Historical Exclusiv Band 44
sein.“
„Danke.“ Sie drückte seinen Arm. In den Wochen, seit er das Haus verlassen hatte, hatte sie ihn kaum gesehen. Falls das möglich war, so wirkte er noch hagerer. „Du hast nicht genug gegessen.“
„Ich lebe in meiner Arbeitskammer und esse in der gemeinschaftlichen Halle. Der Koch kann sich nicht mit dir vergleichen.“
„Habe ich dich schließlich doch noch die Kunst der Schmeichelei gelehrt? So gut koche ich nicht.“
„Ich habe nichts über das Essen gesagt.“ Er lächelte. „Ich sagte nur, der Koch könnte sich nicht mit dir vergleichen.“
Sie lachte laut auf, und er lächelte noch strahlender. „Also sag mir“, meinte sie und schmiegte sich beim Gehen an ihn. „Was hat dich zu sehr beschäftigt, um zu essen?“
„Das Parlament tritt nächsten Monat zusammen. Es gibt viel vorzubereiten.“
„Mehr Vorladungen?“
„Nein. Ein Amtsenthebungsverfahren.“
Sie erstarrte.
Dann zwang sie sich dazu, sich zu entspannen, voller Angst, er könnte ihre Reaktion bemerkt haben. „So?“
„Es tut mir leid, ich wusste, das würde unangenehme Erinnerungen mit sich bringen.“
Sie zuckte die Achseln. Der Hof schien weit weg. Welche Bedeutung hatten jetzt noch die Feinheiten der Machtspiele? Sie hatte einen Gemahl, und er hatte versprochen, für ihre Familie zu sorgen. „Wer hat den Zorn von Ober- und Unterhaus auf sich gezogen?“
Er blieb stehen. Der Wind fuhr durch sein Haar und zerzauste es, während er ihr prüfend ins Gesicht sah.
Er fragt sich, ob er mir vertrauen kann. Nach all dem fragt er sich das noch immer.
Sie hob die Hand, um ihm übers Haar zu streichen. „Ist schon gut. Ich habe nur gefragt, weil ich wusste, dass es wichtig ist für dich.“
In seinem Blick lag eine Spur des alten Misstrauens. „Ich muss sicher sein, dass du es nicht dem König sagst.“
Sie umfasste seine Wange, und er schmiegte sein Gesicht in ihre Hand. Der König reiste noch immer umher und hatte sie völlig vergessen. Sie wusste, wem ihre Loyalität gehörte. Justin hielt in seinen Händen alles, was ihr etwas bedeutete. „Ich bin deine Gemahlin, nicht die des Königs.“
Er holte tief Atem und seufzte dann. „Hibernia. Es ist Hibernia.“
Sie unterdrückte einen Aufschrei und zwang sich dann zu einem Lächeln. „Hibernia“, flüsterte sie und wollte nicht mehr wissen. „Nein, ich werde es dem König nicht sagen.“
Aber wie sollte sie das Geheimnis vor Agnes bewahren?
Diese Frage verfolgte sie noch immer, als sie Agnes am nächsten Tag umarmte. Das rundliche Gesicht ihrer Freundin war schmaler geworden, aber sie schien von innen heraus zu strahlen.
„Ihr seht glücklich aus“, sagte Solay und setzte sich auf einen Stuhl vor dem Kamin.
„Das bin ich auch. Der König hat Hibernia als Richter für die nördlichen Grafschaften eingesetzt.“ Sie legte einen Arm um Solays Schultern. „Und Ihr? Wie ist die Ehe mit Lord Justin?“
Solay versuchte zu lächeln. „Ich bin zufrieden.“ Das Glück einer Mätresse schien ihr in diesem Moment verlockender als der Zustand ihrer Ehe.
„Ich weiß, dass Ihr ihn nicht liebt.“
Solay zuckte die Achseln und korrigierte sie nicht. Wenn sie den Mund öffnete, würde die Wahrheit herauskommen.
„Oh, Solay, es tut mir so leid. All das Glück, das Ihr für mich vorausgesehen habt, wird eintreten. Ich muss Euch etwas Wunderbares sagen.“ Das Feuer spiegelte sich in Agnes sanften blauen Augen wider, als würde es in ihr brennen. Sie schloss die Tür. „Aber Ihr müsst es für Euch behalten.“
Solays Herz war schon so voll von Geheimnissen. Eines mehr, und es würde brechen. „Agnes, ich bin nicht sicher …“
Agnes setzte sich und umfasste Solays Hände. „Wir werden heiraten.“ Jedes Wort wurde von einem Lächeln begleitet.
Solay schüttelte den Kopf. Sie war überzeugt, sich verhört zu haben. Justins entschiedene Worte kamen ihr in den Sinn. Einem Mann, einem allein. „Aber er ist schon verheiratet.“
„Er hat seine Frau verstoßen.“
Mit einer Hand berührte Solay Agnes’ Stirn. Gewiss hatte ein Fieber ihr die Sinne verwirrt. „Agnes, das ist nicht möglich.“
„Ist es doch! Die Anwälte des Königs haben die Papiere verfasst und sie vor Monaten an den Papst geschickt, zusammen mit einer besonderen Bitte des Königs.“
„Bei allen Heiligen“, flüsterte Solay. Der König hatte sich damit über das Gesetz Gottes gestellt. „Und Seine Heiligkeit hat zugestimmt?“
„Er hatte nichts einzuwenden. Die Ehe ist
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