historical 176 - Meer der Sehnsucht.doc
Schlimmeres vorstellen, als zu einer Unterhaltung mit Edwina Cannon gezwungen zu werden. Aber nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich damit gerechnet, dass sie dermaßen taktlos sein kann."
„Es ist ja nichts passiert", versicherte Riordan. „Sie hat ja weiter kein Unheil angerichtet.
Und was immer sie dir erzählt haben mag, entspricht höchstwahrscheinlich der Wahrheit.
Meine Familie fand das Leben, für das ich mich entschieden hatte, peinlich und entwürdigend. Jegliche Schuld und Verantwortung liegt ausschließlich bei mir." Er wandte sich ab und stellte seinen Becher zurück auf das Tischchen, bevor er Ambrosia wieder ansah.
„Bitte, richte Mistress Coffey aus, dass ich heute nicht zum Abendessen erscheinen werde."
„Wohin gehst du?" Sie konnte den leeren, hoffnungslosen Ausdruck in seinen Augen kaum ertragen. Und sie hasste sich in diesem Moment dafür, dass sie mit ihrer Gedankenlosigkeit durchaus zu Riordans Niedergeschlagenheit beigetragen hatte.
„Ich glaube, ich werde einen langen Spaziergang machen. Vielleicht gehe ich hinunter ins Dorf und leiste meinen Leuten Gesellschaft. Es gibt immer genug, was ich mit ihnen reden und besprechen kann."
Ohne ein weiteres Wort ging Riordan hinaus. Wenig später hörte sie, wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde.
Nun blickte sie nachdenklich in die Flammen und wunderte sich, dass ihr kleiner Triumph so bitter schmeckte. Sie versuchte sich einzureden, dass sie einfach nur zu weichherzig war, um jemandem Kummer zu bereiten, selbst wenn es unbeabsichtigt geschah.
Doch ganz tief im Innern verspürte sie die unbestimmte Furcht, ihre Gefühle könnten viel tiefer reichen. Fing sie etwa an, sich über Gebühr um Riordan Spencer zu sorgen? Sie hoffte inständig, dass dies nicht der Fall war. Denn wenn er an diesem Punkt eine Schwäche bei ihr entdecken würde, könnte er diese gegen sie nutzen.
Er hatte schließlich keinerlei Hehl aus der Tatsache gemacht, dass er ihren Plan für völlig verrückt und unausführbar hielt. Wenn er bereits mit ein paar schmeichelhaften Worten und einigen heimlichen Küssen diesen Aufruhr in ihr verursachen konnte, mochte sie sich gar nicht erst vorstellen, wozu er sonst noch fähig war. Ein Mann mit seinem Ruf hätte gewiss keinerlei Skrupel, ihre Schwäche für ihn schamlos für seine Zwecke auszunutzen.
Schließlich würde das am Ende bedeuten, dass er das Kommando über die Undaunted bekäme und niemand mehr das Recht hätte, ihm in seine Angelegenheiten hineinzureden oder seine Entscheidungen anzuzweifeln.
Ambrosia hob stolz das Kinn. Nun, Captain Spencer würde sich noch wundern, wozu sie alles in der Lage war, um das Wirken ihres Vaters und Bruders fortzusetzen.
7. KAPITEL
Bei gutem Wetter gingen die Arbeiten an der Undaunted zügig voran, und die Tage vergingen wie im Flug. Für Riordan und seine Männer bedeutete der wolkenlose blaue Himmel über der Küste vo n Cornwall, dass sie beim ersten Tageslicht beginnen und bis in den späten Abend hinein ohne Unterbrechung arbeiten konnten.
Innerhalb weniger Tage waren sämtliche verbrannten oder angekohlten Holzteile durch frische, kräftige Balken ersetzt worden. Aus dem Laderaum im Bug war das Wasser herausge-pumpt worden, und einige Männer wurden damit beauftragt, die Risse im Holz mit heißem Pech zu versiegeln. Die zerrissenen Segel waren geflickt worden und lagen nun zum Trocknen und Bleichen in der Sonne ausgebreitet, während der Mast und die Takelage auf Beschädigungen hin überprüft wurden.
Newton kletterte behände wie ein junger Mann am Mast her-- unter. Er hatte alles überprüft und grinste nun fröhlich. „Sie ist so gut wie neu, Captain", berichtete er Riordan.
„Ja, ich glaube, du hast Recht, Newt. Es sieht so aus, als könnten wir unbesorgt wieder mit ihr in See stechen", entgegnete dieser.
Der alte Seebär kniff zum Schutz gegen die Strahlen der untergehenden Sonne die Augen etwas zusammen und beobachtete, wie soeben die Sea Challenge vorbeisegelte. „Die Undaunted ist nicht die Einzige, die bereit ist", sagte er. „Die Mädchen sind ebenfalls so weit."
Riordan bedachte ihn mit einem abschätzenden Blick. „Das meinst du nicht ernst, alter Mann."
„O doch", versetzte Newton bestimmt. „Ich meine durchaus, was ich sage. Die drei haben ihre Kenntnisse und Fähigkeiten unermüdlich geübt und verbessert. Sie sind jetzt mindestens so gut wie jeder Matrose, den ich kenne."
„Vielleicht stimmt das bezüglich der
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