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Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Titel: Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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überreden wollte, sich mit den verschwundenen Weinlieferungen zu beschäftigen. Stattdessen im Medici-Buch gelesen – er war jetzt bei Lorenzo il Magnifico angelangt. Dieser hatte gerade ein Attentat überlebt, dem allerdings sein Bruder Giuliano zum Opfer fiel. Irgendwie steckte der Papst hinter dieser Verschwörung der Pazzi. Da war jedenfalls was geboten. Sollte einer sagen, in der Renaissance hätte sich alles nur um die schönen Künste gedreht, um Michelangelo oder Botticelli. Abends würde er vor dem Haus einige Tomaten ernten, diese klein schneiden, zusammen mit gehacktem Knoblauch und Zwiebeln in Olivenöl andünsten und mit dem Hackfleisch aus dem Kühlschrank zu einem Ragù für die Pici* verarbeiten, von denen er im Hängeschrank neben dem Herd größere Vorräte hortete. Dazu aus dem Weinkeller eine Flasche Chianti*, vielleicht von Fonterutoli*, oder einen Montesodi von Frescobaldi*. Das Leben war zu kurz, um schlechten Wein zu trinken. Oder einen Classico von Antinori*? Im Nachdenken über diese einzige noch anstehende Entscheidung des Tages war er eingeschlummert.

    Von einer schrillen Melodie aufgeschreckt, suchte Hipp erst nach seiner Brille, die er im Gras neben dem Liegestuhl fand, dann nach dem Telefonino – er musste dringend einen neuen Signalton programmieren, dieser war ja unerträglich. Dass er das Handy schließlich in einer Astgabel des Olivenbaums entdeckte, überraschte ihn deshalb, weil er sich nicht erinnern konnte, es dort hingelegt zu haben. Oder machte er das schon seit Tagen so?
    »Talhammer, jetzt reicht’s«, meldete er sich. »Kann ich nicht einmal in Ruhe ein Nickerchen …«
    »Who the hell is Talhammer«, unterbrach ihn eine erregte Stimme, die er trotz seines Halbschlafs Roberto Valentino zuordnen konnte, einem alten Bekannten, der im kalifornischen Napa Valley ein großes Weingut besaß. »Il tuo pisolino adesso non mi interessa affatto«, wechselte Roberto mitten im Satz aus dem Englischen ins Italienische.
    »Scusa, ist ja gut, Roberto, entschuldige, ich hab einen anderen Anrufer erwartet. Was veranlasst …«
    »Wo hältst du dich gerade auf?«, wurde er erneut unterbrochen, was Hipp überraschte, denn Roberto Valentino, der fast siebzig Jahre alt war, zeichnete sich normalerweise durch eine große Ruhe und Gelassenheit aus.
    »In der Toskana«, antwortete Hipp.
    »Allora, du musst mir helfen. Fahr sofort nach Turin, nimm ein Flugzeug, wie auch immer, nur schnell. Es ist etwas Fürchterliches passiert.«
    Hipp hörte, wie Roberto einige Male tief durchatmete. Dabei fiel ihm ein, dass Roberto erst vor kurzem am Herzen operiert worden war. Die Aufregung war sicherlich nicht gut für ihn.
    »Ich habe gerade einen Anruf aus dem Ospedale Le Molinette in Turin bekommen. Man hat dort Sabrina eingeliefert, schon gestern. Sie liegt auf der Intensivstation im Traumacenter, sie hatte einen schweren Verkehrsunfall.«
    »Sabrina, deine Tochter?«, fragte Hipp.
    »Natürlich meine Tochter, wer denn sonst? Du hast sie Anfang des Jahres bei mir kennen gelernt. Du musst sofort ins Krankenhaus, mit den Ärzten sprechen, schauen, wie es ihr geht.«
    »Aber warum schickst du nicht ihren Onkel …«
    »Luca Pertini? Ich habe schon mit ihm gesprochen, er ist zu nichts zu gebrauchen, der arme Mann. Er hat mein ganzes Mitgefühl.«
    »Dein Mitgefühl?«
    »Ja, denn mit Sabrina saß Eva-Maria im Unglücksauto, seine Tochter, du weißt schon. Sie ist bei dem Unfall ums Leben gekommen.«
    »O mein Gott!«
    »Torino, Le Molinette, Traumacenter, Reparto 3b. Bitte fahr sofort hin und ruf mich von dort an. Bitte!«
    »Ich mach mich gleich auf den Weg«, versprach Hipp, ohne lange zu überlegen.
    »Grazie. Mille, mille grazie. Das werde ich dir nie vergessen. Ich gebe im Krankenhaus Bescheid, dass du ein enger Freund der Familie bist.«
    »Was etwas übertrieben ist«, sagte Hipp.
    »Keine Widerrede, spätestens jetzt bist du es, un amico di famiglia. Und jetzt: Go ahead, avanti!«
    »Ciao, Roberto, du wirst sehen, es wird alles gut.«
    »Für Eva-Maria nicht mehr, aber hoffentlich für Sabrina.«
    Die Verbindung wurde unterbrochen. Hipp legte bedächtig das Handy auf das Buch über die Medici, sah den Olivenbaum an, als ob er von ihm einen Kommentar erwarten würde – und ließ sich erschöpft zurück in den Liegestuhl sinken. Dieses Telefonat, das ihn so abrupt aus seinem Schlummer gerissen hatte, musste er erst mal verarbeiten. Sabrina? Da hatte sich Roberto getäuscht, er hatte seine Tochter

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