelauscht.«
Für Caterina war sonnenklar: Wenn jemand – aber wer? – bereit war,
einen Anwalt wie Moretti für die Cousins zu engagieren, würden diese niemals
nein sagen. Leute wie diese beiden würden Selbstmord begehen, wenn sie dafür
das Gratisangebot eines Bestatters nutzen könnten.
Ihr Handy klingelte. Dottor Moretti. Er habe mit beiden Cousins
gesprochen, in einer Stunde seien sie da. Sie dankte, legte auf und erstattete
Roseanna Bericht.
»Zeit für einen Kaffee, würde ich sagen«, erklärte Roseanna.
[289] »Ich schließe hier alles ab«, sagte Caterina, deutete auf den
Tresor und dachte an jenes Mal, als sie vergessen hatte, die Papiere
wegzuschließen und die Tür abzusperren.
»Va a remengo, questo«, wünschte Roseanna
die Truhen samt den Papieren zum Teufel. Sie gingen einen Kaffee trinken, und
anschließend warteten sie in Roseannas Büro auf das Eintreffen der drei Männer.
Es dauerte etwas über eine Stunde. Zu Caterinas Überraschung
kamen die drei zusammen: Sie hatte erwartet, einer der Cousins, oder der eine
und der andere, würde versuchen, dem anderen zuvorzukommen, und schon einmal
hinaufgehen wollen. Dottor Moretti musste auch mit so etwas gerechnet haben und
hatte die Cousins schon vorher abgepasst; vielleicht hatte er ihnen auch noch
gar nicht gesagt, warum er sie sehen wollte, und nur eine dringende Besprechung
vorgetäuscht. Mittlerweile, stellte sie fest, war ihr das gleichgültig.
Stievani wirkte angespannt, Scapinelli unbehaglich wie jemand, der
schlechte Neuigkeiten erfahren hat und auf noch schlimmere gefasst ist;
vielleicht hatte ihn ja sein Sohn angerufen. Dottor Moretti sah aus wie immer,
bis
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