Historical Exclusiv Band 44
meine Gemahlin. Ich erwarte keine Bezahlung. Ich will nur, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird.“
„Gerechtigkeit?“ Sie schnaubte. „Wenn Ihr diesen Fall gewinnt, dann wäre das das erste Mal, dass ich so etwas sehe. Ich habe für mich und meine Kinder einen Weg gefunden, ohne die Hilfe des Gesetzes.“ Sie nahm Solays Hand und drückte sie, während Solay sie ein wenig unbeholfen umarmte. „Und trotzdem nannte der König meine Tochter die seine.“
Der Stolz, von dem er immer vermutet hatte, sie hätte ihn von ihrem königlichen Vater geerbt, schien stattdessen ein Geschenk – oder ein Fluch – einer Mutter zu sein, die stolz darauf war, sich aus bescheidenen Anfängen bis zu einem Platz neben dem Thron hochgearbeitet zu haben.
Doch er durfte sich nicht von Gefühlen leiten lassen. „Das hilft uns nicht. Der Erfolg der Klage hängt davon ab, ob Weston ihr Vater war. War er das?“
Die Frau lächelte. „Dem Parlament zufolge war er es. Unter dieser Vorgabe kann ein Anwalt mit Euren Fähigkeiten das zweifellos beweisen.“
Sie hatte ihm die spöttische Antwort zugeworfen wie einen Fehdehandschuh. Diese Frau hatte die Richter zweifellos dazu bringen können, ihre Meinung zu überdenken. Das rechtliche Argument stimmte, aber sie hatte seine Frage nicht beantwortet.
Solay und ihre Mutter standen nebeneinander in einer schäbigen Halle auf dem Land, die Köpfe gleichermaßen stolz erhoben, und erwarteten seine Entscheidung.
Lady Alys, müde und resigniert, schien auf seine Ablehnung vorbereitet zu sein. Das würde einmal mehr beweisen, dass das Leben sie ungerecht behandelte und dass sie für immer allein kämpfen musste.
Doch in Solays Augen las er Hoffnung, die Bitte, die sie nicht äußern und die er nicht ablehnen konnte. Ob sie nun wie Mann und Frau lebten oder nicht, er wollte nicht, dass sie alt wurde wie die verbitterte Frau neben ihr.
„Ich werde den Fall übernehmen.“
Seine Frau atmete aus und schloss die Augen wie zu einem stummen Gebet. „Habt Dank.“
Ihre Mutter kniff die Augen zusammen und blickte von einem zum anderen. „Nun gut. Fangen wir an.“
21. KAPITEL
L ady Alys vergeudete keine Zeit, sondern zeigte ihm einen Stapel Papiere, in denen es um den Besitz und die Geldangelegenheiten ging. Lange nach Sonnenuntergang führte ihn Solay die Treppen hinauf zu den Schlafkammern. Obwohl er gähnte, erregten ihn ihre schwingenden Hüften, und einen Moment lang bedauerte er, dass sie getrennt schlafen würden.
„Meine Kammer geht in Richtung Sonnenaufgang“, sagte Solay und öffnete die Tür. „Ich hoffe, das gefällt Euch.“
An der Schwelle blieb er stehen, zögerte, in ihre Welt einzutreten. „Ich sagte Euch, wir würden nicht …“
„Pst.“ Sie legte einen Finger an die Lippen und zog ihn hinein, wobei sie in beide Richtungen blickte, ehe sie die Tür schloss. „Dies ist nicht Windsor Castle, wo Ihr kommen und gehen könnt, wie Ihr wollt, ohne dass es bemerkt wird. Mutter muss nicht wissen, dass wir nicht wie Mann und Frau leben.“
Ganz auf das Amtsenthebungsverfahren konzentriert, auf seine Zweifel an Lady Alys und auf Solay, hatte er nicht begriffen, was geschehen würde, wenn er sie nach Hause begleitete. Tatsächlich hatte sie ihn bereits so sehr verwirrt, dass er das Offensichtliche nicht mehr sah. „Also“, protestierte er schwach, „beginnen wir wieder mit einer Lüge.“
Aber die Lüge lag darin, so zu tun, als begehrte er sie nicht. Er stand wie angewurzelt und verlangte nach ihr. Hatte er vor, sein Leben wie ein Mönch zu führen? Er war mit dieser Frau verheiratet. Warum hatte er sich geweigert, bei ihr zu liegen? Es fiel ihm schwer, sich an den Grund zu erinnern.
Mit dem Rücken zur Tür versperrte sie ihm den Ausgang und hob den Kopf. Ihre Unterlippe zitterte. „Ich habe Euren Bedingungen zugestimmt. Bitte achtet auch meine. Ich möchte unsere Lage nicht vor meiner Familie offenbaren.“
Er nickte stumm. Wenn er ihr in die Augen sah und ihre ehrliche Bitte darin las, konnte er nicht widerstehen. Wie beim ersten Mal sprach irgendetwas ihn an. Wortlos. Unwiderstehlich.
Sie lächelte, und ihr ganzer Körper schien sich zu entspannen, als sie die Tür losließ. „Danke.“
Während er über den Papieren gesessen hatte, hatte ein Diener seine Truhe auf die linke Seite des Kamins in der Kammer gestellt. Eine Schale mit getrockneten Blüten stand darauf, und Solay zerrieb einige zwischen den Fingern, sodass sich der Duft von Rosen ausbreitete.
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