HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 02
aber das nicht, was dann? Denn es gab etwas, das er wollte.
Vielleicht irrte sie sich aber auch. Dieser Mann wurde von seinen Leuten geliebt, wie sie es noch von keinem Lord gehört hatte. Seit ihrer Ankunft hatten alle seinen guten Charakter gelobt, vom kleinen Mädchen, das für den Taubenschlag verantwortlich war, bis hinauf zu dem schrecklich dünnen Seneschall mit dem kahlen Schädel und dem ernsten Gesicht, dessen feierliche Miene nur bei der Erwähnung seines Lehnsherrn die Andeutung eines Lächelns zeigte.
Doch keiner liebte ihn mehr als die Frauen. Atemlos flüsternd sprachen sie von seinen grandiosen Heldentaten in der Schlacht, die man sich wieder und wieder erzählte, bis sie fast schon zu Legenden wurden. Es wurde seine Freundlichkeit gerühmt und über sein ungezwungenes Benehmen und seinen unverschämt sinnlichen Charme geseufzt. Nach allem, was man sich erzählte, besaß er eine gesunde Zuneigung für das andere Geschlecht. Olivia hatte erfahren, dass man das jeweils von ihm erwählte Mädchen beneidete. Man sagte aber auch, dass Frauen nur kurze Zeit seine Gunst genossen und viele Mädchen sich vergeblich sehnten.
„Bald ist das Wasser nur noch lauwarm, Olivia.“
Sie riss sich zusammen. „Ja, Mylord.“
Dann kniete sie neben dem Bottich nieder und musste sich daran erinnern zu atmen. Den Kopf zurückgelehnt, erwartete er mit geschlossenen Augen ihre Berührung. Mit zitternden Händen nahm sie das Stück Seife und tauchte das Waschtuch ins Wasser. „Beugt Euch vor, Herr.“
„Hm?“
„Wenn Ihr Euch nicht vorbeugt, komme ich nicht an Euren Rücken heran.“
Er stützte den Ellbogen auf den Rand des Bottichs, wobei er ihren Schoß voll Wasser spritzte. „Fang hiermit an.“
Olivia schluckte. Sie schäumte den Lappen ein und begann zu schrubben.
„Guter Gott, Mädchen, lass mir noch etwas Haut, ja?“
„Es tut mir leid, Mylord.“ Ihre Stimme klang angemessen zerknirscht, doch sie hatte das lächerliche Bedürfnis zu kichern.
Sie versuchte es noch einmal, dieses Mal langsamer. Ihre Hände glitten über seinen festen Unterarm, von dem starken Handgelenk bis hinauf zum Ellbogen. Dann um seinen Ellbogen herum und hinauf zur festen, sehnigen Schulter, der sie ebenso ihre Aufmerksamkeit widmete, bevor ihre Reise sie wieder abwärts führte zu seiner breiten Hand. Sie drehte sie um und massierte mit dem Daumen die schwielige Innenfläche.
Will stieß einen leisen Laut aus, halb Stöhnen, halb Seufzen, und entspannte sich noch mehr. Ermutigt ließ Olivia ihre seifige Hand in kleinen Kreisen arbeiten. Sie mochte es, wie sich sein Fleisch unter ihren Händen anfühlte. Sie ging um den Bottich herum und erwies seinem rechten Arm den gleichen Dienst. Als sie Lord Will dabei ins Gesicht blickte, setzte ihr Herz ein, zwei Schläge aus. Mit den leicht geöffneten Lippen, den von der Wärme des Wassers geröteten Wangen und dem schulterlangen Haar, bei dem sich kleine Strähnen durch die Feuchtigkeit kringelten, ähnelte er einem Engel, fand sie. Doch dann verbesserte sie sich. Auch Luzifer soll golden und schön gewesen sein, doch sein prächtiges Äußeres war nur die Verkleidung des absolut Bösen. Das Aussehen konnte also sehr täuschen.
Aber nach allem, was man so hörte, war Lord Wills Persönlichkeit genauso angenehm wie sein Anblick. Und sie selbst, das durfte sie ruhig zugeben, genoss ihr kleines Abenteuer viel zu sehr.
Sie trat jetzt hinter ihn. Als sie ihm einen leichten Stups gab, setzte er sich auf, damit sie seinen Rücken besser erreichte. Will kreuzte die Arme über die Knie und stützte das Kinn darauf, während Olivia sich seinen Rückenmuskeln widmete und sie mit geschickten Händen massierte und lockerte.
„Ich bin fertig, Mylord.“ Sie wischte sich die Hände am Handtuch ab.
„Ich fühle mich ganz schlaff, Frau“, murmelte er mit träger Stimme.
Natürlich konnte sie ihm nicht sagen, dass das Vergnügen, das sie bei der Erkundung seines Körpers empfand, sie ermutigt hatte. Wenn sie den Mut dazu besäße, könnte sie ein wenig warten und dann die ganze Prozedur von vorne beginnen. Doch sie wagte es nicht; zudem wollte sie Stephen heute Nacht noch sehen.
„Bin ich fertig? Habt Ihr noch Wünsche?“, fragte sie.
Wenn sie sich der Zweideutigkeit ihrer Worte nicht bewusst war, Will war es. Das drückte sein Blick klar aus. Noch war er dagegen immun, wie es schien. Er grinste sie an und meinte: „Wenn du es möchtest?“
Olivia nahm das als Erlaubnis zu gehen und
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