HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
er die Freiheit gebracht.“
Eurice wirkte nicht im Geringsten beruhigt. „Ich fürchte, so einfach wird es nicht sein, Kind. Nach einem Krieg liegt niemandem etwas am Wohl der Besiegten.“
Wieder schüttelte Alayna heftig den Kopf, wobei sich einige widerspenstige dunkle Strähnen aus ihrem Haarknoten lösten. „Wir sind nicht die Besiegten. Ich wurde zu dieser unseligen Vermählung gezwungen, der Gott in seiner Gnade nun ein Ende bereitet hat. Ich gehöre nicht nach Gastonbury. Sobald ich Mutter eine Nachricht zukommen lassen kann, wird sie mir eine Leibgarde schicken, die mich nach Hause bringen wird.“
„Du bist zu voreilig, Kind“, entgegnete Eurice. „Schließlich warst du Edgars Braut, und sein Todfeind wird nicht über diese Tatsache hinwegsehen.“
„Das war ich nicht!“, widersprach Alayna. „Ich bin immer noch Jungfrau und noch nicht einmal eine richtige Witwe, da ich nie wirklich Edgars Gemahlin gewesen bin.“ In der Ferne war das gedämpfte Geräusch donnernder Hufe zu hören, die sich zu nähern schienen. Die siegreichen Truppen würden bald im Schloss sein. „Und bei Gott, ich werde nach Hause gehen“, schwor sie.
Die Tore waren geöffnet worden, um den Eroberern Eintritt zu gewähren. Trotz ihrer mutigen Worte umklammerte Alayna Eurices Arm, während ihr Herz aufgeregt pochte. Langsam kamen die fremden Soldaten in Sichtweite und hoben sich als dunkle Silhouetten vor dem Himmel ab. Der Anführer ritt an der Spitze, flankiert von seinen Rittern, denen die Fußsoldaten folgten. Die Männer strömten in den Burghof und näherten sich bedrohlich den zurückweichenden Schlossbewohnern Als der letzte der Soldaten das Tor passiert hatte, gab der Eroberer seinem Hengst die Sporen und ritt ein Stück vor, bis er allein in der Mitte des Hofes stand.
„Er sieht aus wie der Teufel!“, zischte jemand hinter Alayna.
In der Tat konnten das dunkle Äußere und die grimmige Miene dieses Mannes einen glauben machen, er sei ein Dämon. Sein langes schwarzes Haar fiel ungebändigt über seinen Rücken, und seine schwarzen Augen glühten wie Kohlen, während er verächtlich auf seine neuen Untertanen herabblickte. Ein kurzgeschnittener Bart betonte sein kantiges Gesicht, die gerade Nase und hohen Wangenknochen. Auf seiner linken Wange hob sich eine gezackte Narbe hell gegen die sonnengebräunte Haut ab. Dennoch wirkte dieser Makel nicht entstellend, sondern verstärkte nur noch sein verwegenes Aussehen, das auf seltsame Weise anziehend wirkte. Er war groß und breitschultrig, und seine muskulöse Statur zeugte von jahrelanger Übung in der Kriegskunst.
Alaynas Magen krampfte sich zusammen, während sie diesen Mann betrachtete. Sogar der stärkste Gegner musste vor seinem arroganten, machtvollen Wesen, das keinen Widerspruch zu dulden schien, erzittern! Auch wenn er nicht an der Spitze seiner Truppen geritten wäre, hätte ihn seine stolze Haltung deutlich als den Anführer ausgewiesen.
„Ich bin Lucien de Montregnier“, verkündete er unvermittelt.
Der Name verursachte sichtliches Entsetzen unter den Schlossbewohnern. Alayna hörte einige von ihnen erschrocken nach Luft schnappen, während andere leise miteinander tuschelten.
„Lord Edgar ist tot“, fuhr der Fremde fort. „Seine Niederlage gibt mir das Recht, dieses Schloss und die umliegenden Ländereien in Besitz zu nehmen.“ Es klang wie eine simple Feststellung, ohne jegliche Gefühlsregung. „Als Sieger dieser Fehde erkläre ich, dass ich von nun an euer neuer Lord sein werde – zumindest bis König Henry einen Repräsentanten schickt, der diese Tatsache auch vor dem Gesetz für gültig erklärt.“
Alayna bemerkte, wie sein Blick über die Anwesenden schweifte und plötzlich auf ihr verharrte. Irgendetwas in diesen dunklen Augen zog sie magisch an und hielt sie gefangen. Sie fürchtete diesen Mann, aber auf eine andere Art als Edgar. Ihr toter Gemahl war brutal und grausam gewesen, was sie während ihrer kurzen gemeinsamen Zeit schmerzhaft erfahren hatte. Dennoch lag etwas weit Gefährlicheres im Blick dieses Ritters, und sie konnte sich einfach nicht abwenden.
„Ich werde verlangen, dass mir jeder Einzelne von euch den Treueeid leistet. Diejenigen, die nicht dazu bereit sind, werden eingekerkert, bis der Vertreter des Königs hier eintrifft. Falls mir dieses Anwesen zugesprochen wird, werdet ihr eine weitere Möglichkeit bekommen, euch zu entscheiden. Wenn ihr einem anderen Lord dienen wollt, werden eure Ländereien einem meiner
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