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Grippe

Grippe

Titel: Grippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wayne Simmons.original
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Prolog

    Finaghy, Nordirland
    17. Juni

    Die Frau plärrte ihm direkt ins Gesicht.
    Sie war eine von vielen, die ihn bedrängten, doch verstehen konnte er sie nicht – keine von ihnen, was an dem Zeug auf seinem Kopf lag. Sergeant George Kelly hörte nur dumpfes Geblubber, leise und rasch verklingend wie unter Wasser.
    Allein sehen konnte er, dass sie etwas von sich gab, und zwar nicht eben entspannt. Er wusste, dass sie fluchte.
    Das entnahm er der Art und Weise, wie sie die Lippen bewegte und damit Worte formte, die nur bedeutungsschwer sein konnten, wobei sie die Zähne zeigte. Sie redete nicht normal, sondern grollte vielmehr oder lachte vielleicht sogar. Jedenfalls deutete sie dies mit jedem Wort, das wie ein ›Fuck‹ aussah, zumindest an.
    Es spielte aber so oder so keine Rolle, klar. Sie alle mochten sich das Maul wundreden, solange George nichts außer seinem eigenen, regelmäßigen Atem hörte, während saubere Luft abwechselnd verdichtet, geräuschvoll durch Plastikschläuche in seine Gesichtsmaske und schließlich die Lunge gepumpt wurde, stetig und zuverlässig.
    Rein. Desinfiziert.
    Als ihm jemand die Hand auf die Schulter legte, sah er durch das Visier am Rande seines Gesichtsfeldes Constable Norman Coulter. Auch er trug ein Atemgerät und kämpfte sich durch die verwirrte wie aufgebrachte Menge. Norman lächelte, als hätte er gerade einen Heidenspaß, ließ sich wie im Getümmel irgendeines Jahrmarkts treiben. George wusste jedoch, dass dies nur seine Art war, und vielleicht trank der Kerl wieder mal im Dienst oder ließ sich das Blut von weiß der Teufel welchen Substanzen beschleunigen. George war es egal, zumindest im Moment. Er konnte dem armen Bastard nicht verübeln, dass er sich ein wenig entspannen wollte, wie auch immer er es anstellte. Eigentlich wünschte er sich, selbst den Schneid zu haben, sich einen hinter die Binde zu kippen.
    So wateten die beiden gemeinsam durch ein stumm wütendes Menschenmeer. Die Rufe, der Widerstand war genauso unverständlich wie die wetternde Frau. Die Masse rollte wie Murmeln in einer Blechdose hin und her. Man kam sich vor wie auf einem Schiff, und die Leute waren vor Emotion schäumende Wellen, die aneinanderklatschten. Dementsprechend seekrank kam sich George vor, derweil sie ihn unaufhörlich anrempelten.
    Über den Parkplatz erreichten sie die nahegelegenen Wohnsilos. Zum fünften Mal schon hielten sie sich in diesem Block in Finaghy auf, wobei sie insgesamt dreizehnmal zu einem solchen Einsatz abberufen worden waren. George hatte mitgezählt, was er mittlerweile bereute, weil die Dreizehn ihm seit jeher querging. Nicht, dass er besonders abergläubisch gewesen wäre, doch wenn es um Zahlen und Codes ging, wurde er schnell unsicher. Mathematik hasste er, weil er den Kram nicht verstand, und was man nicht begriff, fürchtete man eben – hieß es zumindest.
    Die Meute wurde übermütig, zusehends aggressiver. George aber blieb konzentriert, drängte sich zielstrebig durch den konfusen, verärgerten Mob. Die giftige Dame wollte irgendwie nicht von ihm abrücken, obwohl der Ansturm heftig war. Sie keifte weiter und formte F-Worte. Keine Ahnung, wie sie es schaffte, mit ihm Schritt zu halten, doch hätte sie diese Show vor Norman abgezogen, wäre er nicht so locker geblieben wie er. George wollte keine Gewalt anwenden, solange er es vermeiden konnte. Er erlebte das alles nicht zum ersten Mal. Nicht mehr lange, und etwas Garstiges würde passieren, Ausschreitungen oder ein Kollaps, Ordnungs- und Kontrollverlust. Umso behutsamer mussten sie vorgehen, zumal sich die Menschen fürchteten und nicht wussten, woran sie waren. Ein falscher Schritt, und sie konnten wie ein Kübel Feuerwerkskörper hochgehen.
    Auf dem Weg die Treppen hinauf kreischte die Frau weiter. Ob sie eine Verwandte des ›Patienten‹ war oder zumindest eine Bekannte der Familie? Wie er sie so betrachtete, hielt er sie eher für eine von vielen Zimtzicken, die sich anschickte, seine Geduld auf die Probe zu stellen. Eine weitere Unruhestifterin, die dieses Drama ausnutzte, um ihrem allgemeinen Groll gegen die Polizei Luft zu verschaffen. Diesen Schlag Mensch kannte er. Was konnte jemanden so verbittern und zu einer derart eindimensionalen Denkweise verleiten? Diese Mentalität war ihm ganz und gar unbegreiflich. Hatte sie kein Verständnis für den Druck, dem er und die anderen Beamten tagtäglich ausgesetzt waren? Immerzu tanzten sie zuallererst an, wenn irgendwo etwas Unappetitliches

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