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Historical Exclusiv Band 44

Historical Exclusiv Band 44

Titel: Historical Exclusiv Band 44 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blythe Gifford , Ana Seymour
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PROLOG
    3. September 1666
    E in merkwürdiges Jahr – diese Meinung vertraten alle Londoner, egal ob sie in der Nähe der Parks in Vauxhall oder in den geschäftigen, übel riechenden Straßen von Southwark lebten. Die Stadt war staubtrocken. Drückende Schwüle lastete über ihr, und nichts deutete darauf hin, dass sie sich auflösen würde.
    Hinter hohen, feuchtkalten Steinmauern fühlte Sarah Fairfax, wie der wollene Stoff ihres Kleides, der klamm auf der Haut klebte, an den Oberarmen kratzte. Sie blickte zum wiederholten Male auf die Schüssel Wasser, die auf dem einzigen Tisch im Raum stand. Es wäre ein himmlisches Vergnügen, das schwere Kleid auszuziehen und sich etwas abzukühlen.
    Eine Bewegung an dem kleinen, vergitterten Fenster in der Tür erregte ihre Aufmerksamkeit. Bei der spärlichen Beleuchtung konnte sie gerade noch die Umrisse des Wärters erkennen. Er kam immer öfter vorbei. Sein lüsterner Blick und sein heimtückisches Lachen verfolgten sie schon in ihren Träumen. Er tauchte zwischen den anderen Gesichtern auf, die sie im Schlaf verfolgten.
    „Ihr braucht nur ein Wort zu sagen, Mistress, und ich werde Euch frisches Wasser bringen“, forderte er sie in einschmeichelndem Tonfall auf, während er das Gesicht an die Eisenstangen drückte. „Das kostet Euch nichts. Eine Dame, wie Ihr es seid, ist doch an ihr Bad gewöhnt.“
    Eine Narbe ließ sein linkes Auge tückisch und klein erscheinen. Der wollüstige Blick, der seine Worte begleitete, verursachte Sarah Übelkeit. „Nein danke“, erwiderte sie ruhig. Sie wandte sich von ihm ab und stellte sich an das kleine Fenster in der dicken Mauer, das nur wenig Licht hereinließ. Für wie viele Tage schon? Wochen? Sarah hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
    Anfangs hatte sie Kerzen, Decken, Schreibutensilien gefordert. Die Wärter erfüllten der schönen neuen Gefangenen nur zu gern alle Wünsche. Doch Sarah erkannte bald, dass der Preis für diese Großzügigkeit schmutzige Anträge und widerwärtige Berührungen waren. Schließlich verlangte sie nach nichts mehr.
    Sie fühlte, dass der Wärter sie anstarrte. Ungeachtet der Hitze lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Als man sie vor Wochen im Tower gefangen gesetzt hatte, war sie trotzig und verärgert gewesen. Doch die endlos scheinenden Tage in der kleinen Zelle hatten sie mürbegemacht. Auch die Hoffnung war geschwunden. Nur ihr Hass war geblieben.
    Ihr Vater hätte sicher verlangt, dass sie auch dieses Gefühl unterdrückte. Im Geiste hörte sie seine wohlklingende Stimme. „Mein liebes Kind“, hätte er gesagt. „Du musst mit der ganzen Menschheit Frieden schließen, bevor du Frieden in Gott finden kannst.“ Jack, ihr Bruder, hatte dies sicher getan, davon war Sarah überzeugt. Er strahlte eine bewundernswerte gefasste Haltung aus bei ihrem letzten Treffen hier in dieser Zelle. Doch Sarah hatte sich mit der Tatsache abgefunden, dass sie einfach nicht die Größe ihres Vaters oder ihres Bruders hatte. Sie würde ihren Hass bis auf dem Weg zum Richtblock und darüber hinaus nicht aufgeben.
    Es war früher Nachmittag. Mittlerweile kannte sie jeden Winkel, in den die Sonnenstrahlen durch das Fenster fielen, und konnte die Tageszeit genau schätzen.
    Der Wärter war endlich weitergegangen, um ein anderes armes Opfer zu quälen. Sarah überlegte. Eigentlich hatte sie Glück. Zwar musste sie die lüsternen Blicke und Berührungen der Männer erdulden, doch irgendein gnädiger Befehl einer unbekannten Autorität bewahrte sie davor, stärker drangsaliert zu werden.
    Wenn sie noch einen Funken Hoffnung haben durfte, dann wünschte sie sich, ihr Todesurteil würde vollstreckt, bevor dieser geheimnisvolle Schutz endete.
    Sie warf einen schnellen Blick zu der Öffnung in der Tür und ging zu dem Wassergefäß. Vielleicht jetzt, bevor er zurückkam … Sie neigte sich und hob vorsichtig den Kleidersaum, um ihn ins Wasser zu tauchen. Dann presste sie den nassen Wollstoff gegen die heißen Wangen. Sarah schloss die Augen und genoss die Erfrischung.
    Ein lauter Schlag gegen die dicke Holztür ließ Sarah zusammenzucken. Hastig sprang sie zurück. Ein Schlüssel bewegte sich im Schloss. Unwillkürlich machte sie einen Schritt nach hinten und stieß gegen die raue Tischkante.
    Der Gefängnisalltag lief so gleichförmig ab wie die Gezeiten, und dies war nicht die Tageszeit für einen Kontrollbesuch des Wärters. Die Angst, die Sarah erfolgreich bekämpft hatte, seit man sie vor Wochen in Leasworth

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