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Historical Saison Band 12

Historical Saison Band 12

Titel: Historical Saison Band 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Justiss Sylvia Andrew Diane Gaston
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vor ihnen aufgebaut hatten. Wenn er ganz ehrlich war, konnte er nicht einmal behaupten, sich intensiv darum gekümmert zu haben. Andere erledigten diese Arbeit für ihn – seine Verwalter und Sekretäre. Sie schufteten, während er selbst sich mit Glücksspiel, Sport und Frauen vergnügte.
    Ein lautes Krachen ertönte, und ein dumpfer Schlag erschütterte das ganze Schiff. Eine Frau wimmerte. Tanner öffnete die Augen und sah, dass sie ein Kleinkind und ein Baby an ihre Brust drückte. Der Frachtraum war voller Frauen, die wie sie vor Angst zitterten, und voller Männer, die wie er selbst ihre Hilflosigkeit verfluchten. Gegen den Sturm gab es kein Mittel, nichts, was die See beruhigt und die Balken des Schiffs zusammengehalten hätte.
    Sein Blick fiel auf eine Frau, die nicht weinte und sich auch nicht ängstlich zusammenkauerte. Scheinbar furchtlos stand sie neben einem Bow Street Runner. Die Lederfesseln um ihre Handgelenke verrieten, dass sie eine Gefangene war. Schon vor Stunden, am Beginn seiner Reise von Dublin nach Holyhead, war sie ihm aufgefallen, weil sie trotz ihrer misslichen Lage eine solche Würde ausstrahlte. Welches Verbrechen mochte sie begangen haben, das ihre Eskortierung aus Irland rechtfertigte? Er war in zu düsterer Stimmung gewesen, um sie danach zu fragen. Jetzt wünschte er, mit ihr gesprochen oder sie wenigstens angelächelt zu haben. Sie machte einen ebenso einsamen Eindruck wie er.
    Als der Wind immer heftiger wurde, hatte der Bootsmann alle Passagiere in den Frachtraum gebracht. Er hatte ihnen gesagt, dass sie in der Nähe der walisischen Küste seien. Die Küste war felsig und tückisch, darüber hatte der Mann allerdings kein Wort verloren.
    Was ist schlimmer? überlegte Tanner. In den kalten Tiefen der Irischen See zu ertrinken oder gegen eine schroffe Felswand geschleudert zu werden?
    Beides bedeutete den Tod.
    Als der Sturm noch heftiger wurde, schaute der Bootsmann ein zweites Mal herein. „Alles wird gut“, beteuerte er. Keiner der Passagiere glaubte ihm. Tanner las es ihnen von den Augen ab. Es ging ihm ja selbst nicht anders. Er beobachtete einen Mann, der eine Miniatur aus der Tasche holte und sie betrachtete – das Porträt eines geliebten Menschen, den er nie wiedersehen würde, jemand der bald trauern würde.
    Wer würde um den Marquess of Tannerton trauern? Sein Freund Pomroy würde ab und an in Erinnerung an ihn das Glas zu einem Trinkspruch erheben. Eine oder zwei ehemalige Geliebte behielten ihn vielleicht in guter Erinnerung. Möglicherweise dachten der Duke of Clarence und sogar der Prinzregent noch eine Weile an ihn. Algernon, seinem leichtlebigen Cousin, würde es davor grauen, den Titel und die damit verbundenen Pflichten zu erben. Tanner fuhr sich über das Gesicht und bedauerte, dass er Algernon nie an die Kandare genommen und ihm gezeigt hatte, wie einfach alles war.
    Er bemerkte, dass der Bow Street Runner auf und ab ging, während die Gefangene dem Mann einen verächtlichen Blick zuwarf.
    Hatte sie jemanden, der um sie trauerte?
    Sie stand erhobenen Hauptes da, und ihre aufsehenerregenden Augen wirkten wach und aufmerksam. Der Gedanke, was das Meer ihr antun, wie es ihren Körper aufschwemmen und ihm jede Farbe nehmen würde, schien ihm unerträglich.
    Tanner sah zur Seite und versuchte, das schreckliche Bild aus seinen Gedanken zu vertreiben, aber immer wieder wurden seine Blicke zu ihr hingezogen.
    Sie war groß und schlank und hatte ebenso dunkles Haar und durchdringend blaue Augen wie die Frau, die ihn vor einem Jahr eine kurze Zeit lang fasziniert hatte. Hier endete die Ähnlichkeit allerdings auch schon. Rose O’Keefe hatte die richtige Wahl getroffen, als sie sich für seinen ehemaligen Sekretär Jameson Flynn entschieden hatte. Flynn hatte der Vauxhall-Sängerin angeboten, sie zu heiraten, was Tanner niemals getan hätte. Außerdem liebte Flynn sie.
    Im Grunde klang es fast komisch. Sie hatte dem Sekretär gegenüber dem Marquess den Vorzug gegeben. Allerdings verspürte er keine Verbitterung darüber. Rose hatte den besseren Mann gewählt.
    Er ließ den Kopf sinken. Es war ihm nicht um Roses Liebe gegangen, sondern darum, einem Rivalen ein Schnippchen zu schlagen. Am Ende waren deshalb drei Menschen gestorben. Drei Leben, die er auf dem Gewissen hatte.
    Er hatte Flynn und Rose das Dublin Theatre gekauft. Auch wenn er damit die Zerstörung, die er in Gang gesetzt hatte, nicht wiedergutmachen konnte, stellte es dem Paar wenigstens die Mittel zur

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