Historical Saison Band 18 (German Edition)
dass ich einer davon werde?“ Er unterbrach sich, um einen Fussel von seinem üppig bestickten Gehrock zu entfernen. „Ich glaube, das passt nicht zu mir.“
„Aber Mylord, selbst wenn Sie sich jemals strikt an die Kleiderregeln Brummells hielten, würden Sie zweifellos Ihren ganz eigenen Stil bewahren“, versuchte sie, ihn zu überzeugen.
„Nun, vielleicht ist die Idee gar nicht zu schlecht!“, gab er zu. „Es könnte amüsant werden, wenn ich dem jungen Dandy ernsthaft Konkurrenz mache. Ich werde darüber nachdenken. Und jetzt begeben wir uns in den Westflügel, wenn du damit einverstanden bist. Dort kannst du meine privaten Gemächer inspizieren.“ Er warf ihr einen ebenso spöttischen wie herausfordernden Blick zu. „Oder möchtest du dort lieber nicht hin?“
„Weshalb sollte ich Ihre Zimmer nicht sehen wollen, Mylord?“ Sie machte einen verlegenen Eindruck. „Sie haben mir nie Anlass gegeben, Ihnen zu misstrauen. Wenn ich ganz ehrlich bin, weiß ich niemanden, dem ich mehr vertraue.“
Plötzlich wurde er ernst. „Dann hoffe ich aufrichtig, mein Kind, dass ich dir niemals Grund dazu gebe, deine hohe Meinung von mir zu ändern.“
5. KAPITEL
W omit Lord Fincham früher oder später gerechnet hatte, geschah bereits am nächsten Tag. Brindle teilte ihm kurz nach dem Frühstück mit, dass Georgie sich nicht wohlfühle und wahrscheinlich aufgrund einer Erkältung im Bett geblieben sei. Der Viscount nickte und gab Anweisung, das Kind in Ruhe auf dem Zimmer genesen zu lassen. Außerdem solle der Page nur gestört werden, wenn ihm Essen nach oben gebracht werde. Dadurch könne man vermeiden, dass sich das übrige Personal bei ihm anstecke, fügte er listig hinzu.
Nachdem er alles in seiner Macht Stehende getan hatte, um Georgie eine größtmögliche Privatsphäre zu gewähren, zog er sich in die Bibliothek zurück, wo er sich dringenden Geschäftsangelegenheiten widmen wollte. Leider musste er alsbald feststellen, dass er in einer Stimmung war, in der er sich nicht konzentrieren konnte.
Er stand vom Schreibtisch auf, trat ans Fenster und schaute hinaus auf die weitläufige Parklandschaft, die das Haus umgab. Normalerweise genügte dieser Anblick, um ihn aufzuheitern. Das warme Herbstlicht ließ die letzten Blätter der Bäume in prachtvollen Farben leuchten. Die Wiesen waren noch feucht vom Morgentau, der in der Sonne glitzerte. Doch die Schönheit der Natur ließ den Viscount heute unberührt. Seine Gedanken kreisten einzig um das einsame Wesen, das sich in einem der kleinen schlichten Schlafzimmer des Ostflügels befand.
Es bereitete ihm keine große Genugtuung, dass sich seine Einschätzung als richtig erwiesen hatte: Georgie war nicht wegen eines törichten Fehltritts von zu Hause fortgelaufen. Sie trug nicht das Kind eines anderen Mannes unter ihrem Herzen, sondern war wirklich so unschuldig, wie er angenommen hatte. Sonderbarerweise war das nur ein geringer Trost. Stattdessen führte ihm der naturgegebene monatliche Vorgang vor allem vor Augen, dass sich ihre ungewöhnliche Situation nicht mehr lange fortsetzen ließ.
Seufzend kehrte er an seinen Schreibtisch zurück und schrieb seiner Schwägerin einen Brief, in dem er sie bat, ihn so schnell wie möglich aufzusuchen. Dann befahl er einem Diener, den Brief zum nur wenige Meilen entfernten Anwesen von Lady Eleanor Fincham zu bringen und dort auf Antwort zu warten. Die Antwort fiel jedoch anders aus als erwartet: Lady Eleanors Haushälterin teilte Seiner Lordschaft mit, dass sie ihre Herrin erst in der kommenden Woche zurückerwarte. Der Viscount wusste nicht, ob er erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Immerhin wurde ihm auf diese Weise noch ein wenig mehr Zeit mit seinem einzigartigen Pagen gewährt.
Nach ein paar Tagen verließ Georgie wieder die Abgeschiedenheit ihres Zimmers. Lord Fincham vergeudete keine kostbare Minute, um die verbleibende Zeit mit der Person zu verbringen, der es wie niemand zuvor gelungen war, seine Gedanken zu fesseln und sein Herz zu berühren. Wäre sie eine typische Vertreterin ihres Geschlechts gewesen, hätte er sogar den Besuch eines der Modegeschäfte im nahe gelegenen Städtchen angeregt. Da sie jedoch ein höchst ungewöhnliches Exemplar des schönen Geschlechts war, schlug er stattdessen vor, den nahe gelegenen Forellenbach aufzusuchen, um dort einen geruhsamen Vormittag mit Angeln zu verbringen – ein Vorschlag, den sie von Herzen begrüßte.
Rasch stellte sich heraus, dass sie nicht zum ersten
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