Historical Exclusiv Band 44
gelöst.“
„Aus welchen Gründen?“, flüsterte Solay matt und hörte überrascht Justins Worte aus ihrem Mund.
„Gründe? Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal. Aber es ist alles Euch zu verdanken.“
„Mir?“
„Letzten Winter sagte mir der Duke, er hätte eine Petition an den Papst geschickt, und er bat mich, ihn zu heiraten. Ich zögerte. Aber als Ihr mir sagtet, was in den Sternen steht, wusste ich, Gott hat uns dafür bestimmt, zusammen zu sein.“
Solay drehte sich der Magen um. Sie drückte Agnes’ Schultern und zwang sie, ihr in die Augen zu sehen. „Das dürft Ihr nicht tun.“ Wie naiv war es von ihr gewesen, zu glauben, ihre Deutung würde keinen Schaden verursachen. „Es gab noch mehr, das ich Euch nicht sagte. Die Sterne sagten eine Katastrophe voraus.“
Agnes’ Lächeln blieb unverändert. „Ihr seid meine Freundin. Vor einer Gefahr hättet Ihr mich gewarnt.“
Ihr hättet mich gewarnt. Solays Finger wurden eiskalt, und sie konnte den Blick nicht abwenden von diesen vertrauensvollen blauen Augen. Ehe sie diesen Raum verließ, würde sie jemanden verraten.
Als Agnes ihre erschrockene Miene sah, tätschelte sie ihr das Knie. „Keine Angst, Solay. Das Schlimmste ist für uns alle fast vorbei, den König eingeschlossen.“
Solay war dankbar für diesen Themenwechsel und ließ die Hände auf den Schoß sinken. Sollte Agnes reden, das gab ihr Zeit zum Nachdenken. „Ihr meint, das Parlament wird die Privilegien des Rates nicht verlängern?“ Sie hoffte es. Dann würde es vielleicht kein Amtsenthebungsverfahren geben.
Agnes schüttelte den Kopf. „Es ist nicht nur das. Der Rat wird zerstört werden. Das hat der König mit den Richtern vereinbart.“
Ein unbehagliches Gefühl überkam Solay. So wenig Vertrauen sie auch ins Gesetz hatte, es schien seltsam, so etwas laut ausgesprochen zu hören. „Was meint Ihr?“
„Der König rief die obersten Richter zu einem Treffen zusammen, und sie gaben ihm ihren juristischen Rat. Sie sagten, das Parlament könnte niemanden ohne die Zustimmung des Königs seiner Ämter entheben.“
Solay spürte ein vertrautes Gefühl von Bitterkeit. „So haben sie nicht gedacht, als meine Mutter vor ihnen stand.“
Sie hätte es lustig finden sollen. Sie hätte es Justin erzählen und mit ihm darüber lachen sollen. Sieh nur, selbst der König sucht den Rat der Richter.
Aber Agnes lächelte nicht. „Die Richter sagen, die Mitglieder des Rates sind alle Verräter.“
„Verräter?“ Das Blut gefror ihr in den Adern. „Wie kann das sein? Das Parlament hat den Rat begründet. Er hat gegen keines der Hochverratsgesetze verstoßen.“
„Sie sagen, das Wort des Königs ist Gesetz, nicht das der Statuten.“
Plötzlich begriff sie alles, was Justin gesagt hatte. Wenn der König sich über das Gesetz stellte, dann waren weder die irdischen noch die himmlischen Gesetze mehr heilig.
„Ihr seht also“, sagte Agnes lächelnd, „der König muss nichts von dem tun, was sie sagen.“
Trotz all der Jahre, die sie bei Hofe verbracht hatte, war Agnes naiv, was die Wege der Macht betraf, solange es sie nicht persönlich anging. Es bedeutete viel mehr als das. Wenn man die Ratsmitglieder als Hochverräter verurteilte, würden sie alle gehängt werden. Ertränkt. Gevierteilt. Getötet.
Und das alles ganz legal.
Nicht Justin. Oh bitte, nicht Justin. „Wann? Wann wird das geschehen?“
„Noch bevor die Privilegien des Rates enden, wird alles bereit sein.“
„Aber das Parlament!“ Erstaunlich, an welche Strohhalme sie sich jetzt klammerte. Sie erwartete, dass das Parlament ihre Welt diesmal rettete, anstatt sie zu verdammen. „Wenn das Parlament zusammentritt, werden sie das Gesetz bestätigen.“
„Daran hat der König gedacht. Er hat den Amtsrichtern gesagt, dass jeder, der in diesem Herbst ins Parlament gewählt wurde, sich in den gegenwärtigen Streitigkeiten neutral verhalten muss.“
Solay hatte Justin gefragt: Was wirst du tun, wenn der König sich nicht geändert hat? Er hatte immer geantwortet: was Recht und Gesetz ist. Jetzt machte ihn sein Respekt vor dem Gesetz angreifbar für jene, denen es nur um Macht ging.
Solay stand auf. Justin musste fliehen. Sie musste dafür sorgen, dass er in Sicherheit war.
Agnes legte ihr eine Hand auf den Arm. „Ihr dürft das Eurem Gemahl nicht sagen.“
Gemahl. Einst hatte sie dieses Wort so leichtfertig benutzt. „Ich kann ihn nicht sterben lassen.“
„Dann liebt Ihr ihn also?“
„Ich werde
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