HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
gar nicht bedacht. Falls Alayna irgendetwas geschah, würde er sich selbst niemals vergeben können. Es war seine Schuld, dass er nicht von Anfang an dafür gesorgt hatte, dass Glenna Alayna nicht schaden konnte.
Sie entschieden, die Gegend in kleinen Gruppen abzusuchen. Agravar und Perry ritten mit einigen Männern in das Dorf, um die Hütten und den dahinter liegenden Wald zu durchforsten. Lucien und Will übernahmen den Weg aus dem hinteren Tor. Erst durchkämmten sie die Waldwege ober- und unterhalb des Schlosses, dann suchten sie am Fluss.
„Wir werden uns trennen“, befahl Lucien. „Du reitest nach Süden. Folge der Straße, bis du nach Deaston Manor gelangst. Sie könnte dort Unterschlupf gesucht haben. Falls nicht, komm zurück und folge mir.“
„Ihr wollt also nach Norden reiten?“, fragte Will.
„Aye“, erwiderte Lucien mit entschlossener Miene. „Garrick könnte an Alaynas Verschwinden beteiligt gewesen sein. Ich reite nach Thalsbury.“
Die Straße, auf der Alayna reiste, war nichts weiter als ein schmaler Pfad, der sich am Fuße einer gewaltigen Felsklippe entlangschlängelte. Auf der anderen Seite erstreckte sich der Fluss, der durch die heftigen Regenfälle der letzten Wochen Hochwasser führte. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er über die Ufer treten und auch die schlecht befestigte Straße überschwemmen würde. Alayna fluchte leise. Einen Augenblick lang dachte sie darüber nach, zum Schloss zurückzukehren, verwarf die Idee jedoch wieder. Sicher würde sie eine Öffnung in der Klippe finden, durch die sie Schutz in dem dahinterliegenden Wald suchen konnte.
Der Regen wurde immer stärker, und bald war sie durchnässt bis auf die Haut. Die nasse Wolle ihres Mantels lastete schwer auf ihren Schultern, während sie immer öfter auf dem matschigen Boden stolperte. Langsam begann das Wasser zu steigen, bis es die Straße erreicht hatte und Alaynas Knöchel umspülte.
Erschöpft fragte sie sich, wie weit sie bereits gekommen war. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie sich schon hier draußen befand. Es war dunkel, doch daran konnten auch die schweren Gewitterwolken schuld sein, die tief am Himmel hingen. Bald würde sie am Ende ihrer Kräfte sein, und allmählich überkam sie eine schreckliche Angst. Verzweifelt wurde sie sich bewusst, dass sie es nicht schaffen würde.
Sehnsüchtig dachte sie an Lucien, während ihre Wut immer mehr ihrer Furcht wich. Wenn er nur käme, würde sie ihn gerne auf den Knien um Verzeihung anflehen.
Als ob ihr Gebet erhört worden wäre, tauchte plötzlich eine dunkle Gestalt aus dem Regen auf. Es war ein einzelner Reiter auf einem schwarzen Hengst, der aus Richtung Gastonbury kam. Es musste Lucien sein! Endlich war er hier, und wie verärgert er auch sein mochte, er würde sie in Sicherheit bringen. Erleichtert begann sie zu weinen.
Der Reiter schwang sich aus dem Sattel und deutete auf einige Felsbrocken, die zu einer kleinen Spalte in der Klippe führten. Mit letzter Kraft erklomm Alayna die glitschigen Steine. Luciens Pferd versuchte schnaubend, dem steilen Pfad zu folgen, doch schließlich musste er es an der Straße zurücklassen.
Er folgte ihr durch die Felsöffnung in den Wald hinein, wo sie schließlich in Sicherheit waren. Alayna fiel auf, dass Lucien ungewöhnlich lange schwieg. Zweifellos würde seine Wut gleich wie ein Donnerwetter über sie hereinbrechen. Verstohlen warf sie ihm einen Blick zu. Er sah sie nicht an, und seine Kapuze war noch immer tief in sein Gesicht gezogen, obwohl kaum ein Regentropfen den dichten Blätterbaldachin des Waldes durchdrang.
Plötzlich fiel ihr ein, dass Lucien noch niemals einen Mantel mit Kapuze getragen hatte. Ein schrecklicher Verdacht stieg in ihr auf. „Lucien?“
Der Mann blieb stehen, dann hob er die Hand und enthüllte seinen Kopf. Ein Fremder stand vor ihr. Seine Augen waren klein, sein Blick war böse, und ein grausamer Zug umspielte seinen Mund. Alayna schrie auf und wich erschrocken vor ihm zurück.
„Es wäre klug von Euch, auch weiterhin so fügsam zu sein. Ihr könnt mich unmöglich überwältigen, geschweige denn mir entkommen. Ich kenne diese Wälder zu gut.“
Alayna überlegte, ob sie einfach wegrennen sollte, doch er hatte recht. Er würde sie mühelos einholen. Selbst wenn sie vor ihm floh, wohin hätte sie sich flüchten können? Sie wusste nicht einmal, wo sie sich befand.
„Ich kenne eine Jagdhütte in der Nähe. Wir werden dort Unterschlupf suchen, bis der Sturm
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