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Historical Band 298

Historical Band 298

Titel: Historical Band 298 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blythe Gifford Terri Brisbin
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nie war sie einem Mann so nah gewesen. Ganz bestimmt keinem aus dem Grenzland.
    Viele Fragen brannten ihr auf der Zunge. Man hatte ihr erzählt, dass die Menschen aus dem Norden halbe Tiere waren. Er sah aber nicht viel anders aus als andere Männer.
    „Erzählt mir von der Gegend, aus der Ihr kommt“, bat sie schließlich. Jetzt hatte sie Gelegenheit, ihn zu fragen.
    Er antwortete nicht sofort.
    „Überall Berge“, sagte er endlich. „Ich wette, du hast noch nie ein Gebirge gesehen.“
    Sie schüttelte den Kopf. Dann fiel ihr ein, dass er sie ja nicht sehen konnte. „Nein.“
    „Nun, es gibt Schluchten, Wildbäche und Felsenhöhen – alles, was ein Mensch sich auf Erden wünschen kann.“
    Das hörte sich nicht nach dem düsteren und kalten Teufelsland an, das sie erwartet hätte. „Es gefällt Euch also?“
    „Die Erde spricht zu mir.“
    „Das hört sich poetisch an.“ Sie biss sich auf die Lippen. Hoffentlich empfand er ihre Worte nicht als Beleidigung. Aber er nickte nur.
    „Das Land ist ein einziges Gedicht.“ Er schien sich seiner Worte nicht zu schämen. So einen schönen Vergleich hätte sie von einem Hinterwäldler nicht erwartet. Trotzdem – Gott hatte dem Menschen die Herrschaft über die Erde gegeben, damit er Kontrolle über deren beängstigende Macht ausübte. Nur ein Wilder würde sich für ein Leben in der Wildnis entscheiden.
    Der Mann vor ihr bewegte die Schultern, als wollte er einen Gedanken verscheuchen. „Aber es ist nicht länger meine Heimat. Und wo liegt die deine, Junge?“
    Sie kaute auf der Lippe herum und dachte nach.
    Die Wahrheit zuerst. Danach die Lüge. „Ich stamme aus Essex, aber ich habe in der Nähe von Bedford gelebt. Bei meinem Onkel.“ So viel konnte sie ihm ruhig erzählen. Er würde die Gegend nicht kennen. „Nachdem meine Eltern gestorben sind.“
    Eine Familie zu haben, konnte sich als unbequem erweisen. Also machte sie sich ohne Gewissenbisse zur Waise und war innerlich auf Mitleidsbezeugungen gefasst. Sie konnte mit aufrichtigen Gefühlen darauf reagieren, denn schließlich war ihr Vater wirklich tot.
    Aber anstelle von Ausdrücken seines lebhaften Mitgefühls hörte sie nur ein Gemurmel, das „Tut mir leid“ bedeuten konnte.
    Wieder herrschte Schweigen. Wie es schien, hatten Männer viel weniger zu erzählen als Frauen.
    „Ich gehe nach Cambridge, um die Gesetze zu studieren, damit ich später dem König dienen kann“, verkündete sie schließlich. Das würde ihn sicher beeindrucken. Er selbst konnte wahrscheinlich noch nicht einmal lesen.
    „Ach, wirklich?“ Er hörte sich nicht sehr beeindruckt an. „Und wo wurdest du bis jetzt unterrichtet?“ Er fragte, als würde er sich im Schulwesen auskennen.
    Zu spät erkannte sie, dass sie sich mit ihrer Prahlerei in Gefahr gebracht hatte. „Och, zu Hause. Vom Priester.“ Die Schule war nur für Jungen da.
    „Und wie alt bist du?“ In seinem Ton klang noch etwas anderes mit als nur sein nordischer Akzent. „Fünfzehn? Viel älter kannst du nicht sein. Du bist noch nicht im Stimmbruch.“
    Sie schluckte und war froh, dass ihre Stimme von Natur aus für eine Frau ziemlich tief war. Um für einen Jungen gehalten zu werden, war sie bereit, auf ein paar Jahre zu verzichten. „Nach Maria Lichtmess werde ich fünfzehn.“ Bis dahin war es noch ein halbes Jahr.
    „Und du bist zum ersten Mal an einer Universität.“
    „Ja“, antwortete sie, und merkte dann erst, dass es nicht als Frage gemeint war.
    „Wie gut ist dein Latein?“ Jetzt brachte er sie aber wirklich in Bedrängnis.
    „Es geht.“
    „Ubi ius incertum, ibi ius nullum“ , zitierte er ohne den geringsten Akzent.
    Es war irgendeine Beleidigung des Gesetzes, so viel glaubte sie zu erkennen.
    „Varus et mutabile semper femina“ , antwortete sie zögernd. Eine Beleidigung der Frauen machte sich immer gut als Erwiderung.
    „ Varius , nicht varus . Die Frau ist ein launisches und unbeständiges Wesen. Und kein krummbeiniges.“
    Ihre Wangen brannten. Der Mann war nicht der Einfaltspinsel vom Land, für den sie ihn gehalten hatte. „Ich kann das Lateinische besser lesen als sprechen.“
    „Das hoffe ich. Und du willst ein Rechtsgelehrter werden?“ In seiner Stimme schwangen Belustigung und Abscheu mit.
    Sie seufzte. „Eigentlich wollte ich nur fort von zu Hause.“
    Wieder ein Lachen. Sie fing an, den Klang zu mögen. „Da wirst du in guter Gesellschaft sein. Manchmal denke ich, mehr Studenten kommen aus diesem Grund an die

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